Unsere Zweite Chance

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Es war ein sonniger, warmer Tag, als das Mädchen ihre Mutter rief, um spazieren zu gehen-naja, eher spazieren FAHREN.
Denn das Mädchen war gelähmt; lediglich ihren Kopf konnte sie bewegen. Täglich träumte sie davon, was sie alles tun würde, hinderte ihr Körper sie nicht daran...doch Träume bliebem Träume, an ihre Verwirklichung hatte sie niemals gegalubt.
Sie hatte ihre noch so junge Hoffnung auf die Zukunft aufgeben müssen, als ihr klar wurde, dass sie das wahre Leben nur von ihrem Fernseher, der vor ihrem Bett stand, mitbekommen würde.
"Trotzdem ist es mir erlaubt zu träumen," murmelte sie, während ihre Mutter sie für den Spaziergang umzog, "auch wenn es nie wahr werden wird..."
"Was ist, Schatz?" Fragte ihre Mutter liebevoll, die das Leid ihrer Tochter in Fleisch und Blut spürte.
Doch das Mädchen wäre eher gestorben, als das sie ihre Verzweiflung zeigte. "Nichts Mama," antwortete sie mit einem fröhlichen Grinsen,  "ich freue mich nur, dass ich endlich wieder an die Luft kann!"
Aufgrund ihrer instabilen Gesundheit, hatte sie lange nicht rausgedurft, da das Wetter zu schlecht gewesen war und sie hätte leicht krank werden können. Heute aber war der Tag gekommen: stolz saß sie in ihrem schönstem weißem Kleid auf dem Rollstuhl, während ihre Mutter sie durch den Park schob und guckte sich erhoben Hauptes um, als wollte sie alles in sich aufnehmen.
Schon von weitem sah sie den Sportplatz mit den verschiedenen Spielfeldern, die wie immer an so einem Tag, voll mit jungen Leuten waren,  die entweder Fussball,  Basketball oder sonst was spielten. Aber das Mädchen wusste genau, zu welchem Feld sie wollte; "Mama, bringst du mich bitte zum Baseball Feld?" Fragte sie wie jedes Mal und ihre Mutter willigte lächelnd ein.
Das Baseball Feld war das letzte und kleinste des Sportplatzes, im Grunde war es weder schön, noch in irgendeiner Weise interessant, weswegen die Mutter nie verstand, warum sie ausgerechnet dahin wollte. Oft hatte sie gefragt, doch die Antworten ihrer Tochter waren konfus, ergaben keinen Sinn oder widersprachen sich manchmal sogar. Manchmal sagte sie, Baseball wäre ihre Lieblings Sportart,  andere Male behauptete sie, dort wären Freunde von ihr...doch nie hatte das Mädchen sich zuhause mit Baseball befasst und nie hatte sie mit jemandem auf dem Feld gesprochen...
Aber was sollte es? Was wäre sie für eine Mutter, wenn sie ihrer Tochter nicht einen solch einfachen Wunsch erfüllen konnte?
Am Feld angekommen, musterte sie alle Jungs einzelnd, die in ihr Spiel vertieft waren, als suchte sie jemanden; und lächelte schließlich zufrieden, als hätte sie denjenigen gefunden.
Gespannt folgte sie dem Spiel, und merkte nicht, dass sie immer einen Stück näher ans Feld rückte; sie fühlte sich so integriert ins Geschehen, dass sie total verwirrt war, als der Ball plötzlich ihr Knie traf und vor ihr auf den Boden landete. Perplex starrte sie den Ball an, der zum Stillstand gekommen war. Natürlich hatte es nicht weh getan, sie spürte ja nichts, aber es war, als kribbelte die Stelle, wo der Ball sie getroffen hatte. Auch der schnellere Herzschlag,  als einer der Jungen sich näherte um den Ball zu holen, entging ihr nicht.
Der Junge bückte sich, hob den Ball auf und blieb vor ihr stehen und schaute sie an, wobei sie wegen der Sonne weder sein Gesicht, noch seinen Gesichtsausdruck erkennen konnte. Sie erwartete, dass er sich entschuldigte, doch nichts geschah.
Es war, als wäre die Zeit stehen geblieben und es gäbe nur sie beide, die den anderen musterten.
Plötzlich wurde ihr das Gestarre peinlich und sie wandte sich ab
"Eh....," fing sie an, doch er unterbrach sie.
"Yu.......," seine Stimme war kaum hörbar,  zwischen den Rufen seiner Freunde.
"Wie bitte?" Fragte sie verwirrt.
"Yu......," fing er wieder an, diesmal lauter, als einer seiner Freunde laut seinen Namen schrie:
"HINATA!"
Ihr Herz machte bei dem Namen ein Satz, doch sie verstand nicht wieso und sie musste unwillkürlich wieder den Jungen anschauen...badumm! Noch ein Satz, ihr Herz blieb fast stehen; die Sonne wurde gerade von einer Wolke bedekt, sodass sie klar und deutlich sein Gesicht erkennen konnte: blaue Haare, meerblaue Augen, der ständig spöttische und doch freundlicher Ausdruck...badumm!
"Hi....nata....?" Ihre Stimme hörte sich zittrig und fremd an, als sie den Namen aussprach,  der ihr so viel bedeutete.  Ihr wurde schwindelig, bei all den Erinnerungen die hochkamen.
"Yu......i," auch er klang unsicher. Doch in seiner Stimme klang Erleichterung und Freude, als er ihren Namen immer wieder wiederholte. "Yui Yui Yui...," er sank vor ihr auf die Knie, legte den Kopf auf ihr Schoss und sie hörte...nein, sie spürte ihn schluchzen. Sie spürte plötzlich sein Gewicht auf ihren Beinen, sein bebender Körper, seine Tränen, die auf ihre nackten Oberschenkeln kullerten...
Und dann...dann streckte sie ihre Hand nach ihm aus und strich ihm über den Kopf. Ihre Bewegung war unsicher und langsam, aber sie bewegte sich.
"Yui...?" Hinata hob verwirrt den Kopf und starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an als sie sagte:
"Heirate mich, Hinata."

Noch bevor sie lächeln konnte, lagen seine Lippen auf ihren.

Unsere Zweite Chance | Angel Beats FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt