ZWEI

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„Mason? Wo um alles in der Welt steckst du? Hier spricht übrigens dein bester Kumpel im Namen aller deiner Freunde, die eigentlich heute bei dir eingeladen sind. Und weißt du was Lustiges passiert ist? DU BIST NICHT DA. Tolle Aktion. Ausreden, falls vorhanden, bitte jetzt äußern."

Fuck. Fuck, Fuck, Fuck und nochmal: Fuck.

Ich hatte sie komplett vergessen. Nach der Begegnung mit Destiny war ich so überwältigt von meinen Gefühlen gewesen, dass ich bloß hastig zur Kasse gesprintet war, mit einem viel zu großem Geldschein bezahlt hatte und nach Hause gedüst war um mich fertig zu machen.

„Du kannst auch einfach nichts sagen. Auch okay. Wir schlagen dann einfach schon mal unser Lager auf, singen paar nette Lagerfeuerlieder zusammen und warten noch mal eine Stunde, bis der Herr sich dazu erbarmt wohlbemerkt SEINE Gäste, ins Haus zu lassen."

„Hör zu Malcom, es tut mir unnormal leid. Ehrlich man. Ich hab sie heute endlich wieder gefunden und bin jetzt gleich mit ihr verabredet. Bitte guck einfach, dass ihr-"

Weiter kam ich nicht.

„Mason hat ein Date? Und dann auch noch mit einem Mädchen? Krass, nicht nur das er doch nicht schwul ist, er ist auch tatsächlich nicht asexuell. Find ich super Mason!"

Hat er nicht gemacht, oder?

„Mal hast du mich allen Ernstes auf Lautsprecher getan? Dein verdammter Ernst? Und Maya: Nur weil ich nicht so wie du, zwei Kondompackungen am Tag verbrauche, heißt das nicht, dass ich asexuell bin. Zudem kannst du das Wort asexuell wahrscheinlich noch nicht mal buchstabieren. Was ich eigentlich sagen wollte bevor ich von Mayas geistreichem Kommentar unterbrochen wurde: Malcom bitte sieh zu, dass ihr den heutigen Abend ausnahmsweise mal bei dir verbringt. Ich hab nämlich echt keine Ahnung wann ich heute nach Hause komme, geschweige denn wie ich dann gelaunt sein werde. Ich hoffe mal, dass du die Pizzen unter deinem Sofa mittlerweile entsorgt hast. Das hoffe ich wirklich. Nicht nur für dich, sondern auch für den Rest. Sorry nochmal Leute!"

Nachdem ich aufgelegt hatte, warf ich einen Blick auf das Display um mich zu vergewissern, dass ich immer noch pünktlich war.

19:45 Uhr.

Beruhigt ließ ich mein Handy in die linke Hosentasche wandern. Nur um es daraufhin gleich wieder rauszuholen und wiederholt einen Blick auf das Display zu werfen.

19:45 Uhr. Immer noch.

Zur Ablenkung stellte ich das Radio an und verbrachte die nächsten zehn Minuten dann schließlich damit, mir die Frage zu stellen ob ich denn nun lieber vor der Tür, hinter der Tür, auf unserem Platz oder auf dem Parkplatz auf sie warten sollte.

Ich entschied mich für die Variante ''Ich warte im Auto, analysiere jedes einzelne Auto das in den Parkplatz biegt und warte bis die Person, die aus einem dieser Autos aussteigt auf den Namen Destiny hört''

Und meiner Meinung nach beschrieb das Wort ''warten'' dieses ganze Szenario perfekt. Denn ich wartete. Und wie ich wartete.

20:15 Uhr. Und immer noch keine Destiny in Sicht.

Aber ich gab die Hoffnung nicht auf. Und genau das war das mörderische an dem Ganzen. Die Hoffnung. Ich würde Hoffnung als seelische Folter bezeichnen. Es gab nichts Schlimmeres als diese kleine Flamme im Inneren eines Menschen, die auf Wärme hoffte um größer zu werden.

Doch. Vielleicht gab es tatsächlich etwas schlimmeres als das. Schlimmer als das war wahrscheinlich nur noch die kleine Flamme im Inneren eines Menschen, die auf eben diese Wärme hoffte, aber ganz genau wusste, dass sie sie nicht bekommen würde. Zu klein um weiter zu hoffen, auf der anderen Seite jedoch zu groß, um einfach zu erlöschen.

Und genau so ging es mir im Moment mit Destiny.

20:30 Uhr. Keine Destiny weit und breit.

20:45 Uhr. Immer noch keine Destiny.

20:55 Uhr. Wiederholt: Keine Destiny.

Um kurz nach 22 Uhr platzte mir dann endgültig der Kragen. Ich war wütend. Und wie ich das war. Aber vor allen Dingen war ich enttäuscht. So unglaublich enttäuscht. Enttäuscht von ihr, enttäuscht von meinem Schicksal und zu guter Letzt auch ordentlich enttäuscht von mir selbst.

Ich hatte tatsächlich geglaubt, dass heute der Tag sei. Der Tag der großen Aussprache. Nachdem ich über fünf Jahre lang vergeblich nach ihr gesucht hatte. Über fünf Jahre lang nicht gewusst hatte wo sie war, wie es ihr ging, warum sie mich auf diese Art und Weise verlassen hatte, wie sie es eben getan hatte und eine der Fragen, die man sich immer nur kurz stellte um sie danach im selben Augenblick wieder zu verdrängen weil sie so schrecklich waren, dass man sie sich gar nicht vorstellen wollte: Ob sie überhaupt noch am Leben war. Ich dachte, dass ich heute Antworten auf all die ungeklärten Fragen bekommen würde. Dass sie heute endlich Licht ins Dunkle bringen würde.

Tja Mason, falsch gedacht. Ich Idiot. Ich unfassbar naiver Idiot.

Vor lauter unterdrückter Wut, ballte ich meine linke Hand zu einer Faust und schlug einmal ordentlich auf die Hupe. Nicht nur einmal. Auch zweimal. Ein drittes Mal war auch noch drin, danach sollte es aber wahrscheinlich genug sein. Ein Seniorenpärchen, das wenige Meter vor meinem Auto Hand in Hand zu ihrem Auto lief hatte schon damit begonnen, wild mit den Fäusten in der Luft zu wedeln und mich nebenbei auch noch lauthals zu beschimpfen. Sollten sie doch. Ich hatte den Abend nämlich noch genügend Zeit, da meine eigentliche Verabredung mich mal wieder sitzen gelassen hatte.

Frustriert knallte ich meinen Kopf gegen die Kopflehne. Und jetzt? Zu Malcom würde ich jetzt ganz sicher nicht fahren, dafür hatte ich momentan nämlich weder Lust noch Nerven. Den Abend allein zu Hause zu verbringen und in Selbstmitleid unterzugehen, hörte sich auch nicht gerade verlockend an.

Also hörte ich auf meinen Instinkt. Ich steckte kurzerhand den Schlüssel aus, packte meinen Laptop vom Beifahrersitz und bewegte mich Richtung Bailey's Eingang.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 20, 2022 ⏰

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