Kapitel 1

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Severus schaute sich auf dem Bahnsteig um.
Kinder verabschiedeten sich tränenreich von ihren Eltern. Diese erteilten noch die letzten Ratschläge.
Severus wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte.
Wie schön wäre es, wenn seine Eltern so wären wie die anderen.
Ihn unter Tränen nach Hogwarts schicken würden und heulen würden, wegen jeder Kleinigkeit.
Tja, Alkohol versaute das perfekte Bild ein bisschen.
Und Gewalt gehörte wahrscheinlich auch nicht dazu.
Hogwarts. Wieder so ein Ort, wo er nicht wusste, was er tun sollte.
Dieser Bahnsteig erinnerte ihn sehr daran.
Bis auf ein paar Kleinigkeiten; die Kinder hier würden ihre Eltern in zwei Wochen wiedersehen und sie waren Muggel.
Muggel. Wie sehr Severus dieses Wort verabscheute! Wie sehr er diesen Ort verabscheute!
Warum musste Lily nur so wunderschöne, grüne Augen haben? Wenn er sie sah, konnte er nicht klar denken.
Das war seine Ausrede. Lily hatte ihn mit Hilfe eines Augen-Imperius-Zaubers in ihren Bann gezogen. Schrecklich, nicht wahr? Severus fragte sich, ob man dafür nach Azkaban kommen könnte, bis ihn eine kleine Stimme daran erinnerte, was noch in Azkaban rumlungerte.
Für Potter und Black perfekt.
Für Lily, das Mädchen mit den hellgrünen Augen? Völlig unpassend.
Mit wem sollte er sonst Tränke brauen?
Malfoy? LeStrange? Die-bessere-Verwandtschaft-von-Black?
Wohl kaum.
Entnervt begann Severus Lily zu suchen. Sie hatte ihm versprochen, auf ihn zu warten, damit sie gemeinsam fahren konnten.
Irgendwo in einer Ecke, fand er sie und ihre kleine Familie.
Ihr Vater umarmte sie gerade und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Darauf hin schlug Lily ihm spielerisch auf den Arm. Er lachte und kitzelte sie.
Neben ihr stand die dunklere Seite der Evans-Familie. Nicht das Severus etwas gegen dunkle Seiten hatte.
Aber Petunia (in Gedanken nannte er sie Pferde-Fresse) war schlimmer als die dunkle Seite. Sie war die Verkörperung des Grauen. Selbst jetzt, wo sie ihre Mutter umarmte, wirkte sie steif und kalt.
Severus hoffte, dass nicht mitkommen würde. Normale Muggel waren schlimm genug, Muggel mit Petunias Niveau waren unerträglich.
Inzwischen hatte Lily Severus entdeckt und winkte ihm zu.
Langsam schritt er auf die Evans zu, seine dunklen Roben flatterten hinter ihm her. Die Muggel starrten und flüsterten. Er ignorierte sie.
Auch Lilys Eltern wirkten nicht begeistert, als sie ihn kommen sahen.
Petunia fing an, hektisch etwas zu ihrer Mutter zu flüstern, während sie auf Severus zeigte.
Lilys Mutter runzelte die Stirn. Sie drehte sich zu ihrem Mann und führte ihn leicht abseits, um dann aufgeregt mit ihm zu diskutieren.
Worüber, war wirklich nicht schwer zu erraten.
Lily beäugte ihn kritisch. Dann griff sie ihn am Ärmel und schleifte ihn zum Zug. Petunia sah aus als wolle sie protestieren, aber Lily warf ihr nur einen warnenden Blick zu.
Dann drehte sie sich zu Severus.
Sein Herz schlug schneller, als er in ihre hellgrünen Augen blickte. Ihre langen roten Haare fielen ihr immer wieder ins Gesicht, um gleich danach wieder von Lily zurück geschoben zu werden. Severus hätte sie Stunden beobachten können.
"So geht das nicht."
Verwirrt schaute Severus sie an.
"Was?"
Verärgert schüttelte Lily ihren Kopf, wobei ihre Haare wie ein Fächer um sie wirbelten. Sie rochen nach Apfel.
"Deine Kleidung!"
Severus zupfte an seiner Robe. Er hatte doch extra eine kurze gewählt...
"Warum?"
Lily runzelte die Stirn.
"Weil Muggel", sie wies auf die Muggel,"keine Roben tragen! Sie tragen Pullover oder Hemden und Hosen!"
Severus sah sie entgeistert an.
"Aber ich habe nichts anders..."
Lily warf verzweifelt die Arme in die Luft.
"Dann leihen wir dir halt was!"
Severus nickte. Das klang einleuchtend.
Der Schaffner pfiff in seine Trillerpfeife,  um zu signalisieren, dass es nun losging.
Lily packte Severus am Arm und zerrte ihn zur nächsten Tür. Dort wartete Petunia schon auf sie, zusammen mit ihrem Gepäck.
"Danke, Tunia!", sagte Lily und hievte ihren schweren Koffer in den Zug.
Severus schulterte seinen abgewetzten Seesack und folgte ihr. Petunia beobachtete ihn angewidert.
Nachdem die beiden sich hingesetzt hatten, fragte Severus Lily sofort:
"Bitte sag mir das deine Schwester nicht mitkommt?"
Lily antwortete nicht und schaute aus dem Fenster. Severus stöhnte auf.
"Tut mir leid! Tut mir leid! Aber sonst hätten mich meine Eltern nicht fahren lassen!", verteidigte sie sich.
Severus spürte Eifersucht in sich aufflammen, als sie von ihren Eltern sprach. Er wünschte sich nichts anders, als...
Die Tür zum Abteil wurde aufgezogen und jemand kam herein, den Severus eigentlich vermeiden wollte.
Jemand mit einem "haarigem Problem".
Jemand, der zu den berühmt-berüchtigten Rumtreibern gehörte.
Jemand, der gerne las und Schokolade aß.
Jemand mit einem verdammt ironischem Namen.

Niemand anderes als Remus Lupin.

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