Kapitel 1

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Laut rappelten die Räder des Kankenhausbettes auf den Fliesen. Mein Blick war an die stetig weiße Decke gerichtet. Die Eintönigkeit wurde nur von den einzelnen Leuchtstoffröhren unterbrochen.

Jedesmal wenn eine dieser Leuchtstoffröhren in mein Blickfeld kam musste ich blinzeln. Das grelle Licht blendete extrem. Doch ich war viel zu Schwach um meinen Blick abzuwenden.

Ein stechen in der linken Armbeuge erinnerte mich warum ich so schwach war.
Die Nadel steckte tief in meiner Haut und verabreichte mir den letzten Rest des Betäubungsmittels.

Je länger ich durch den Flur geschoben wurde, um so weniger bekam ich mit.
Der Schmerz hatte sich in ein betäubendes drücken verwandelt und das grelle Neonlicht schien dauerhaft die gleiche Lichtstärke zu haben. Müde und fast erblindet von diesen schrecklichen Licht schloss ich die Augen ein bisschen.

Wie in Zeitlupe merkte ich irgendwann, das wir anhielten. Benommen blinzelte ich und erkannte ein Schild mit der Aufschrift OP.
Meine Augen weigerten sich allerdings weiter offen zu bleiben und so fielen sie mir sofort wieder zu.
An meinen rechten Ohr vernahm ich ein komisches Gemurmel. Insgeheim hoffte ich, das die Person lauter sprechen könnte, damit ich sie verstand, doch mein Körper weigerte sich strickt. Anstatt sie besser zu hören wurde das Gemurmel immer leiser, bis sich absolute Stille über mich ergossen.
Mein Kopf war wie leer gefegt und ich spürte nichts mehr. Mein Geist suchte nach meinen Körper, der irgendwo dort sein möchte, doch er konnte nichts finden. Bis ich schließlich jegliche Funktion des Denkens verlor und in einer endlosen schwarzen Leere entwich.

Es mussten Stunden vergangen sein, doch für mich kam es nur wie ein paar Minuten der leere vor. Langsam kehrte alles zurück und ich spürte meinen Geist. Viel besser, ich spürte meinen Körper, das viel zu weiche Bett unter mir und die warme Decke.
Leider kamen auch die Schmerzen zurück.
Die in meine Armbeuge hatte ich längst vergessen. Es ging eher um die Schmerzen in meiner Brust.

Vor dieser Operation litt ich an dilatativer Kardiomyopathie. Heißt mein Herz war zu schwach und der linke Herzmuskel hatte sich enorm vergrößert. Dementsprechend hatte ich ständig Atemnot und Kreislaufproblemen.
Trotz starker Therapie war es nicht mehr möglich die Krankheit einzudämmen. Somit wurde ich auf die Warteliste für ein Spenderherz gesetzt. Und endlich, nach langer quälender Wartezeit, bekam ich ein Herz.
Mein neues Leben würde beginnen.

"Hallo Kanade, wie gehst dir?", fragte eine freundliche Stimme. Noch etwas verschlafen öffnete ich meine Augen.
Eine Frau in weißer Dienstkleidung stand vor meinen Bett und lächelte mich an. Das helle Licht der wohl bekannten Leuchtstoffröhren blendete und ich musste blinzeln bevor ich die Krankenschwester vor mir erkannte.
Es war Schwester Yume die mir mit ihren warmen Augen und dem rundlichen Gesicht zulächelte.
Sie war schon oft für mich zuständig gewesen, bei meinen ständigen besuchen hier im Krankenhaus und kannte mich somit relativ gut.
Deshalb hatte ich ihr auch erlaubt mich Kanade zu nennen. Normalerweise hätte man mich, aus Grund der Höflichkeit, mit meinen Nachnamen, Tachibana, ansprechen müssen, doch bei ihr war das schon in Ordnung.

"Gut, denke ich.", nuschelte ich zurück.

"Hast du immer noch Atemnot?", fragte sie besorgt und strich sich einer der Schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht, welche sich aus dem Dutt gelöst hatten.

"Es ist immer noch sehr anstrengend, aber besser als vorher.", antworte ich mit müder Stimme.

"Das freut mich. Dann lass ich mal deine Eltern zu dir.", mit einem freudigen Lächeln verlies Schwester Yume den, mittlerweile bunten Raum.

Anfangs war alles trist und eintönig gewesen. Ich hatte damals ein Einzelzimmer mit eigenem Badezimmer und einem kleinen Kleiderschrank bekommen.
Mir fehlte die Persönlichkeit in der langen Zeit, in der ich hier sein musste, weshalb ich viele Bilder an den Kleiderschrank links von mir gegangen hatte. Die Wände durfte ich ja nicht benutzen, wegen der Vorschriften des Krankenhauses.
Egal Hauptsache ich hatte das Gefühl nicht jeden Moment durch einen anderen Patienten ersetz werden zu können. Meine Angst würde sich aber ab heute lindern, denn mit dem neuen Herzen musste ich nicht jeden Tag fürchten, dass dies könnte mein letzter sein könnte.  Ich würde eine neue Chance bekommen und dieses Zimmer verlassen können.

Angel Beats - Wie alles begannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt