Chapter 02: Krieg hinterlässt seine Spuren und legt die Vergangenheit frei

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Mit einem lauten Schrei fuhr die Rothaarige aus ihrem Schlaf hoch und schnappte nach Luft. Ihr panischer Blick glitt durch den dunklen und leeren Raum, auf der Suche nach etwas oder jemanden. Als sie die Begierde ihrer Suche nicht fand, verließ sie so schnell wie möglich mit hektischem Atem ihr Bett, und stolperte in den Flur. ,,Jellal?!" Ihre Stimme klang unnatürlich hoch und schrill, als sie die erste Tür aufstieß. Das Zimmer war verlassen, die Vorhänge zugezogen. Mit wachsender Angst durchsuchte sie das ganze Haus, und sank schließlich am Boden zusammen. Ihr Körper zitterte unkontrolliert, und tiefe Ringe zeichneten sich unter ihren Augen ab. Nicht lange war es her das der schreckliche Kampf nach mehreren Jahren endete, doch noch immer forderte er seinen Tribut. Albträume waren noch das geringste Übel neben hunderten Toten, fehlenden Körperteilen und traumatischen Erfahrungen. Familien hatten ihre einzigen Kinder verloren, ihren Freund, Bruder, Vater, Ehemann, ihr Zuhause, und alles was ihnen wichtig war. Die Überlebenden erwartete häufig furchtbares: Sie kehrten Nachhause zurück, um feststellen zu müssen, das dieses nicht mehr existierte, oder ihre Familie geflüchtet oder tot war. Im Vergleich dazu kamen die junge Frau und ihre Angehörigen mehr oder weniger unbeschadet davon, doch die tiefen, seelischen Wunden, die niemand sah, waren sehr real. Jeden Morgen begann ihr Tag mit einem fürchterlichen Traum, in dem sie zurück auf das Schlachtfeld versetzt worden war. Ja, sie. Auch Frauen mussten in diesem Krieg kämpfen. Da sie zahlenmäßig um einiges Unterlegen waren, blieb dem Königreich nichts anderes übrig. Das was sie gesehen hatte, würde sie nie wieder loswerden. Niemals. Ihr einziger Lichtblick, ihr einziges Heilmittel waren ihr Mann und ihre Tochter. Waren sie nicht in ihrer Nähe, drehte sie am Rad. So wie jetzt. ,,Wo seid ihr?" wisperte sie in das leere Kinderzimmer. Mit zitternden Knien erhob sich die Rothaarige und hob einen kleinen Teddybären auf. Sein linkes Ohr war abgerissen, und allerlei unidentifizierbarer Flecken auf seinem ehemals weichen und braunen Stoff verteilt. Ein sanftes Lächeln huschte über ihr ernstes Gesicht, als Sie daran dachte, dass der Bär ihrer Tochter ehemals ein Geschenk an sie war. ,,Wieso weinst du denn?" Die aufmunternde Stimme kam von einem Jungen der besorgt über ihr stand. ,,S-Sie haben mei-meinen Bären vollkommen ka- kaputtgemacht! Das w-war das einzige was mir mei-meine Mutter hin-hinterlassen hatte!" stammelte die Rothaarige verzweifelt über ihren Verlust. ,,Was für Fieslinge. Komm, Steh auf. Ich schenk dir meinen ok? Er war auch ein Geschenk meiner Mutter." Mit zitternden Händen nahm sie den brunen Teddy und drückte ihn fest an sich. Und als der unbekannte Junge sie anlächelte, lächelte sie zurück. Das war der Beginn einer der längsten und innigsten Freundschaften die die Welt jemals gesehen hatte. Die beiden machten alles gemeinsam, und suchte man den einen, fand man sicher auch den anderen. Vorsichtig legte sie das alte Stofftier auf das Kinderbett und strich die weiße Decke glatt. Etwas beruhigter verließ die Rothaarige das Zimmer, und bahnte sich ihren Weg in die Küche. Ein Seufzen kam über ihre Lippen, als Sie sich umsah. Er hatte alles gemacht. Frühstück. Den Abwasch. Die Küche gewischt. Sogar die Pflanzen hatte er gegossen. ,,Verdammt. Ich bin die nutzloseste Ehefrau aller Zeiten." murmelte sie, und wurde augenblicklich an ihre Kindheit erinnert. ,,Du bist so nutzlos! Ich kann nicht fassen wie sowas wie du meine Tochter sein kann!" Verzweifelt hob sie ihr Gesicht. ,,Aber Daddy! Ich hab alles gegeben was ich hatte, besser bekomme ich es nicht hin!" Ein lautes Klatschen hallte durch den Raum, als seine Hand auf ihre kindliche Wange traf. ,,Geh mir aus den Augen du Stück Dreck. Bist genau wie deine Mutter, diese Hure." grunzte ihr Vater und schaute emotionslos dabei zu wie eine Träne über die verletzte Wange lief. ,,Ja Vater." wisperte sie und verließ den Raum, nur um davor zusammenzubrechen und hemmungslos zu weinen. ,,Hey Erza. Hat er dich wieder geschlagen?" Schniefend schaute das kleine Mädchen zu ihrem besten Freund hinauf und nickte kurz. ,,Keine Sorge. Das wird schon. Du hast ja immernoch mich!" Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, und zögernd erwiederte sie es. 'Alles wird gut'! Diese Worte hatten sie durch alle Jahre geleitet, egal wie schlimm sie waren. Ein bitteres und trauriges Lachen kam über ihre Lippen. Wer hätte gedacht das es schlimmer kommen würde als damals? Als sie ein Klicken bei der Haustür hörte, drehte sie sich um und verließ die Küche die direkt an den Eingangsbereich grenzte. ,,Mommy wir sind wieder zuhause!" Als sie diese Worte aus dem Munde ihrer 5jährigen Tochter hörte, ging ihr Herz auf. ,,Willkommen zuhause Rosie. Na? Wo wart ihr denn?" Die braunen Augen der kleinen Rosemary begannen zu funkeln, als sie anfing zu erzählen, und ihrer Mutter stolz den Erbeerkuchen zeigte, den sie ganz alleine nach Hause getragen hatte. Angeblich. Lachend richtete sich das ältere Ebenbild der kleinen auf und schaute ihrem Mann tief in sie Augen. ,,Willkommen zuhause." sagte sie und lächelte ihn an. Ein echtes Lächeln war es, so echt wie schon lange nichtmehr. Mit demselben Funkeln wie seine Tochter in den Augen lächelte er zurück. ,,Willkommen zurück Erza." sagte er, und nur Erza verstand was er damit meinte. Sie war zurück. Zurück aus der Vergangenheit die sie quälte, in der Gegenwart die nicht besser seien konnte. Und in diesem Moment war sie sicher, das alles wieder wie davor werden würde. 'Alles wird gut...' dachte sie, und behielt Recht.

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Ich hab mein Bestes gegeben, aber mehr konnte ich nicht rausholen. Hoffe es gefällt dir trotz der Verspätung ^^

Was Der Krieg fordertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt