Kapitel 3~Morgen mit Sorgen

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Am nächsten Morgen war Niji die erste, die wach war. Sie stand auf und schaute wieder aus dem Fenster. Niji sang dabei ihr Lied weiter:

"Will denn keiner versuchen,

diesen Fluch zu brechen?

Will denn keiner mir helfen,

wieder einmal zu lächeln?

Doch so sitz ich wieder hier

und sehne mich nach einem wir."

"Ich hätte echt nicht gedacht, dass du das im Lied ernst meintest.", sagte Shin völlig verschlafen. "Guten Morgen.", sagte Niji und drehte sich zu Shin. Shin streckte sich und sagte daraufhin:"Morgen. Irgendetwas für heute vor?" Niji schüttelte den Kopf und bekam wieder Angst. Wieder kullerten lilane Tränen von ihrem Gesicht herunter. "Hey, was ist denn los? Hattest du wieder eine Art Albtraum?", fragte Shin und stand sofort auf und ging zu ihr. Sie schüttelte den Kopf und sagte leise:"Ich habe einfach Angst, dass du einfach gehst und alle Hoffnungen umsonst waren und dass ich vielleicht nie wieder meine Schwester sehen werde." Er fasste sich an den Kopf und eine Träne kullerte diesmal bei ihm herunter und landete auf den Boden. "Es tut mir leid, wenn ich dich an irgendjemanden die ganze Zeit erinnere.", entschuldigte sich Niji sofort und drehte sich weg. "Ja, aber woher weißt du das?", fragte Shin sofort. Niji schaute nur kurz zu ihm und sagte:"Ich habe geraten. Willst du vielleicht über irgendetwas mit mir reden?"-"Nein, nicht wirklich. Ich will nicht über ihn reden, er gehört einfach nicht zu mir.", sagte Shin verzweifelt und immer mehr Tränen landeten auf den Boden. "Warum sollte ich Hilfe von jemanden annehmen, der mir vielleicht etwas wichtiges verheimlicht?", fragte sie und guckte ihn giftig an. Niji realisierte erst einen Moment danach, was sie zu Shin sagte, umarmte ihn wieder und flüsterte:"Es tut mir leid, ich wollte das nicht. Ich bin höchstwahrscheinlich einfach nur ein bisschen verrückt durch meine einsamkeit geworden und ich bin es einfach nicht gewohnt, mit anderen zu reden." Für Shin war Niji am ersten Tag noch ziemlich merkwürdig, aber schon am zweiten Tag schien er sie schon langsam verstehen zu können. "Schon Ok. Ich bin manchmal auch nicht besser, es ist nur, wenn du über deine kleine Schwester redest muss ich an meinem Bruder denken, Zwillingsbruder um genau zu sein. Wir haben eine Zeit lang alles zusammen gemacht, wie die meisten Zwillinge eben, bis zu einem Tag. Es war wie die Hölle für mich.", erzählte Shin, kam aber nicht weiter, da er nun komplett in Tränen ausgebrochen ist. Niji streichelte ihn über den Rücken und fragte:"Was ist mit deinem Bruder eigentlich passiert?"-"Ein Pony ist an allem Schuld, dass er sich einfach geändert hat. Er wollte, dass ich dann auch so werde wie er, aber ich wollte nicht und bin wegerannt, fast wie du. Seit dem habe ich mit niemanden über meinen Bruder gesprochen und immer wenn jemand etwas von seinen Geschwistern erzählte, musste ich an ihn denken. Ich erinnere mich auch noch daran, wie sie mich gesucht haben.", erzählte Shin weiter und hatte sich einigermaßen beruhigt. Niji ließ ihn los und fragte:"Geht's jetzt?" Er nickte nur still und zog die Nase hoch. "Ich hätte da noch eine Frage.", sagte Niji und guckte Shin mit großen Augen an. "Die wäre?", fragte er etwas neugierig. Niji hoffte, dass Shin nicht wieder in Tränen ausbrechen würde, holte einmal tief Luft und fragte:"Wer sind sie?"-"Meine Familie. Ich möchte aber nicht weiter von ihnen reden.", sagte Shin und drehte sich weg. "Schon ok, aber danke, dass du mir das mit deinem Bruder gesagt hast. Wir sind wohl beide nicht leicht auf unsere Geschwister zu sprechen, was?", versuchte Niji die Stimmung etwas aufzulockern. Shin nickte nur still. "Apfelsaft, Kaffee oder Tee?", fragte sie ihn und ging in die Küche. "Tee, aber bitte etwas süßer als gestern.", bat Shin und setzte sich auf die Couch. Niji nickte und machte Shin einen Tee. Sie selbst nahm sich etwas Apfelsaft zum Trinken. Sie setzte sich neben ihn und gab ihn den Tee. Er wartete nicht lange, bis er ihn trank. Er nahm einen Schluck und lächelte Niji daraufhin an und sagte:"Perfekt." Niji lächelte zurück, auch wenn sie immernoch absolut keine Ahnung hatte, was sie an diesem Tag machen könnten. "Ich hätte eine Idee, was wir heute Abend machen könnten. Wenn du willst könntest du vielleicht mit mir zur Lichtung im Wald mitkommen. Da wollte ich gestern eigentlich auch hin, aber dann hab ich dich ja da liegen gefunden.", schlug Niji vor. Shin trank einen langen Schluck, während Niji redete. "Welche Lichtung?", fragte Shin neugierig, bevor er einstimmen wollte. Niji lächelte und sagte:"Die zeig ich dir dann! Nur, was machen wir solange?"-"Wir könnten doch auch jetzt dahin gehen, oder nicht?", fragte Shin verwirrt. Niji schüttelte den Kopf und sagte:"Wenn schon musst du das im dunkeln sehen." Shin wusste zwar nicht, warum es unbedingt im dunkeln sein musste, aber er stimmte trotzdem mit einem nicken zu. "Was machen wir dann solange?", fragte Shin nach. Niji schüttelte den Kopf und sagte:"Ich hab absolut keine Ahnung. Vielleicht könnten wir uns gegenseitig Geschichten oder so erzählen?"-"Wär eigentlich gar keine schlechte Idee. Wer fängt an? Du oder ich?", fragte Shin darauf. Niji lächelte Shin an und sagte:"Mach du, wenn du etwas hast, bin gerade am überlegen." Shin hatte schon eine Sache im Kopf und erzählte sie auch schon sofort:"Da war dieses eine mal, als mein Bruder und ich kleine Fohlen waren, ich kann mich ncoh genau daran erinnern, wie ich gestolpert bin und dadurch die ganzen Tomaten auf meinem Bruder flogen, da er immer vor mir lief. Er hat daraufhin seine Tomaten im Korb genommen und sie auf mich geworfen. Am Ende hatten wir einen Tomatenkrieg. Alles sah aus wie sau.", sagte Shin und verkniff sich das Lachen. Niji hingegen lachte sich das erste mal seit langem laut und herzhaft aus, woraufhin einige orangene Tränen ihr Gesicht runterkullerten. Shin bekam wieder locker eine ins Glas und sagte:"Wenn das so weiter geht haben wir in Null Komma nichts alle Tränen für dich gesammelt. Achja, das war im übrigen nicht das beste an dem Tag." Niji hatte sich ein bisschen beruhigt und fragte:"Wie jetzt? Geht es denn noch besser?"-"Ja, und zwar ist daraufhin meine Mutter gekommen, weil wir so lange gebraucht haben und als sie das Chaos gesehen hatte. Nahm sie sich eine Tomate und fragte, was das sollte. Wir haben uns nie verpetzt also haben wir gesagt, dass igendwie der Tomatenkrieg ausgebrochen wäre. Sie fragte daraufhin, ja echt? und warf mir und meinem Bruder jewals eine Tomate mitten ins Gesicht. Wenn das so ist, hab ich wohl gewonnen, sagte sie und wir bewarfen uns alle gegenseitig mit Tomaten.", erzählte Shin zuende. Niji musste die ganze Zeit über Lachen. Shin war irgendwie glücklich, Niji lachen zu hören. Klar, er war erst den zweiten Tag richtig bei ihr, aber als er schon vorher in der Nähe der Hütte war und sie beim singen gelauscht hatte, hatte er sie noch nie lachen gehört, nur schluchzten und weinen, doch er war zu feige, zu ihr zu gehen und sie zu trösten. Verständlich, weil was hätte er denn sagen sollen? Shin fragte sich, welche Gefühle Niji wohl noch fühlen müsst, um eine Träne zu bekommen. "Weißt du eigentlich wie viele Tränen es sind?", fragte Shin Niji die immernoch lachte. Niji beruhigte sich langsam und sagte:"7, 7 Tränen sind es."-"Und 3 haben wir schon.", fügte Shin hinzu. "Hast du ein Stift und Papier?", fragte Shin und guckte sich um. Niji nickte und deutete mit ihrer Hufe auf den kleinen Schreibtisch in der Hütte. Er nickte dankend und stand auf und nahm sich ein Stift und Papier vom Schreibtisch. Dort schrieb er folgendes mit einem Haken dahinter auf:"Angst, Lachen(?), Trauer."-"Was könnte es denn noch sein?", fragte sich Shin leise im Kopf. "Eventuell Wut oder Freude? Wobei, was ist mit dem Lachen? Das zählt doch eigentlich nicht wirklich zu Freude oder?", fragte sich Shin im Kopf. "Werden wir ja sehen.", dachte er sich daraufhin und schrieb es einfach auf, aber ohne Haken. "Was schreibste da auf?", fragte Niji neugierig, die ihn die ganze Zeit beobachtet hatte. "Wegen den Tränen.", antwortete Shin, ließ den Stift und das Papier auf den Tisch liegen und setzte sich wieder neben Niji. "Willst du etwa schnell wieder von hier weg?", fragte Niji daraufhin etwas bedrückt. Shin schüttelte heftigst den Kopf und sagte:"Ich möchte dir wirklich einfach nur helfen. Vertrau mir, bitte." Niji schaute Shin erst misstrauisch an, lächelte dann aber und lehnte sich ganz gelassen an Shin an. "Du weißt gar nicht, wie froh ich bin, das zu hören. Ich vetraue dir." sagte sie und aufeinmal kullerte eine gelbe Träne ihre Wange herunter. Shin war komplett rot geworden, was man aber natürlich auf dem roten Fell kaum sah. Er bemerkte die gelben Tränen gar nicht, da er noch wie gelähmt war. Er bemerkte sie erst, als es zu spät war und schon alle auf den Boden gelandet sind. "Ich hoffe, dass das nicht das letzte mal ist, dass sie glücklich war!", dachte sich Shin und schluckte. "Möchtest du dann jetzt mal etwas erzählen?", fragte Shin Niji, die es sich an ihn total gemütlich gemacht hatte. Sie fing an zu nicken und began zu erzählen.

Das Pony mit den RegenbogentränenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt