„Dies ist die Mailbox von-"
Weiter kam die monotone Frauenstimme am anderen Ende der Leitung nicht, da ich frustriert auflegte.
Die Mailbox. Mal wieder.
So lief das schon seit Wochen und so langsam fing ich an mir Sorgen zu machen. Momentan aber, war ich definitiv wütend und enttäuscht zu gleich.
11 Monate, 9 Tage, 16 Stunden und 3 Minuten. So lange hatte ich sie nicht mehr gesehen. Und nun stand ich da, mit meinem Koffer und etlichen Taschen bepackt und wartete. Wohlbemerkt wartete ich seit mittlerweile zwei Stunden und hatte so langsam die Hoffnung auf ein romantisches- oder zumindest irgendein Wiedersehen aufgegeben. Sie kam nicht- mit dieser Tatsache musste ich mich nun abfinden. Also hievte ich meine Taschen über die Schultern, packte mit der anderen Hand den Griff meines Koffers und verließ den Flughafen um draußen ein Taxi herbeizuwinken. Tatsächlich wurde eines auf mich aufmerksam, fuhr näher zum Bürgersteig heran und ein freundlich wirkender Mann stieg aus, um mir beim Beladen des Kofferraums behilflich zu sein. Im Wagen erläuterte ich ihm kurz die Route, er nickte und fuhr daraufhin los. Und dann holten mich die Gedanken ein, die ich die ganze Zeit zu verdrängen versucht hatte: War ihr etwas zugestoßen? Oder hatte ihr Handy bloß den Geist aufgegeben? Wieso hatte sie über eine Woche lang meine Anrufe und Nachriten ignoriert, geschweige denn sich bei mir gemeldet? Merkwürdig. Dieses Verhalten sah ihr nicht ähnlich. Ich beschloss mir bis zu Hause keine weiteren Gedanken mehr zu machen und verbrachte die restliche Autofahrt damit, die nun grün werdende Landschaft aus dem Fenster zu betrachten.
Als der Wagen endlich zum Stehen kam bezahlte ich, stieg aus, öffnete den Kofferraum und stellte meine Taschen und Koffer auf dem rechts neben mir liegenden Bürgersteig ab. Kaum, dass das Taxi in die nächste Straße eingebogen war, raste ich förmlich zur Tür des Hauses Nummer dreizehn. Klar war ich immer noch ziemlich enttäuscht von ihr, aber Tatsache war, dass ich sie seit knapp einem Jahr nicht mehr gesehen- und sie dementsprechend auch vermisst hatte. Ich fuhr mir noch ein letztes Mal durch die Haare, zupfte mein Shirt zurecht und betätigte die Klingel.
Niemand öffnete.
Ich beschloss noch einmal zu klingeln, doch auch dieses Mal wieder vergeblich. Nach dem fünftem Mal öffnete sich die Tür dann tatsächlich- doch ich sah nicht etwa wie erwartet meine Freundin, sondern eine ältere, geschätzt knapp über sechzig jährige Dame in ihr stehen. Mein Blick schweifte zwischen ihr und der Hausnummer um auch ganz sicher zu gehen nicht an der falschen Haustür geklingelt zu haben. Doch egal wie oft ich das Nummern-Schild anguckte- es blieb eine dreizehn. Anscheinend hatte die Frau meinen verdutzten Blick wahrgenommen, denn nach kurzer Zeit begrüßte sie mich und fragte mich, ob ich denn etwas oder jemanden suchen würde. Ich antwortete zunächst mit einem kurzen Nicken, erläuterte ihr aber daraufhin, dass ich geklingelt hätte in der Annahme meine Freundin hier, in eigentlich ihrem Haus vorzufinden. Die Dame hörte mir aufmerksam zu und legte nach meiner Aussage die Stirn in Falten. „Entschuldigen Sie bitte, aber ich glaube ich kann Ihnen nicht behilflich sein. Der Name Ihrer Freundin sagt mir leider nichts und was es dieses Haus anbelangt- es wurde vor zwei Monaten an mich verkauft. Ich wünsche Ihnen trotzdem noch einen angenehmen Tag"
Verkauft?
Wohin war sie gezogen?
Wieso wusste ich nichts davon?
Die Tür schloss sich und ich blieb wie betäubt vor ihr stehen.