PoV Stegi:Mein Handy klingelte.
Schon wieder.
Tim hatte mir eine Nachricht geschrieben.
Schon wieder.
Aber wer auch sonst?
Er war der einzige dem ich es erzählt habe.
Es waren nur diese paar Sätze gewesen.
„Es tut mir leid Tim, es war eine schöne Zeit, in der ich mit dir befreundet sein durfte, aber ich kann das nicht mehr. Bitte, tu' mir einen letzten Gefallen und vergiss mich nie <3"
Ich saß draußen, auf dem Dach des Mehrfamilienhauses in dem meine Wohnung liegt.
Lange habe ich darüber nachgedacht, doch ich war immer nur zu diesem einen Entschluss gekommen: Ich kann das einfach nicht mehr länger.Ich kannte Tim nun schon seit Jahren und mindestens genau so lange war ich schon in ihn verliebt.
Obwohl ich ihn nie gesehen habe.
Ich wusste das es Leute gab die wissen wie Tim aussieht, und das machte mich jedes mal aufs neue Eifersüchtig.
Doch das würde niemand verstehen.
Und Tim war sowieso immer der Meinung das das Aussehen nicht zählen würde, das es immer auf den Charakter ankommt.
Er hatte Recht gehabt, denn ich hatte es immerhin geschafft mich in ihn zu verlieben.
Doch nun machte es mich kaputt.
Mehr kaputt als ich sowieso schon war.
Dank meiner tollen Familie.
Meine Mutter hatte sich als ich 14 war von meinem Vater getrennt weil sie einen Neuen hatte, ich bin damals bei meinem Vater geblieben, da ich glaubte das er mich mehr brauchen würde als meine Mutter.
Mein Vater hatte dann jedoch angefangen mit trinken, und ein halbes Jahr später auch mich zu schlagen, wenn ich ihn genervt hatte.
Irgendwann ist es noch schlimmer geworden und er hatte angefangen einfach so auf mich ein zuprügeln, wenn er Lust dazu hatte.
Als ich dann 16 wurde, hatte er sogar angefangen mich zu vergewaltigen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch angefangen mich zu ritzen.
Niemand wusste wie schlecht es mir damals ging, und ich wollte auch nicht das es jemand wusste.
An meinem 18. Geburtstag zog ich schließlich aus und fing ein neues Leben in einer anderen Stadt an.
Ich fing mit YouTube an, hörte auf mich zu ritzen, fand neue Freunde.
Doch dann lernte ich Tim kennen.
Er hatte mich damals im TS verteidigt weil irgendwelche Spackos angefangen hatten mich einfach so zu haten.
Danach hatten wir uns noch eine Weile unterhalten und schließlich auch ein Video zusammen aufgenommen.
Seitdem schrieben wir täglich miteinander und machten immer mehr Videos zusammen.
Von meiner Vergangenheit hatte ich ihm nie erzählt, denn ich wollte es hinter mir lassen.
Dann verliebte ich mich in Tim, bekam Albträume und fing irgendwann wieder an mich zu ritzen.
Reden konnte ich mit niemandem.
Meine Kumpels aus der Uni würden mich hassen.
Meine anderen Freunde die ich durch YouTube kennengelernt hatte, kannten alle Tim und würden es ihm sicherlich sagen.
Zu meinen Eltern hatte ich keinen Kontakt mehr.
Und Tim? Er war nicht schwul, er hatte immerhin eine Freundin.
Ich wäre so gerne weiter mit ihm befreundet geblieben, doch ich konnte nicht mehr.
Ich schlief kaum mehr als 3 Stunden, Schlaftabletten halfen auch nichts, in der Uni hatte ich zur Zeit nur Stress, ich aß kaum mehr was, mein Körper war übersät mit viel zu tiefen Schnitten und Tim konnte ich nichts davon erzählen.
Er würde nur wissen wollen was los ist.Inzwischen liefen mir Tränen übers Gesicht.
Zitternd zog ich meine Beine näher an mich.
Es war 11 Uhr in der Nacht und ziemlich kalt.
Ich liebte es hier oben auf dem Dach zu sitzen wenn ich zu viel Stress hatte.
Einfach die Sterne zu beobachten und einen klaren Kopf zu bekommen.
Denn eigentlich wollte ich ja springen, doch vor 3 Stunden war noch zu viel los auf den Straßen, also beschloss ich zu warten und den Sonnenuntergang anzusehen.
Verabschiedet hatte ich mich trotzdem schon von Tim, später hätte ich es wahrscheinlich nicht mehr übers Herz gebracht.
Mein Handy hatte inzwischen aufgehört zu klingeln, Tim hatte es wohl aufgegeben.
Auf den Straßen war nun nichts mehr los.
Langsam stand ich auf, nur um wieder hinzufallen.
Ein paar Sekunden blieb ich so sitzen, doch dann versuchte ich es erneut.
Als ich sicher auf meinen Beinen stand, atmete ich einmal tief durch, dann machte ich mich auf den Weg zur Kante.
Zitternd und langsam, Schritt für Schritt.
Dann stand ich da, an der Kante, bereit zu springen, loszulassen.
Ein letztes Mal schloss ich meine Augen, rief die schönsten Momente mit Tim nochmal in meinen Kopf.Dann lies ich mich fallen.