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Hermine lag halb auf seinem Schoß, halb auf dem harten Boden. Es war noch nicht lange her seit sie von dem mysteriösen Entführer in den kleinen Raum geschleift wurde. Er hatte ihre Schreie gehört. Ihre grauenvollen Schreie, durchtränkt von Angst und Schmerz. Halbtot war sie. Nur einmal hatte er sie so gesehen, und das war vor vielen Jahren gewesen. 

Weinend kauert sie auf dem Boden, seine Tante, Bellatrix Lestrange, ist über ihr und hält einen ihrer Arme unter ihrem Bein fest. Der andere ist ausgesteckt und blutüberströmt. ,,Ich frage dich zum letzten Mal, Schlammblut: Woher habt ihr das Schwert?", brüllt sie das Mädchen an und beugt sich vor, bis sie ganz nah an ihrem Gesicht ist. ,,Ich habe es ihnen doch schon gesagt", verteidigt sich Hermine, ihre Stimme ist weinerlich, schwach und brüchig. Gebrochen, ,,wir haben es gefunden, wirklich." Die schwarzhaarige Frau ist außer sich vor Wut: ,,Lügnerin! Ihr habt es nicht gefunden, es war in meinem Verließ!" Sie erhebt den Dolch, den sie in ihrer Hand hält, und senkt ihn zum Arm des Mädchens. Sie hat nicht mehr die Kraft zum Schreien und tut es trotzdem, als sie ihr den letzen Buchstaben des furchtbaren Wortes einritzt: Schlammblut prangt nun auf ihrem Arm und wird sie für immer begleiten. Tränen fließen ihr über die Wangen und sie zuckt vor Schmerz, doch die Frau über ihr hält sie kaltherzig fest und ergötzt sich an ihren Qualen. ,,Bitte", stammelt sie mühsam, ,,es war nicht in ihrem Verließ, wir hätten niemals in Gringotts eindringen können!" Als die Frau den Zauberstab erhebt redet sie schnell weiter, während sie noch immer weint und nach Luft schnappt: ,,Bitte, es ist die Wahrheit!" Bellatrix verpasst ihr eine Ohrfeige, sodass ihr Kopf zur Seite fliegt und auf dem kalten Marmorboden aufschlägt. ,,Die Wahrheit", flüstert sie und kommt ihrem Ohr so nahe, dass sie ihren kalten Atem spüren kann, ,,kennst du nicht. Und du wirst sie niemals kennen, wertloses Schlammblut! Crucio!" Hermine zuckt und schreit, als sie erneut gefoltert wird und ihr Körper in Flammen zu stehen scheint. Sie hat keine Kontrolle mehr über ihren Körper, sie ist rücksichtslos ausgeliefert. Der Tod ist nicht mehr fern, das spürt sie. Obwohl sich ihr Geist gegen ihn sträubt und es nicht wahrhaben will, dass ihre Zeit nun gekommen ist, erwartet sie ihn sehnsüchtig. Er wird sie in seine Arme nehmen und sie geschützt in den Frieden leiten, fern von allem Kummer, allem Schmerz, dem Krieg. Dann verlässt sie alle Kraft, ihre Augen fallen zu und sie hat nicht mehr die Kraft zu schreien. Sie kann und will nicht mehr, sie ist am Ende. Sie übergibt sich den Schmerzen, den Qualen der Folter und hofft auf den baldigen Tod, der sie endlich von allem erlösen wird. 

Die Erinnerung an das gequälte Mädchen hatte sich ihm eingebrannt, er würde sie nie mehr loswerden. Sie hatte ihn in seinen Alpträumen verfolgt und er hatte versucht ihr zu entfliehen, in dem er nicht mehr schlief. Doch nun, da Hermine erneut gefoltert wurde, kam sie wieder in ihm hoch und drohte, ihn zu ersticken. Er schluckte schwer. Er hatte es nicht mit ansehen können, als sie gefoltert wurde und doch hatte er es tun müssen. Er bereute alles. Alles. Dass er dem dunklen Lord die Treue geschworen und auf der dunklen Seite, seiner Seite, gekämpft hatte. Er hatte sich für seine Familie geschämt und war sogar erleichtert gewesen, als seine Eltern vor ein paar Jahren gestorben waren. 

Er will gerade die Tür zum Schlafzimmer öffnen, als ein Schrei ertönt. Er kommt von unten, aus der Eingangshalle. Draco dreht sich um und steigt die Treppe hinab. Er hat es befürchtet, es vorausgesehen und doch hat er nichts gesagt. Oft hat er sich die Frage gestellt, ob er ein Feigling sei. Und immer wurde sie mit Ja beantwortet. Er bekommt eine Gänsehaut und zückt seinen Zauberstab, steigt mit ihm vorsichtig weiter die Treppenstufen hinab. Dann ist er angekommen. Da es tiefste Nacht ist erkennt er nicht sofort etwas, doch seine Augen gewöhnen sich bald an die Dunkelheit. Seine Mutter steht in einer Ecke und klammert sich an der Sessellehne fest, den Zauberstab hält sie in einer Hand und ihre Augen sind vor Schreck weit aufgerissen. Draco dreht den Kopf und erkennt seinen Vater, der ein paar Meter von seiner Mutter entfernt steht, den Zauberstab erhoben. Drei Gestalten befinden sich vor dem blonden Mann, sie tragen Todessermasken. ,,Ah, Bellatrix, Rodolphus, warum haben wir die Ehre für diesen nächtlichen Besuch?", erhebt Lucius das Wort. ,,Ehre?", erwidert seine Tante und tritt auf seinen Vater zu, ,,Ehre habt ihr gewiss nicht", flüstert sie ihm ins Ohr, doch wegen der Stille sind ihre Worte deutlich hörbar. ,,Bella", ergreift Narzissa das Wort und tritt vor, ihre Schritte hallen an den hohen Wänden nach, ,,du konntest aus Askaban entkommen." Die schwarzhaarige Frau dreht sich zu ihrer blonden Schwester um und nimmt geschickt ihre Maske ab: ,,Offensichtlich. Es war nicht leicht, doch es ist uns nach langer Zeit endlich gelungen."

Tortured [Abgebrochen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt