Kapitel 3

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Die Tage vergingen wie im Flug und ehe ich mich versah, war der Tag der Ernte gekommen. Wieder einmal saß ich auf dem Dach des Hauses und beobachtete die Menschen, wie sie ihre Einkäufe erledigten. Trotzallem waren die Hungerspiele der Grund warum alle ein paar Tage frei hatten und man etwas Zeit miteinander verbringen konnte. Viele Familien bereiteten deswegen ein großes Abendessen vor, um zu feiern, dass sie wieder ein Jahr überstanden hatten. Wieder ein Jahr, welches sie zusammen verbringen konnten.

Für mich fühlte es sich nicht wirklich anders an, als jeder andere Tag. Die Angst, gezogen zu werden, stellte sich nicht wirklich ein. Ich verspürte eine innere Unruhe, die ich nicht erklären konnte, aber es war keine Angst zu spüren.

Als es Zeit wurde, sich fertig zu machen, ging ich wieder leise nach unten. Ein dampfendes Bad wartete bereits auf mich und daneben stand Calmia, die mich sanft anlächelte. Ich quälte mir ebenfalls ein Lächeln ab, da sie sich immerhin die Mühe gemacht hatte, auch mirwarmes Wasser herzustellen. Eine Arbeit, die die Arbeit nicht wirklich Wert war. Schließlich würde ich an dem kalten Wasser ebenfalls nicht sterben.

Trotzdem konnte ich nicht sagen, dass ich das warme Wasser nicht genoss und es extra lange auskostete.

Als ich fertig war stand ich mit noch feuchtem Haar vor meiner Kommode und fragte mich, was genau ich anziehen sollte. Es war Calmia, die mich in diesem Moment auf sich aufmerksam machte, weswegen ich zu ihrblickte. Lächelnd deutete sie jedoch auf mein Bett, weswegen ich verwirrt dort hin blickte.

Dort lag ein wunderschönes schulterfreies Kleid, welches seidig schwarz glänzte. Daneben ein farbig passendes Jäckchen aus warmer Wolle, doch auch hier war ein schwarzes Seidenband eingearbeitet.
Erstaunt drehte ich mich zu meiner Ziehmutter um, und starrte sie, mit offenemMund an.
„Überrascht?", fragte sie und ich konnte nur nicken. „Du wolltest die letzten zwei Jahre nie deinen Geburtstagfeiern, also haben Crees und ich beschlossen, immer ein bisschen Geld zur Seite zu legen, um dir ein neues Kleid kaufen zu können, welches du nicht ablehnen kannst."
Ich war gerührt, auch wenn ich nicht wusste wie ich es ausdrücken sollte. Die Worte kamen nicht aus meinen Mund und deswegen tat ich etwas, was ich sonst nie tat.
Ich umarmte sie.
Da ich normalerweise jeglichen Körperkontakt mi tanderen außer Ilex vermeide, erstarrte sie kurz, bevor sie mich ebenfalls in den Arm nahm. Kurz standen wir so da, bevor wir uns wieder von einander lösten. Calmia lächelte, auch wenn ihre Augen verdächtig feucht schimmerten.
„Jetzt lass uns aber schauen ob es passt", versuchte sie abzulenken und ich gestattete es ihr.
Schnell schlüpfte ich in das Kleid, welches perfekt saß, und in das Jäckchen.
Dann kämmte meine Ziehmutter mir mein langes, welliges braunes Haar und versuchte, die wilde Mähne, in eine Hochsteckfrisur zu zwingen. Es dauerte eine Weile, doch am Ende hatte sie den Sieg über die Haare errungen und begutachtete stolz ihr Werk.
„Na, auf jedenfalls besser als letztes Jahr", lächelte sie. Plötzlich schlug sie sich leicht gegen den Kopf.

„Das hätte ich fast vergessen." Sie griff in ihre Hosentasche und zauberte ein schwarzes Band hervor an der ein Herz aus Garn in dergleichen Farbe hing.

„Das hab ich selber gemacht", erklärte sie und hing mir die Kette umden Hals, wo sie mein Outfit perfekt abrundete. Gerade als wir beide mich noch im halb zerbrochenen Spiegel betrachtete, hörten wir auch schon Crees rufen.

„Was macht ihr denn da oben. Kommt, wir müssen los."
Verschwörerisch lächelte mich Calmia an und führte mich nach unten.
Ilex war gerade mit seinen Vater in irgendeine Diskussion verfangen, die ich nicht verstand, da meine Ziehmutter sich in diesen Moment dezent räusperte, wodurch die beiden ihr Gespräch abbrachen und sie zu uns umdrehten.
Ich wusste nicht welches Gesicht in diesem Moment lächerlicher aussah, ob das meines Ziehvaters, oder das von Ilex. Beiden stand der Mund offen und sie starrten mich einfach nur an. Ilex mehr verwirrt und Crees erstaunt.
„Na schau mal an, wer sich unter diesen ganzen Haaren und Jungensachen versteckt hat", fand Crees als erste seine Stimme wieder. Erst als er jedoch seinen Sohn mit dem Ellenbogen anstieß, hatte auch dieser eine Antwort.
„Wow", mehr kam nicht aus seinen Mund, aber da sein Gesicht einfach immer noch so lustig aussah, musste ich lachen, wahrscheinlich das erste Mal seit zwei Jahren. Kurz starrten meine Zieheltern mich entgeistert an, doch dann stimmten sie mit ein, was nun Ilex verwirrt dastehen ließ.
„Und da dachte ich, ich hätte unseren Sohn gut eingekleidet", gab Cress spielend beleidigt von sich, wodurch ich erstmals darauf achtete. Er trug eine schlichte Hose und ein passendes Hemd. Beides ebenfalls in schwarz.
„Steht dir gut", gab ich eine etwasintelligentere Antwort von mir, als mein bester Freund ein paar Sekunden zuvor. Bevor jedoch irgendjemand etwas erwidern konnte, ertönte der Gong, der ankündigte, dass ihn einer halben Stunde die Ernte begann und sich alle auf dem Marktplatz zu versammeln hatten.
Sofort war die frohe Stimmung dahin und machte einer angespannten platz.

Ich ging zu Ilex und griff seine Hand. Sofort hatte er sich wieder unter Kontrolle und ergriff meine seinerseits. Hielt sie fest und sicher. Mein Fels in der Brandung.

Zwar hatte ich nicht wirklich Angst, in die Hungerspiele zu müssen aber der Gedanke, gleich zwischen anderen Mädchen eingequetscht zu sein,machte mich fast wahnsinnig. Warum konnte ich nicht einfach mit Ilex an der Seite stehen und das ganze von dort verfolgen? Das wir nur demKapitol vorgeführt worden, war doch nun wirklich allen klar.
„Na dann", seufzte Crees, der ebenfalls seine Frau, die wie immerwenn der Gong ertönte weiß wurde, in den Arm nahm. „Auf ein Neues."

Calmia nickte abwesend und auch Ilex senkte kurz seinen Kopf.

Schieflächelte ich ihn an; versuchte ihn ebenfalls eine Stütze zu sein,wie er es für mich war. Alles würde gut werden. Wir würden baldwieder gemeinsam nach Hause gehen, sicher für ein weiteres Jahr.Danach waren es nur noch zwei Jahre, die Ilex und ich überstehen mussten.

Wir würden es schaffen, würden zusammen bleiben.

Daran musste ich einfach glauben, wenn ich nicht den Verstand verlieren wollte.


Savina Grieves - Nur der Tod kann uns trennenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt