Kapitel 4 - Verrückt?

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~ Alex ~

Sie war nicht verrückt. Ich wusste genau, was sie durchmachte. Ich kannte diese Stimmen, von der sie redete. Sie sah so zerbrochen aus. Ab dem ersten Augenblick, an dem ich sie sah. Wie hätte ich ihr nicht helfen können, wenn ich genau wusste, was in ihr passierte?
"Alex..du schläfst mit einem fremden Mädchen in einem Bett. Bist du eigentlich dämlich?"
Meldete sich Eric zu Wort.
"Sie ist so wehrlos, so hübsch, so zuckersüß. Eigentlich könnte man sie doch mal kurz etwas sexuell anfassen, oder?"
Harry.
"Harry!"
Ermahnte ich flüsternd.
Ich hatte sie alle mittlerweile recht gut unter Kontrolle. Darauf war ich sehr stolz und so glücklich darüber. Das würde mir nie jemand glauben.
"Alex, Alex, Alex..du bist echt dumm. Hör doch auf Eric. Ich meine, denkst du nicht, dass sie dich wie jeder anregen Mensch auch irgendwann verlassen wird, hn? Du bist ein wertloses Stück Dreck. Vergiss das nicht."
Ich versuchte ihn zu ignorieren.

Irgendwann wurden die Stimmen leiser und ich schlief ein. Im Arm ein zierliches Mädchen, welches dringend Hilfe benötigte.

Am Morgen wachte ich auf. So wie ein Morgen das wohl an sich hat. Vor ihr. Alice hieß sie, nicht?
"Ja, tut sie."
"Danke, Chris."
Flüsterte ich. Er war immer hilfsbereit. Eine gute Seite in mir. Die süße, zerbrechliche Seite. Also eher mehr oder weniger gut.
Ich genoss sie bei mir liegen zu haben, bis sie anfing sich zu regen. Sie war sehe sicher wach.
"Guten Morgen, Kleines."
Raunte ich ihr mit meiner Morgenstimme in's Ohr. Sie bekam sofort Gänsehaut. Wie süß und unschuldig.. Halt stop! Alex! Reiß dich bloß zusammen, Junge.
Sie flüsterte ein unsicheres guten Morgen zurück. Ich lächelte.
"Ist alles in Ordnung? Hast du Hunger? Möchtest du reden?"
Sie zögerte kurz.
"Alles gut, keinen Hunger."
Ihr Magen knurrte. Ich wurde leicht wütend. Beruhig dich doch Alex.
"Wieso lügst du mich an?"
Fragte ich sie ernst. Sie bekam einen neuen schub Gänsehaut. Ich fing an zu grinsen. Ich nahm zu großen Gefallem daran. Shit. Ich musste schnell die Situation ändern.
"Komm, ich mache dir Frühstück, ist das okay?"
Sie flüsterte ein leises "Ich weiß nicht."
Außerdem stotterte sie. Etwas stimmte nicht. Ich kümmerte mich jedoch erst darum, dass sie Nahrung zu sich nahm. Alice' Körperbau grenzte stark an extremer Dürre.
Ich stand auf, zog mir mein Shirt über, welches über ihrem Schreibtischstuhl hing und fuhr mir durch meine zerzausten Locken. Ich begab mich auf ihre Seite und deckte sie vorsichtig auf. Sie schwieg einfach vor sich hin. Die Stimmen müssen verdammt laut sein.
Auf den Armen brachte ich das federleichte Mädchen nach unten, in die Küche und setzte sie Dort am Küchentisch ab. Ich musterte sie kurz. Blondes, langes, welliges Haar. Grüne Augen. Stupsnase. Süß. Ich grinste und fragte
"Was und wie hättest du gern Frühstück?"
"Ich, uhm, weiss nicht."
Ach Mädchen..
Ich öffnete ihren Kühlschrank. Dort zu finden waren Eier und Bacon.
Ich durchsuchte eigenständig ihre Küchenschränke, während sie in Gedanken versunken mit ihren Fingern spielte. Ich fragte mich, was wohl in ihr vorging.
Ich fand Pfannen, Salz und Pfeffer und machte mich an die Arbeit. Ich bereite Bacon und Rührei zu, in der Hoffnung es würde ihr schmecken. Das fertige Essen stellte ich auf 2 Tellern auf den Tisch. Einer für sie, einer für mich. Alice zuckte kurz zusammen und starrte dann auf den Teller.
"S-so viel? Um Gottes Willen, das ist doch viel zu viel."
Ich dachte sie wolle mich verarschen. Da war wirklich alles, nur nicht zu viel auf ihrem Teller.
"Komm schon, iss, Kitten."
Alice schluckte schwer und begann langsam zu essen. Ich war nach nicht sehr langer Zeit fertig, während sie nach der Hälfte des Essens stoppte und die Gabel beiseite legte.
"Es schmeckt wirklich toll, nur- nur ich bin satt."
Ich schaute sie ungläubig an. Sie traute sich anscheinend nicht anzuschauen. Sie log. Wieder.
"Iss."
Sagte ich streng.
Sie wollte nicht.
"Ich sagte, iss, Kitten."
Dann nahm sie wieder die Gabel zur Hand und aß weiter. Bis der Teller war. Ich holte währenddessen noch Orangensaft aus dem Kühlschrank und stellte ihn mit zwei Gläsern auf den Tisch. Ich schenkte erst ihr, dann mir ein.
Nachdem sie fertig war, nahm sie das Glas und trank es aus. Alice wusste, dass sie es austrinken müsste, egal ob freiwillig oder nicht.
"Ich- ich geh kurz auf Toilette."
Gab sie stotternd von sich.
Da stimmte etwas nicht. Kurz nachdem sie die Badtür geschlossen hatte, folgte ich und lauschte an der Badezimmertür.
Ja, es musste wohl krank wirken, jedoch war ich mir sehr sicher, dass etwas nicht stimmte. Es war still. Dann hörte man das Geräusch von Erbrechen.
Nein, nein, nein, nein. Ich öffnete ohne anzuklopfen die Tür und sie zuckte zusammen. In schnellen Schritten lief ich zu ihr und zog sie sacht weg. Das konnte nicht ihr ernst sein. Ich holte einen Lappen aus der selben Schublade wie gestern, feuchtete ihn an und wischte ihr über den Mund. Ich war voller Wut und Zorn, obwohl sie nichts für ihr Handeln konnte. Doch sie konnte mit mir reden. Ich zog sie hoch, brachte sie dazu, sich den Mund auszuwaschen und setzte sie samt dem restlichen, noch vorhandenen Rührei in's Wohnzimmer.
"Iss das auf. Langsam. Wenn du es nicht tust, werde ich es herausfinden."
Sagte ich streng und begab mich in's Bad um ihr warmes Badewasser einzulassen. Ich würde sie so schnell nicht mehr allein leben lassen. Und da ich nur 3 Häuser entfernt wohne, wird das kein Problem sein. Ich ging zu Alice und setzte mich neben sie. Den Blick ununterbrochen auf ihr und die Gedanken durcheinander. Sie aß. Good.
Mein Blick schweifte durch den Raum. Alles war voller Malereien. Aber schöner, sauberer, künstlerischer als die eines Kindes. Wunderschön.
"Hast du das alles gemalt?"
Mein Blick wieder auf sie gerichtet. Sie nickte.
"Das sieht wunderschön aus."
Sprach ich erstaunt.
"Danke."
Kam flüsternd zurück.
"Du bist dir bewusst, dass ich dich so schnell nicht mehr allein lassen werde?"
Sie schwieg. Süß.
Ich schaute mich wieder um. Ein großer Fernseher hing an der Wand. Die Möbel alle weiß und mit LED-Lichterketten bekleidet. Schick.
Eine Tür, die zu einer süßen Terrasse führte. Ich stand auf, lief zu dieser Tür und zog die Gardinen beiseite. Alice' Blicke in meinem Rücken. Die Terasse voller Pflanzen. Sogar Bonsai Bäume. Die gingen bei mir schon immer ein. Ich beneidete Alice. Es sah alles perfekt und schön aus. Wahnsinn. Dieses Mädchen war so zerbrochen, so verwirrt und in Gedanken gefesselt und dennoch kann sie sowas erschaffen? Das ist irre.
Ich schloss die Gardinen wieder und drehte mich zu Alice. Sie schaute wieder schnell auf ihren Teller. Erwischt. Sie hatte gestarrt.
Ich ließ meinen Blick wieder durch's Wohnzimmer schweifen und blieb beim weißen Klavier hängen. Daneben eine Gitarre stehend. Das ist doch nicht wahr. Ich setzte mich an's Klavier und strich über die Tasten.
"Kannst du es?"
"Huh?"
Sie war wieder in Gedanken gewesen.
"Na, spielen?"
"Achso, ja."
Sagte sie eiskalt. Als wäre es so unbesonders wie nichts anderes.
"Allerdings keine Gitarre."
Mein Blick fiel auf die Gitarre. Ich griff nach ihr und fing einfach an zu spielen. Und zu singen. Alice fing an zu staunen.
"I don't believe that anybody feels the way I do about you now.."
Bis ich abrupt stoppte, die Gitarre beiseite stellte und in's Bad rannte.
"Fuck, fuck, fuck!"
Rief ich.
Das Bad stand unter Wasser. Okay, das war übertrieben, jedoch war das Wasser übergelaufen. Verdammt. Ich drehte es ab.
"Was kannst du eigentlich, du Nichtsnutz.."
Meldete sich mal wieder Jonny.
"Halt die Fresse."
murmelte ich.
Ich wurde wütend. Plötzlich hörte ich ein zuckersüßes Kichern hinter mir. Ich fing sofort an zu lächeln, als wäre nichts gewesen. Keine Stimme da gewesen.
"Öhi Alice, nicht auslachen."
Ich schmollte.
Sie grinste wie ein kleines Kind zu Weihnachten, setzte sich einfach auf den nassen Boden und spielte mit dem dazugehörigen Schaum. Ich setzte mich einfach zu ihr und spielte mit ihr. Sie wirkte so glücklich, unbeschwert, ohne Sorgen. Der fast fremde Junge mit dem fast fremden Mädchen auf dem Badboden, mit Schaum spielend. Tolles Szenario. Da war ich mir sicher. Ich betrachtete ihren Verband und gefühlt ploppten 50 Fragezeichen über meinem Kopf auf. Ich schob alle Fragen beiseite und widmete mich wieder Alice. Sie begnügte sich weiterhin mit Schaum.
Wie ein kleines Kind..

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