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17.07.

Gabriels POV.
16:28 Uhr. Zwei Minuten, dann müsste sie kommen. Die Sonne strahlte hell und heiß vom blauen Himmel. Am Strand, am vorderen Ende der Promenade, befand sich eine Konstruktion mit Holzboden und ein paar Sitzbänken. Die Trainer hatten dort eine Art Theke,  drei große Musikboxen und ein Mischpult aufgebaut . Als einer der Ältesten wusste ich , dass sich hinter der Theke einige Kisten Alkohol verbargen. Es war nichts starkes, nur Bier und Sekt. So um halb zehn würden die Kleineren , also elf bis dreizehn Jahre, zurück zum Camp schlafen gehen; um halb zwölf sollten die vierzehn- uns fünfzehnjährigen folgen. Offiziell wurde gesagt, dass natürlich erst dann Alkohol für die ab sechzehnjährigen ausgegeben werden  würde, aber alle wussten, dass das eh nicht klappen würde. Spätestens um elf würde die Party voll im Gange sein.
Ich wartete auf dem Deich. Vom Strand hörte man schon laute Musik und jede Menge Kindergeschrei von den Jüngsten des Camps. Wir älteren würden sowieso erst später dazu stoßen. Ich hatte sie aber trotzdem schon so früh eingeladen, weil ich ihr noch etwas zeigen wollte. Jonas hate mit Freuden versprochen, Anouk zu beschäftigen. Mein Handy vibrierte und automatisch steigerte sich meine Herzfrequenz. Aber es war keine Nachricht von ihr. Bloß mein Handywecker : 16:30 Uhr. Suchend drehte ich mich im schon leicht kühleren Nachmittags Wind nach links und rechts, konnte sie aber nirgends entdecken. Plötzlich legte mir jemand von hinten die Hände auf die Augen. Es waren weiche, kühle Mädchenhände. Ich wusste dass sie es war, denn es waren nicht Stellas , die waren irgendwie kälter. Nicht von der Temperatur, sondern irgendwie anders kalt. Beschrieben konnte man es nicht, aber jeder würde wissen was ich meinte, wenn ich es je jemanden erzählen würde. Es war erst das zweite Mal, dass sie mich so berührte. Klar, in den letzten Tagen hatten wir uns unglaublich schnell gut kennengelernt und viel Scheiße gemacht und sie hatte mich auch das ein und andere Mal scherzhaft geschlagen oder so, aber es war nicht dasselbe. Ihre Berührung ließ mein Herz höher schlagen und eine Gäbsehaut lief mir den Rücken hinunter. Einen kurzen Moment schloss ich die Augen und genoss das wohltuende prickelnde Gefühl, das ihre Hände bei mir auslösten. Dann nannte ich laut und bestimmt ihren Namen: "Alina." Die Hände lösten sich von meinem Gesicht und die Nachmittags Sonne leuchtete mir hell in die Augen. Ich drehte mich um blickte zum sechsten Mal in die wunderschönsten Augen, die die Welt je gesehen hat. (Ja ich hatte unsere Begegnungen gezählt). Einen Augenblick zuviel als normal sah ich sie an und versank in dem unergründlichen Farbspiel aus Blau, Grau und Grün ihrer Augen. Dann riss ich meine Blick los und sah an ihr herunter. Sie trug ein kurzes weißes Kleid, in das an der Taille und am Rock Spitze mit eingenäht war (Siehe Bild). Es lag eng am Oberkörper an und betonte ihre makellose Figur. Ihr goldenes Haar wellte sich um ihre Schultern und umrahmte ihr hübsches Gesicht mit den vollen Lippen und den magischen Augen.
Mehr war dazu nicht zu sagen. Sie war einfach nur wunderschön. So wie immer. Doch das hier war mehr. Viel mehr. Sie sah aus wie ein Engel.
"Alles okay?", fragte sie und riss mich aus meinen Gedanken. "Hm? Was?", antwortete ich, " Ja alles ok. - Du bist wunderschön." Das Letzte flüsterte ich nur noch, aber sie mußte es wohl doch gehört haben,  denn ihr stieg  leichte Schamesröte ins Gesicht und ihr Lächeln wurde breiter. Einen Moment blickten wir uns in die Augen, so wie damals auf dem Trampolin,  dann ging ich an ihr vorbei die Treppen zum strand hinunter und bedeutete ihr mir zu folgen. Als wir rechts auf den Sandweg zwischen dem Deich und dem Strand einbogen, verzog sie verwundert das Gesicht: "Wollen wir nicht zur Party?"

Alinas POV.
" Wollen wir nicht zur Party? ", fragte ich verwirrt. Gabe lächelte geheimnisvoll an und lief weiter den Sandweg entlang. Ich hatte mich schon vorher gewundert,  weshalb er Anouk und mich schon so früh herbestellt hatte, weil Partys normalerweise erst später richtig losgingen, doch jetzt machte es Sinn - er wollte mir anscheinend irgendetwas zeigen. Schweigend liefen wir den Weg entlang und kleinen Äste und Steinchen bohrten sich sanft in meine nackten Fußsohlen. Obwohl es ja noch recht früh war, begegneten wir keiner Menschenseele. Gabe ging vor mir und zum ersten Mal fiel mir auf, was für Muskeln er hatte. Klar, ich hatte seine gute Figur schon vorher registriert, aber so wirklich realisieren tat ich es jetzt. Seine Beinmuskeln waren so dick, dass sie seine Oberschenkel größtenteils berührten und auch sonst konnte man sich nicht beschweren. Es war eigentlich genau die richtige Mischung, denn so Bodybuiler fand ich schon immer etwas ekelig. Nach einer Weile bog Gabe rechts zum Strand ab. Der Sandweg mündete in einen kleinen Holzsteg, der wohl von ein paar Kindern auf zwei Buhnen-Reihen gebaut worden war. (Buhnen = diese Reihen von Holzstümpfen im Meer). Er sah alt und wackelig aus, aber soetwas hatte ich schon immer geliebt. Gabe stieg auf das erste Holzbrett und half mir hinauf. Als unsere Hände sich berührten, fing mein ganzer Körper an zu kribbeln und mein Herz schlug einen Schritt schneller. Aus meinem Bauch heraus machte sich wohlige Wärme breit, wie ich sie noch nie zuvor gespürt hatte. Obwohl es schon kühler war und ich nur ein Kleid an hatte, war mir heiß. Ich setzte einen Fuß auf das knarzende Holz und kletterte auf den Steg. Eigentlich müssten wir uns jetzt wieder los lassen, aber irgendwie tat es keiner. Und es fühlte sich gut an so. Wie als würde meine Hand in die seine gehören, als wäre sie am richtigen Platz. Ich sah ihm kurz in die Augen und er lächelte aufmunternd und schüchtern zugleich. Dann gingen wir vorsichtig bis zum ende des improvisierten Stegs und setzten uns vorn auf die Kante. Gabe zog seine Schuhe aus und wir ließen unsere Füße ins kalte Ostseewasser baumeln. Wir hatten die ganze Zeit über kein Wort gesprochen, aber es fühlte sich richtig an. Manchmal war Schweigen besser als Reden , denn manchmal sagt die Stille mehr, als Worte je erklären könnten. Händchen haltend hockten wir über dem Wasser und blickten hinter den Horizont. Ich genoss die vertraute Atmosphäre, die sich so selbstverständlich anfühlte, als würden wir uns schon seit Jahren kennen. Das war immer so, wenn wir zusammen waren: vertraut, geborgen und sicher  aber trotzdem auch  aufregend, lustig und verrückt. Eine leichte Brise wehte mir ein paar Haarsträhnen ins Gesicht und die salzige Meeresluft roch nach Ewigkeit. Sanft bettete ich meine Kopf auf Gabes Schulter und er umschloss meine Hand mit beiden Händen. Ich schloss die Augen versuchte diesen Moment mit allen Sinnen zu erreichen und zu spüren, zu speichern und niemals zu vergessen.

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