Es war Freitagabend.
Der Sommer war gerade gekommen und die Ferien sollten morgen beginnen.
Doch wie jedes Jahr wusste ich auch diesmal nichts mit mir anzufangen. Obwohl ich mir immer wieder vornehme.. Leya.. Dieses Jahr versuchst du so viel wie möglich zu unternehmen.
Das größte Problem dabei war, dass meine Eltern nicht oft mit mir in den Urlaub fuhren. Und wenn, dann nie weit weg und nicht allzu lange Zeit. Und dieses Jahr war überhaupt nicht daran zu denken.
Ich hatte Stress.
Ich war in letzter Zeit auf etwas zu vielen Partys gewesen und hatte vielleicht etwas sehr wenig für die Schule getan. Ich schaffte das Schuljahr nur sehr knapp. Außerdem war die Musik vielleicht im Moment auf meiner Standardlautstärke, nämlich 90% von dem, was meine Anlage hergab ständig auf Hochtouren und die Tür hätte auch etwas weniger des abrupten zuschlagens vertragen können.
Möglicherweise wäre die Klinke dann noch heile geblieben. Ich fand, dass das einen individuellen Touch hatte, doch meine Eltern verstanden meinen Sinn für stilvolle Einrichtung und vor allem Dekoration nicht.
Meine Fensterbänke und Schränke waren nicht mit Blumen, sondern mit allerhand CDs, leeren Zigarettenschachteln, Bierdosen und ähnlichem bestückt. In meinem Regal befanden sich keine Bücher, sondern Schallplatten, Videospiele, CDs, DVDs und Dosen von Bier und Energydrinks.Ein wirklich ordentliches Mädchen war ich noch nie gewesen. Doch im Moment schien es meine Eltern besonders zu stören. Mein Vater beteuerte, dass ich den Bogen überspannt hatte und meine Mutter argumentierte mit den Worten, dass ich nochmal nach etwas fragen sollte, wenn ich aus dieser ,,Phase'' raus bin. Unter den Umständen würden sie nicht mit mir in den Urlaub fahren. Verbieten rauszugehen konnten sie mir nicht. Ich war letzte Woche siebzehn geworden und kannte verschiedene Möglichkeiten aus dem Haus zu kommen. Ob bemerkt oder unbemerkt...
Also lag ich in der Nacht des letzten Schul- und ersten Ferientages und konnte nicht einschlafen. Vielleicht lag es an dem Energydrink, den ich nicht verwehren konnte. Jedenfalls grübelte ich über dies und jenes nach, während ich missmutig Löcher in die Luft starrte. Wenn das so weiterginge, würde ich die ganzen Ferien nur dies tun.
Um zehn nach eins klingelte auf einmal mein Handy. Ich seufzte und verrenkte meinen Arm, als ich hinter mich griff und stöhnte:,, Ohh, wer will 'n jetzt was von mir?''
Ich klaubte das verkratzte Smartphone vom Nachttisch und zog es vom Aufladegerät. Der Akku war voll. Ich entsperrte es und warf einen Blick in die Messenger-app, die ich geöffnet hatte... Alex... Na super... Wenn der mal wieder besoffen war, könnte das ein lustiges Gespräch werden.Doch er schrieb nur eins: ,,Hey Babe... Pack deine Sachen! Wir fahren weg...''
Ich zog die Augenbrauen hoch und starrte die Nachricht von Alex an. Alex war für seine verrückten Ideen bekannt. Mit ihm wurde es nie langweilig. Mit ihm konnte man viel Unsinn veranstalten und sehr viel Spaß haben. Wie z.b Nachts im See schwimmen und ein Lagerfeuer unterm Sternenhimmel veranstalten, uns betrinken und alte Lieder grölen, We can smoke 'til the sun goes down. Wir haben schon so viel erlebt. Alex ist sehr draufgängerisch und ein Rebell.
Seit fünf Monaten sind wir zusammen. Er war neu auf meine Schule gekommen und ich stand ziemlich auf seine Art. Sein verschmitztes Lächeln ließ mich dahinschmilzen und er sah so gut aus wie kein zweiter. Andere hatten ständig an ihm zu meckern, doch ich hielt immer zu ihm. Wir waren ein Dreamteam. Zu mir war er zärtlich und immer nett. Wir stritten fast nie und hatten immer unseren Spaß (In jeder Hinsicht ;) ) Und es schien als ob ich die einzige wäre, die ihm so etwas geben konnte. Darauf war ich stolz. Auch wenn meine Eltern nie verstanden, warum ich meine Zeit mit einem achtzehnjährigen Volltrottel und rebellischem Draufgänger verschwendete.In Gedanken versunken, merkte ich, dass eine zweite Nachricht eingetingelt kam:,, hny? Ich steh vor der Tür... Ich kann auch ohne dich fahren...'' Ich grinste und öffnete die Jalousien ein Stück. Unten stand ein bunt bemalter und mit Stickern beklebter, ehemals schwarzer VW- Van, der mit seinen Scheinwerfern die dunklen Straßen beleuchtete. Und daneben stand eine Silhouette, die mit einem viereckigen Gegenstand in der Hand winkte.
Ich schob das Fenster hoch und rief ihm zu: ,,Pass auf dein Handy auf!''
Er rief mir mit seiner herrlichen Stimme zu:,, Nur wenn du mich hochlässt!''
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich schob das Fenster ganz auf und ehe ich mich versah, war Alex schon über den Kirschbaum, der jetzt mit rosa Blüten bedeckt war, in mein Zimmer geklettert.