Reeperbahn stand groß auf dem Schild neben der U-Bahn-Station in Hamburg. Alles war still. Nur in der Ferne hörte man leise die Elbe rauschen, ab und zu eine Schiffshupe oder einen Hafenkran und hin und wieder ratterte eine U-Bahn vorbei. Die Station war bis auf einen mit einer Zeitung zugedeckten Obdachlosen menschenleer. Die Massen drängten sich ein paar Straßen weiter an der "Großen Freiheit". Autos fuhren um diese Zeit hier auch nicht mehr, beziehungsweise noch nicht. Denn es war bereits zwei Uhr morgens. Plötzlich blitzte es in der Station und eine in schwarz gewandete Frau stieg die Treppe hinauf. Der kluge Leser kann sich wahrscheinlich schon denken, dass die Frau Lux war. Leise und elegant wie eine schwarze Katze schlich Lux richtung Straße. Sie wusste, wohin sie wollte, obwohl es ihr nicht leicht fiel, dorthin zu gehen. Da wo sie hin wollte, waren Menschen. Viele Menschen. Richtig: Sie wollte zur Großen Freiheit. Vielleicht wusste dort ja jemand etwas. Es hatte zwar geheißen, es gebe keine Zeugen, aber sicher ist sicher.
Nach einem kurzen Fußmarsch stand sie mitten zwischen geilen Männern, die mit ihren Augen die Körper der jungen Frauen in den Schaufenstern der Bordelle abtasteten. Rosa Schriftzüge erhellten die Straße. Lux war angewidert von diesem Verhalten. Sie ging die Straße entlang. Wo sollte sie anfangen? Plötzlich spürte sie einen kalten Schauer, der sich langsam vom Kopf aus über ihren Körper ausbreitete. Sie hob den Kopf und bemerkte, dass eine der Prostituierten sie mit durchdringendem Blick ansah. Kannte sie Lux? Lux ging langsam auf den Eingang des Bordells zu. Das dumme Flittchen ließ sie nicht aus den Augen. Lux betrat das Bordell. Es war noch lauter als draußen auf der Straße. Ein paar Nutten machten sich gerade an ein paar junge Männer heran, die längst nicht mehr klar sehen konnten. Lux bahnte sich einen Weg durch die leicht bekleideten Frauen zu der Frau am Fenster. Sie stand da, bewegte sich keinen Nanometer und starrte nach wie vor Lux an. In drei Metern Entfernung blieb Lux stehen. Die Frau war dünn und hatte weiche Gesichtszüge. Eigentlich war sie viel zu hübsch für eine Prostituierte. Nur die sichtlich umoperierten Brüste stachen heraus, die nur von einem schwarzen Bikinioberteil verdeckt waren. Unten herum trug sie einen ebenfalls schwarzen kurzen Rock, was sie darunter an hatte wusste Lux nicht, sie wollte es auch gar nicht wissen. Am Ende ihrer langen Beine trug sie auffallende rosa Stöckelschuhe mit riesigen Absätzen. Ein leichtes Lächeln lag auf ihren dunkelroten Lippen. Jetzt ging sie auf Lux zu. "Hallo Süße." Als ob sie das antörnen würde! Trotzdem machte sie gute Miene zum bösen Spiel. "Hey." "Na, wie geht's dir denn so?" Alles in dieser aufgesetzten Anmachstimme, die verführerisch klingen sollte. "Naja, könnte besser sein." Das entsprach der Wahrheit. "Komm doch mit, dann wird es dir besser gehen", sagte sie zwinkernd. Sie wartete nicht auf die Antwort, sondern drehte sich schnell um und ging einen Korridor entlang. Lux folgte ihr. Der Gang war voller Türen, hinter denen Lux manchmal leise Geräusche vernahm (Wenn ihr wisst was ich am Meinen bin ;D).
Das Mädchen öffnete eine Türe. Lux ging hinein. Das Zimmer war komplett rosa. Die Wände, die Decke, das Bettgestell, die Bettdecke, einfach alles. Die Nutte schloss die Tür und schubste Lux auf das Bett. Dann ließ sie den Rock fallen und stand nur im Bikini vor ihr. Lux ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Außer dem Bett standen da noch ein kleiner Schrank, eine Vitrine, gefüllt mit zahlreichen ekelhaft und oft benutzt aussehenden Sextoys. Fenster hatte der Raum keine, er war mit rosanen Lampen beleuchtet. Die Nutte öffnete die Vitrine und nahm rosa Plüschhandfesseln heraus. Sie packte Lux Arm, aber Lux war schneller. "Ich steh nicht so auf Sadomaso." Sollte die Prostituierte nämlich tatsächlich eine Schattengestalt sein, wäre sie gefesselt total hilflos. "Na gut." Sie legte die Fesseln weg. Dann drückte sie Lux mit sanfter Gewalt auf das Bett. Lux bekam Panik. Lag sie gerade auf der Schlachtbank? Das Mädchen griff ihr an die Brüste. Lux tat so, als würde ihr das gefallen. Die Nutte ließ ihre Hände an Lux Körper hinuntergleiten und war kurz davor, ihr die Hose herunterzuziehen. Instinktiv griff Lux in die Tasche mit dem Elfenbeindolch und zog ihn heraus. Dabei schnitt sie die Nutte aus Versehen am Arm. Das Mädchen versuchte, die Wunde zu verbergen, aber es war zu spät: Auf Lux Hose waren Bluttropfen. Nicht rot. Die Tropfen waren golden gefärbt! "Scheiße!" Das Mädchen sprach nun mit normaler Stimme. Lux zögerte nicht lange. Sie rollte sich vom Bett hinunter und sprang auf. Sie stand mit gezücktem Dolch der Schattengestalt gegenüber. "Was bist du für ein Wesen?", fragte Lux. "Pah, als ob ich dir das sagen würde! Das Parlament kennt unsere Spezies nicht und so soll es auch bleiben!" Dann drehte sich die Schattengestalt um und rannte aus dem Zimmer. Lux wollte hinterher rennen, stieß sich aber das Knie an der Bettkante. Stechender Schmerz durchbohrte ihr Knie. "Verdammt!" Schon wieder war ihr so ein verdammtes Ding durch die Lappen gegangen. Wütend stand sie auf und humpelte zur Türe. Dort hielt sie sich noch einmal kurz am Türstock fest und ging dann zurück Richtung Menschenmenge.
Lux verließ das Bordell und ging zurück in Richtung U-Bahn. Dort angekommen stieg sie die Treppen hinab und setzte sich auf eine Bank. Sie hätte echt heulen können vor Wut, aber ihr Stolz gewann den Kampf um die Tränen. Sie blickte auf. Auf dem Bahngleis gegenüber war eine Tafel an einer Säule angebracht. Darunter lagen verwelkte Blumen. Schnell kramte Lux den Zettel mit den Orten hervor.
Hamburg:
Mann mit durchgeschnittener Kehle an der U-Bahn-Haltestelle Reeperbahn am 11.11.2017. Schnitt ähnelt einer Rune. Keine Zeugen. Art des Anschlags auf keine bekannten Schattengestalten einwandfrei zuweisbar.
Lux kletterte über die Gleise und betrachtete die Tafel. in schöner Fraktur stand da:
Hier starb Otto Haller durch einen feigen Angriff
R.I.P
*05.02.1987 +11.11.2017Es war tatsächlich die Gedenktafel zu dem auf der Karte beschriebenen Fall. Lux sah sich um. Konnte sie es wagen, ein Hologramm zu projezieren? Es war keiner da. Hoffentlich reichten ihre Informationen, um ein stabiles Hologramm zu erschaffen. "Achak Nukpana", murmelte sie und eine bläulich flimmernde Figur erschien. Otto Haller? Im Bahntunnel bewegte sich etwas. Wie in Berlin war es eine Gestalt, die wegen ihres Mantels nicht identifizierbar war. Sie ging auf den Mann zu. Im weißen Licht der Neonröhren blitzt etwas metallisches unter dem Umhang hervor. Ein Messer! Eine schnelle Bewegung. Otto Haller liegt am Boden, die Gestalt ist über sie gebeugt. Trinkt sie das Blut? Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken hinab. Irgendetwas schreckt die Gestalt auf. Sie rennt davon. Am Boden liegt nur noch die Leiche. Der Schnitt ähnelt tatsächlich einer Rune, Lux kannte sie aber nicht. Das Hologramm verschwamm und verschwand. Erst jetzt fiel ihr etwas auf. Etwas, das am Boden lag. Lux hob es auf. Eine rosa Kunststofffaser. Wie von "Plüschfesseln!" Gab es einen Zusammenhang zwischen dem Mord und der falschen Nutte? Vielleicht. Aber sie brauchte Beweise. Dazu wollte sie sich aber zuerst die anderen Fälle ansehen. Der nächste interessante Fall war laut ihrem Plan Amsterdam. Oder sollte sie gleich nach Den Haag reisen?
Das ist jetzt eure Entscheidung (bitte als Kommentar schreiben!).
Ich weiß, es hat lange gedauert und das vorherige Kapitel ist auch noch nicht ganz fertig (aufgrund von Uploadproblemen und Problemen beim Speichern...), trotzdem würde ich mich über viele Views und Sterne freuen. Vielen Dank an dieser Stelle an @newSoul_01 für das neue Cover.Euer Limescom
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Feminwolf
ParanormalHast du gewusst, dass es nicht nur Menschen gibt? Schwachsinn, sagst du vielleicht. Dann lass dich überzeugen. Eines Tages erhält Lux, eine Schattenjägerin, die Aufgabe, eine fehlende Seite des Bestiariums zu suchen. Dabei stößt sie auf unerwartete...