Kapitel 3: Getrieben von Gier

6 0 0
                                    

Zehn Jahre zuvor

Ein achtjähriger Junge mit hellblondem Haar wurde unruhig aus seinem Schlaf geweckt. "Wie lange willst du noch so tun, als würdest du schlafen, Dave?" Wenn deine Mutter das sehen würde...sie würde sich im Grab umdrehen". Dave öffnete seine Augen. An seine Mutter konnte er sich kaum erinnern. "Vater", murmelte Dave leise. "Ruhe", brüllte Dave's Vater. Du wirst doch noch eigenständig aufstehen können. Glaube ja nicht, dass ich dich noch einmal pünktlich zu deinem Arzttermin aufwecke. Und jetzt komm Frühstücken". Dave's Vater knallte die Tür wieder zu. Langsam kroch Dave aus seinem Bett. Er stand auf und betrachtete drei zerfetzte Kissen auf seiner Couch. "Wo bleibst du so lange", brüllte sein Vater von der Küche aus. Schnell zog Dave sich an und eilte zur Küche. Sein Vater saß am vorderen Ende des Küchentisches. Dave setzte sich auf dem einzigen anderen Stuhl, auf der anderen Seite vom Tisch. "Meine Geschäfte laufen gut zur Zeit", behauptete sein Vater. "Das ganze bringt noch mehr Geld als ich erwartet habe. Du solltest dich auch dafür interessieren, Dave. Immerhin wirst du eines Tages meinen Platz übernehmen". Dave senkte den Kopf. Sein Vater beugte sich mit strengen Blick vor. "Dave, höre mir genau zu. Was sollst du deinem Psychologen gleich sagen?" "Ich weiß es nicht", antwortete Dave leise. "Genau", bestätigte sein Vater. "Und jetzt beeil dich, ich fahre dich mit meinem neuen Auto zum Arzt. Schließlich sollte ich ja heute dabei sein". Nach dem Frühstück verließen Dave und sein Vater das Haus und stiegen in seinem brandneuen Mercedes ein. "Sieh ihn dir ruhig an, mein Junge", sagte Dave's Vater amüsiert. "Zu deiner Zeit werden die Dinger bestimmt noch cooler". Die Fahrt dauerte nicht lange und schon nach 10 Minuten kamen sie in der Praxis an. "Denk an deinen Text", flüsterte Dave's Vater streng. Sie betraten die Praxis und wurden sofort von der Sekretärin angesprochen. "Ah, Dave, da bist du ja endlich. Du und dein Vater, ihr könnt gleich zu Raum 6 durchgehen". Dave zögerte, wurde aber von seinem Vater an die Hand genommen und in dem Raum gezogen. Angekommen, werden sie gleich von dem Psychologen begrüßt. "Schön dich wieder zu sehen, Dave", sagte er und schüttelte Dave's Hand. "Und nett sie endlich kennenzulernen, Herr Rich, ich bin Doktor Eberhard" ,meinte er und schüttelte die Hand von Dave's Vater. "Setzt euch. Also, ich denke wir wissen alle, warum es zu diesem Termin gekommen ist. Bitte haben Sie Verständnis, Herr Rich, aber ihre Anwesenheit ist leider unverzichtbar". "Das mache ich doch gerne", behauptete Rich, "wenn es meinem Sohn hilft". Eberhard lächelte. "Das wird es sicherlich", sagte er. "Dann lasst uns beginnen. Eberhard wendete sich Dave zu. "Dave, du hast letzte Woche zwei Zweitklässler verprügelt. Nach ihren Aussagen bist du einfach zu ihnen hingegangen und hast sie angegriffen. Ihr habt bei diesem Vorfall kein Wort miteinander geredet. Ihr kanntet euch gar nicht. Dave, bekennst du dich zu dieser Tat?" "Ja", murmelte Dave. "Dann stellt sich mir die übliche Frage", meinte Eberhard. "Warum hast du das getan?" Dave zögerte und blickte nach unten. "Ja, Dave, warum", hakte sein Vater nach. "Ich weiß es nicht", flüsterte Dave. "Wir gehen dieser Frage jetzt schon seit sieben Sitzungen nach", meinte Eberhard. "Und wir machen leider noch keine Fortschritte. Herr Rich. Haben Sie eine Ahnung, wovon diese Aggressionen kommen könnten". "Ich bin mir nicht sicher", meinte Rich, "vielleicht vermisst er seine Mutter. Sie ist schon sehr lange Tod. Vielleicht ist er neidisch auf die anderen Kinder, weil diese mit einer Mutter aufwachsen". "Das klingt wirklich logisch", meinte Eberhard und wendet sich wieder an Dave. "Stimmt das? Vermisst du deine Mutter?" "Ja", grummelte Dave. "Und glaubst du, dass das der Grund für deine Aggressionen sein könnte?", fragt Eberhard "Nein", antwortete Dave. Eberhard denkt angestrengt nach. "Herr Rich", meinte er schließlich, "könnten sie vielleicht kurz den Raum verlassen? Ich möchte kurz alleine mit Dave reden". "Aber natürlich", antwortete Rich, stand auf und verließ den Raum. "Also, Dave", fragte Eberhard, "du weißt, es kann nur denen geholfen werden, die über ihre Probleme reden. Ich stelle dir diese Frage nun noch einmal. Warum hast du diese Kinder verprügelt?" Dave zögerte wieder kurz. "Ich weiß es nicht", murmelte er schließlich. Eberhard musterte Dave misstrauisch. "Also gut", meinte er schließlich. "Herr Rich, sie können wieder reinkommen". Rich kam wieder in den Raum und setzte sich auf seinem Platz. "Das ist jetzt die siebte Sitzung", meinte Eberhard, "und leider sind wir noch kein bisschen weiter gekommen. Ich hoffe du weißt, dass du nächstes mal wahrscheinlich von der Schule fliegst, Dave". Dave nickte. "Dann beenden wir das Gespräch für heute", sagte Eberhard. "War nett sie kennen zu lernen, Herr Rich". "Die Ehre ist ganz meinerseits", meinte Rich, steht auf und begibt sich in Richtung Tür. Dave schüttelte nochmal Eberhards Hand. "Machs gut, mein Junge und behalte dich bitte unter Kontrolle". Eberhard erkannte noch Dave's nervösen Blick beim hinausgehen. Dave und Rich gingen aus der Praxis. Sie wechseln kein Wort miteinander, während sie ins Auto stiegen. Dave wusste, was dies bedeutet. Er bemerkte, das sein Vater seine Hände nervös um das Lenkrad klammerte. "Ich wollte dir helfen", knurrte er streng. "Damit du endlich da raus kommst". "Ich habe mich doch an den Text gehalten", meinte Dave. "Darum geht es nicht", sagte Rich, ich habe gesagt, das du vielleicht deine Mutter vermisst und dass das der Grund für dein Verhalten ist. Du hättest mir zustimmen sollen. Warum hast du das nicht getan"? "Ich weiß es nicht..." Zuhause angekommen, ging Dave gleich in sein Zimmer. Er setzte sich wieder auf die Couch und betrachtete die drei Kissen. Zu seiner Überraschung kam sein Vater ins Zimmer und setzte sich dazu. Ich weiß nicht warum du dich ständig prügelst, meinte er. Aber eins musst du wissen... was du da machst ist gar nicht so falsch. Die Kinder, welche da mit dir in der Schule gehen sind nutzlose Untermenschen. Ohne Geld und ohne Macht. Ich würde sie an deiner Stelle trotzdem nicht verprügeln. Diese Aufmerksamkeit haben sie nicht verdient. Geld und Macht ist alles. Eines Tages wirst du das verstehen. Hoffentlich". Rich ging aus dem Zimmer. Dave hielt kurz inne und ballte seine Hände zu Fäusten. Dann nam er sich ein Kissen und kratzte und schlägte lange Zeit darauf ein. Schließlich gimg ihm die Kraft aus. Er begrub sein Gesicht in seinen Händen und ließ sich auf die Couch fallen. Er schlief ein. Er schlief eine lange Zeit. Bis in die Nacht hinein. Doch dann wird er von einem lauten Geräusch aufgeweckt. Verwundert öffnete er die Augen und stand auf. Ganz wackelig auf den Beinen, verließ er sein Zimmer und lief durch die Wohnung. Aufgrund der Dunkelheit der Nachfrage konnte er kaum sehen. Er konnte sich nicht erklären, woher das Geräusch gekommen sein könnte. "Vielleicht habe ich mir das nur eingebildet", dachte er sich und wollte gerade wieder in seinem Zimmer gehen, als er das Geräusch plötzlich wieder hörte. Dieses mal noch deutlicher. Es war ein Schrei. Und er kam aus dem Keller. Langsam ging Dave zur Kellertreppe und stieg diese hinunter. Das Licht im Keller war an und blendete ihn für einen Moment. Er schloss kurz die Augen und öffnete sie dann wieder. Was er dann sah, konnte er nicht in Worte fassen. Er sah seinen Vater wie er eine Waffe auf einer an einem Stuhl geknebelten Person richtete. "Dave, ich muss dir das erklären", meinte er und schloss die Tür hinter Dave. Dave bekam kein Wort heraus und starrte seinen Vater geschockt an. "Dieser Mann. Er schuldet mir Geld. Ich habe mit ihm eine Bank überfallen. Und er möchte mir meinen Anteil nicht geben. Also habe ich ihn entführt, damit er meinen Anteil raus rückt". "Das Geld gehört meiner Familie", schrie der Mann auf dem Stuhl. "Du hast doch genug davon. Betreibst eine erfolgreiche Firma und wer weiß was du dir noch alles ergaunert hast". "Schweig oder ich blase dir das Hirn weg", schrie Rich. Dave stand immer noch wie angewurzelt da. "Jetzt sag mir endlich, wo du meinen Anteil versteckt hast". "Niemals, du würdest dir alles nehmen", antwortete der Mann. Also gut, du willst es ja nicht anders", meint Rich und hält ihm die Waffe vor dem Kopf. "Halt", rief plötzlich eine Stimme vor der Kellertür. "Macht sofort die Tür auf" Rich erschrak, denn Dave öffnete die Tür ohne zu zögern. Drei Polizisten stürmten mit gezogenen Waffen herein. "Legen Sie die Waffe weg", rief einer von ihnen. Es war leicht, sie hier zu finden. Nachdem sie durch Steuerhinterziehung aufgefallen sind, wurde mir, Kommissar McClair aufgetragen, sie im Auge zu behalten. Als es dann letzte Woche diesen Banküberfall gab, habe ich mir schon gedacht, dass sie da hinter stecken. Also habe ich ein GPS Signal an ihrem neuen Auto angebracht. Als sie dann zu einem weiteren Verdächtigen gefahren sind und dieser daraufhin vermisst wurde, wusste ich, was zu tun ist. Und so wie es aussieht, bin ich gerade rechtzeitig gekommen. Hören Sie mir zu, Rich. Tun Sie nichts unüberlegtes, noch ist es nicht zu spät". Rich sucht verzweifelt Blickkontakt zu seinem Sohn, der sich aber hinter den Beinen von McClair verkrochen hat. Dann fing er an zu lächeln. "Es ist schon längst zu spät. Ihr habt mich. Allzu schnell werde ich kein Tageslicht mehr sehen. Da kann ich doch gleich ganz darauf verzichten. Kurz bevor Rich abdrücken konnte stürzte sich einer der Polizisten auf ihn und band ihm Handschellen um. "Ich bin Kommissar McClair", meinte er. "Und sie sind festgenommen". Dave konnte nicht fassen, was da vor seinen Augen geschah. Es ging alles viel zu schnell. So hatte er seinen Vater nicht eingeschätzt. Wird sich jetzt alles für ihn verändern? "Junge, geht es dir gut", fragte ihn einer der Polizisten, doch Dave stockte der Atem. "Hör zu kleiner, alles ist gut, du musst jetzt mit uns mitkommen", fügte er hinzu. Doch Dave reagierte nicht. Er sah verschwommen, wie sein Vater abgeführt wurde. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.

Kommissar McClair ging zur Berichterstattung in sein Büro zurück. Es war ein harter Tag. Er wollte sich erstmal einen Tee machen und die Dokumente durchgehen. Er betritt sein Büro und schaltete das Licht an. Gemütlich mit dem Tee in der Hand, sah er sich den Mond an. Er machte sich sorgen über Dave. Er wird in ein Kinderheim müssen. Und wie er ohne Kontakt zu seinem Vater, dem einzigen ihm verbleibenden Familienmitglied, klar kommen wird, wird sich auch noch zeigen. Nach einer Weile ging er zu seiner Sekretärin. "Ich würde jetzt gerne Feierabend machen", meinte er. Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?" "Ja", meinte sie. "Grausame. Darum sollten sie sich morgen früh kümmern". "Ich habe heute schon vieles erlebt", meinte McClair. "Erzählen sie es mir heute schon". "Okay", meinte seine Sekretärin. "Also..."

Die Augen von McClair wurden starr und er ließ seine Tasse fallen. Als er dann zuhause war, ging er sofort in das Zimmer seiner Tochter Nima. "Papi, ich kann nicht schlafen". Sie stieg aus ihrem Bett, ging auf ihren Vater zu und wurde herzlich umarmt.

LunarisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt