Kapitel 2

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"Scheiße", war das einzige, was mir im ersten Moment einfiel. Und dann:

"So ein Spast, was fällt dem eigentlich ein, mich über den Haufen zu rennen! Hat der eigentlich noch alle Tassen im Schrank? Jetzt kann ich hier Ewigkeiten auf den nächsten ICE warten oder wie?", schrie ich aufgebracht über den leeren Bahnhof.

Eine Taube, die sich nach hier unten verirrt hatte, flog erschrocken auf. Ich spürte über mir einen Luftzug und weg war sie.

Unschlüssig stand ich da und überlegte, was ich jetzt tun sollte. Ich ging zur nächsten Bank, stellte den Koffer ab und nahm den Rucksack runter.

Plötzlich verharrte ich in der Bewegung und starrte noch unten. Diese scheiß Taube hatte mir nicht ernsthaft auf den Rucksack geschissen?

"Du Mistvieh!", brüllte ich in die Richtung, in der sie verschwunden war, und ließ mich erschöpft auf die Bank sinken. Notdürftig wischte ich mit einem Taschentuch über die Stelle, doch ein weißer Fleck blieb. Es war einfach nur widerlich.

Nachdem ich noch kurz ins Leere gestarrt hatte, holte ich mein Handy raus und suchte nach einem Zug, der mich nach Hause bringen konnte. Erleichtert sah ich, dass in knapp einer Stunde bereits wieder ein passender ICE kommen würde. Allerdings würde ich einmal umsteigen müssen, was aber zeitlich nicht viel ausmachte.

Erleichtert stand ich auf, nahm mein Gepäck und lief zur Rolltreppe. Hier unten war es so verlassen und irgendwie unheimlich. Lieber wollte ich mir oben am Bahnhof noch etwas zu essen kaufen und dann rechtzeitig wieder herkommen.

Der Berliner Hauptbahnhof war riesig. Er erstreckte sich über unzählige Etagen, auf denen jeweils viele verschiedene Shops waren. Die meisten waren Bäckereien und Fast Food Läden. Es gab auch ein paar Souvenirshops und andere Geschäfte. Unschlüssig schlenderte ich überall dran vorbei und sah mir das Angebot an. Letztendlich kaufte ich mir einen Blueberry-Muffin und einen Becher mit Obstsalat.

20 Minuten vor Abfahrt des Zuges stand ich schon wieder unten am Bahnhof. Zur Sicherheit. Nochmal wollte ich ihn nicht verpassen. Der Muffin schmeckte gut, das Obst hob ich mir für die Fahrt auf.

Und während ich da so dasaß und wartete, kam mir der blonde Junge wieder in den Sinn, der mich vorhin umgerannt hatte. War er überhaupt blond gewesen? Ich war mir nicht sicher. Das Einzige, was ich hundertprozentig sagen konnte, war, dass er blaue Augen gehabt hatte. Und was für blaue Augen.

Eigentlich sollte ich wütend auf den Typ sein. Wütend, weil ich durch ihn den Zug verpasst hatte, doch das einzige, woran ich denken konnte, waren seine blauen Augen.

'Himmel, Lilly. Komm mal runter', sagte ich innerlich zu mir. Konnte es sein, dass er - bzw. seine Augen - mich an irgendjemanden erinnerten? Eine Weile saß ich grübelnd da, doch als der Zug einfuhr, war ich immer noch so schlau wie vorher.

Schweigend stand ich auf und hievte mein Gepäck in den Zug. Glücklicherweise fand ich direkt einen Sitzplatz, da insgesamt nicht viele Leute da waren. Warum auch, warum sollten sie aus Berlin wegfahren. Ich würde ja auch viel lieber hier bleiben.

~

Die Fahrt verlief ohne weitere Zwischenfälle, es gab keinerlei Verspätung und der Anschlusszug fuhr pünktlich ab.

Am späten Nachmittag stieg ich dann endgültig aus dem Zug und legte noch einen kurzen Sprint zum Bus hin, der gleich abfahren würde. Nach etwa 10 Minuten Fahrt hielt er an der Station, die nur etwa 200 Meter von unserem Haus entfernt war, und ich stieg aus.

Auch wenn ich mich gesträubt hatte, Berlin zu verlassen, genoss ich die Ruhe und frische Luft, die mir entgegenschlug. Langsam lief ich den Fußweg entlang und sah mich um. Vereinzelte Bäume säumten die Straße und in den Gärten blühten Blumen. Mein Blick fiel in den Himmel und sofort beschleunigte ich meine Schritte. Es sah aus, als ob es gleich anfangen würde zu regnen und in der Ferne vernahm ich leichtes Donnergrollen.

Wie das Schicksal es will (Niall Horan/1D FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt