Ich schloss meine Augen und versuchte für einen Moment die Realität auszublenden und ihr zu entfliehen, allerdings holte mich die Wirklichkeit viel zu schnell wieder ein. Der Wind der meine dreckigen, verfilzten, braunen Haare in die Lüfte trug und sie wild hin und her wehte. Die raschelnden Blätter die in meinem blasen Gesicht kitzelten und der Ast unter meinen Füßen der mir halt gab.
Ich bin alleine. Ohne Familie. Ohne Freunde. Ohne einem Dach über dem Kopf. Schon oft spielte ich mit dem Gedanken einfach wieder zurück zu gehen. Doch es gab immer eine Sache die mich daran hinderte. Die Angst. Sie schien mir wie ein ständiger Begleiter. Wie mein Schatten. Kraftlos lies ich meinen Kopf hängen und versuchte mich auf meine Umgebung zu konzentrieren mich abzulenken und das Beste aus dem Moment zu machen bevor ich anfange ihn zu bereuen.
Wieder schloss ich meine Augen und senkte den Kopf. Unter mir konnte ich den Boden rascheln hören. Ein Reh oder ähnliches. Langsam löste ich meine Hände von dem Ast über mir und ging vorsichtig in die Knie. Die Augen geöffnet, die Waffe Schuss bereit, das Ziel anvisiert, der Finger am Abzug... doch es kam nichts. Die Pistole war leer ich hatte keine Munition und kein essen. Ich hatte nichts.
Dennoch wurde, deutlich hörbar, Luft aus der Waffe gepresst, sodass das Reh davon lief.
Kraftlos lasse ich meinen Kopf sinken, bevor ich ihn, kaum drei Sekunden später, wieder erhebe und anfange zu schreien. Keine Wörter oder ähnliches nein einfach nur aus Frust und Wut und Nach und nach begannen tränen zu fliesen. Keine Ahnung wie lang ich schrie oder weinte aber ich konnte nicht mehr! Völlig Entkräftet lies ich mich an einem Stein runter gleiten. Ich zog meine Beine dicht an meinen Körper und schlang meine Arme um sie.
Die Augen geschlossen, der Atem stockend, die Tränen versiegt dachte ich an früher. An meine Eltern, meinen Bruder und wie wir gemeinsam versuchten zu überleben. Wir kamen aus der untersten Kaste und hatten nichts. Wir lebten nur von Tag zu Tag im ungewissen ob wir Morgen noch einander haben würden.
Allerdings wurde ich unsanft aus meinen Gedanken gerissen, als ich hinter mir ein rascheln vernahm. Vorsichtig schaute ich mich nach einem Ast oder ähnlichem um, währenddessen hörte ich die Schritte immer weiter näher kommen. Mein Herzschlag wurde immer schneller und mein Atem immer Hektischer. Schräg vor mir konnte ich einen langen, stabil aussehenden Ast entdecken. Er lag kaum einen Schritt von mir entfernt. Meine rechte Hand schnellte nach vorne und griff ihn. Den Stock fest umklammert und an meinen Oberkörper gepresst stand ich auf und schaute mich um. Drei Meter von mir entfernt standen zwei Männer die mich verwundert ansahen.
Sie hatten weite schwarze Hosen an, die mit einem Gürtel befestigt war, nicht um die Hose am Rutschen zu hindern sondern um eine Waffe, ein Messer und eine Trinkflasche immer Griffbereit haben zu können. Man konnte deutlich sehen wie sich unter dem schwarzen T-Shirt straffe Muskeln abzeichneten. Der linke hatte Haselnussbraune etwas längere verstrubbelte Haare und Rehbraune Augen. Der rechte hatte kurze blonde Haare und Grasgrüne Augen. Noch bevor die beiden reagieren konnten drehte ich mich um und rannte so schnell weg wie ich konnte. Sie sahen zwar nicht aus wie Ordnungshüter aber normale Bürger konnten es auch nicht sein, wenn sie Waffen an ihrem Gürtel trugen.
Die ersten Sekunden meiner Flucht konnte ich kein rascheln oder ein anderes Anzeichen vernehmen das mir jemand folgte. Doch dann tauchten hinter mir schnelle, schwere Schritte auf die mich dazu veranlassten noch schneller zu laufen.
Wie ein Hase, der von einem Fuchs verfolgt wurde bahnte ich mir einen Weg durch das Dichte Unterholz des Waldes. Bemüht nicht gegen einen Baum zu rennen oder über eine Wurzel zu stolpern. Für einen Moment blickte ich nach hinten um zu sehen wie weit meine Verfolger noch von mir entfernt waren. Zu meinem Bedauern stellte ich fest, dass es kaum mehr fünf Meter waren die uns noch trennten. Ich richtete mein Kopf wieder gerade aus, doch es war bereits zu spät. Mit voller Energie war ich gegen eine große Buche gerannt.
Jetzt konnte ich nicht mehr weg laufen, jetzt musste ich mich ihnen Stellen. Mit pochenden Kopfschmerzen drehte ich mich zu ihnen um. Schon vom Körperbau war ich ihnen mächtig unterlegen, sie waren mindesten zwei Köpfe größer, als ich und sahen auch noch besser ernährt aus wie ich.
Ich stellte mich also Schulterbreit hin und hob die Hände schützend vor meinen Körper. Meine Angst versuchte ich so gut wie möglich zu verstecken. Ich sah sie mit meinem entschlossensten und kältesten Blick an. Das erwiderten beide mit einem bedrohlichen Blick. Wer waren diese Leute? Ich hatte sie hier noch nie gesehen und ich bin schon fast ein Jahr hier. „Wie heißt du? Wer bist du?", fragte der eine. Ich hatte meinen Namen schon lange nicht mehr ausgesprochen. An ihm hingen zu viele alte Erinnerungen. Vielleicht sollte ich mir einen Neuen Namen geben, schließlich wäre jetzt der beste Zeitpunkt dafür, oder? „Aylin.", erwiderte ich leise.
Die beiden Männer schauten sich gegenseitig an und nickten sich zu. Was hatten sie vor? Für wen Arbeiteten sie? Hoffentlich nicht für Ihn.
Die beiden Männer kamen mit langsamen Schritten auf mich zu, vorsichtig machte ich immer einen Schritt zurück. Bis ich eine Wurzel an meiner Ferse spürte, ich blieb daran hängen und fiel rückwärts auf den Boden. Ich merkte noch wie mein Kopf auf einem kalten harten Stein aufschlug. Vorsichtig fasste ich mir mit meiner flachen Hand an den Hinterkopf, ich spürte eine warme klebrige Flüssigkeit in meinen Haaren. Als ich meine Finger wieder sehen konnte, verstand ich, dass es Blut war, langsam wurde die Welt um mich, immer dunkler und kälter.
Bis sie Schließlich ganz schwarz war.
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Blutige Tränen
Science FictionWie wird die Zukunft sein? Wie viel Einfluss hat die IS wirklich? Was wäre, wenn sie ihr Ziel erreichen würden und die ganze Welt nach ihren Ansichten gestalten? Wer würde aufstehen und sich wehren und wer nicht? All das, sind Fragen die wir uns in...