Prolog

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Die Brust der Frau hob und senkte sich rasch. Immer wieder sah sie nervös aus dem Fenster des fahrenden Taxis, bis sie sich wieder ihrem schlafenden Kind zuwandte und ihm über die Stirn streichelte. James hatte ihr befohlen zu fliehen. Sie hatte noch hören können, wie die Haustür durch einen Bombada zerschmettert wurde, als sie aus der Hintertür des Hauses floh. Unter dem Tarnumhang von James war sie bis zum nächsten Taxistand gerannt und nun fuhren sie.

Aber aufatmen konnte Lily immer noch nicht.

Sie wusste genau, dass sie und Harry noch nicht sicher waren. Der dunkle Lord kannte sie und ihre Magie und würde nicht langen brauchen, um sie aufzuspüren. Und bei Freunden und Verwandten würde er zuerst nach ihr suchen. Wo als würden sie beide, oder zuimndest Harry sicher sein?

"Auf der dunklen Seite..." wisperte sie zu sich selbst.

"Wie bitte?" fragte der Fahrer.

"Ach, nichts." erwiderte sie rasch und abweisend. "Mmh...kennen Sie Spinners End?"

"Nein. Wollen Sie dorthin?"

"Ja, bitte."

"In Ordnung. Ich gebe es nur schnell auf dem Navi ein. Wie lautet die Straße?"

"Spinners End reicht schon, danke."

"Wie  Sie wolle." Der Fahrer zuckte mit den Schultern und tippte mit für Lily viel zu langsamen Bewegungen die Buchstaben in das Navigationsgerät ein. Sie fuhren weiter.

-

Nach knapp zwei Stunden erreichten sie endlich die kleine Stadt. Die Frau war nervös gewesen. Jeden Augenblick hatte sie befürchtet, dass Todesser sie einholen oder Voldemort sie finden könnten. Sie stieg aus, als das Taxi hielt.

"Warten sie hier." bat sie und lief los. Harry hielt sie fest umklammert.

Es hatte nicht geschneit in Spinners End. Es war einfach nur dunkel und eiskalt. In der klaren, eisigen Nachtluft kam es ihr so vor, als wären die leisen Schritte ihrer Schuhe ein lautes Schaben, Kratzen und Dröhhnen auf dem Asphalt.

Sie wusste noch, wo das Haus stand. Dennoch war sie erst zweimal hier gewesen und das zweite Mal war lange her. Als sie ihr Ziel erreichte, blieb sie für ein paar Sekunden in einem leisen Moment des Zögerns stehen, ehe sie die Stufe zur Haustür hinauf hechtete und klopfte. Drinnen brannte noch Licht.

"Bittebitte Severus...mach auf...bitte." flüsterte sie zu sich selbst.

Ihrem Wunsch gleich wurde die Tür geöffnet. Snapes erste Reaktion war wie erwartet. Seine für ihn so typische, emotionslose Maske fiel ihm vom Gesicht und wurde ersetzt durch einen Ausdruck des Schocks und der Verwirrung.

"...Hi." sagte Lily nach ein paar Sekunden des Schweigens. Irgendwas musste sie ja sagen.

"Lily...was...machst du hier? Du solltest nicht hier sein."

Ja. Sie hätte eigentlich gar nicht hier sein sollen. Genauer gesagt hätte sie tot sein sollen.

„Ich konnte entkommen. Mehr ist vorerst unwichtig, bitte lass mich rein!"

Angst schwang deutlich in ihrer Stimme mit und Severus trat schnell beiseite, damit sie in das Haus huschen konnte. Ihm war das kleine Bündel in ihrem Arm nicht entgangen, aber vorerst ignorierte er es. Für einen kurzen Moment konnte Lily aufatmen, als sie sich erschöpft auf eines der zwei schwarzen Sofas im Wohnzimmer setzte. Snape folgte ihr langsam und setzte sich in seinen Sessel ihr gegenüber.

„Was ist jetzt passiert...?" fragte er langsam. Er musste sich beherrschen sie nicht fest in den Arm zu nehmen und auf mögliche Verletzungen zu untersuchen. Stattdessen musste er sich auf eine eingehende Beobachtung beschränken.

Ihre rotbraunen Haare fielen ihr leicht zerzaust ins Gesicht, ihre grünen Augen waren von Sorge und Müdigkeit geprägt und bereits jetzt bahnten sich Augenringe an.

Dennoch war sie schön wie eh und je.

Ihre Stimme zitterte, als sie endlich sprach:„Ich...ich musste fliehen, James, er...er ist zurück geblieben, er wollte es gegen ihn aufnehmen.", Sie pausierte kurz.

"Ich...weiß nicht ob er überlebt hat.", sagte sie schließlich leise. „Auf jeden Fall kann ich nicht bleiben. Ich muss weg und ich will niemanden in Gefahr bringen. Severus ich...ich muss dich um einen großen Gefallen bitten."

Ihre Augen, die sie eben noch zu Boden gerichtet hatte, richtete sie nun auf ihn. Noch schwieg der Zaubertrankmeister, doch er nickte, um ihr zu bedeuten, dass sie fortfahren konnte.

„Also...ich muss dich bitten Harry aufzunehmen."

Snapes Herzschlag setzte einen Moment aus. „Nein." antwortete er prompt.

„Severus, bitte!"

„Nein."

„Ich weiß aber nicht wo ich sonst hin kann! Ich kann fast niemandem trauen, ich weiß nicht, ob James noch lebt, ich weiß nicht, ob ich lange überleben werde und ich will ihn an einem sicherem Ort wissen!"

„Es gibt DENKBAR bessere Orte als diesen und du wirst NICHT sterben!" fuhr er sie an.

„Du weißt nicht ob ich sterben werde! ...Niemand weiß das." Lily stand auf, ging zu ihm und nahm sein Gesicht sanft in ihre Hände.

„Bitte.", ersuchte sie ihn ein letztes Mal. „Ich weiß, dass er es bei dir gut haben wird. Ich weiß, dass du dir Mühe geben wirst. Und egal was du von dir und von diesem Ort denkst; keines von beidem ist schlecht." Sie lächelte.

Severus Snape konnte sie kaum ansehen. Er würde immer alles für Lily tun. Wirklich alles. Aber das? Konnte er das? War er dieser Aufgabe gewachsen? Er hatte einen Kloß im Hals, ihm war übel und er schwitzte. Nicht nur dass das Baby weiterhin in Gefahr wäre, sondern auch er selbst! Sollte jemals einer der Todesser herausfinden, dass er den jungen Potter beherbergte, dann würde er so lange vom Dunklen Lord gefoltert werden, bis er den Verstand verlor und nicht einmal mehr seinen eigenen Namen röcheln konnte, bis er umgebracht wurde.

Ein Schauder lief ihm über den Rücken, dann sah er Lily wieder an. Seine Lily. Für ihn war sie das schon immer gewesen. Und sie jetzt zu verraten...was hatte er davon? Er würde sich selbst nur für immer hassen.

„Ich nehme ihn und passe auf ihn auf. Versprochen."

Lily blinzelte. Als könne sie es für eine kleine Sekunde nicht fassen. Dann lächelte sie wieder und umarmte ihn mit Freuden- und gleichzeitig Schmerzenstränen in den Augen.

„Danke.", flüsterte sie. „Ich danke dir." Sie atmete tief durch. „Dann...hier." Vorsichtig nahm sie ihren Sohn hoch und gab ihn Severus, welcher ihn etwas umständlich entgegen nahm und dabei mit dem Mundwinkel zuckte.

„Ich weiß du kriegst das hin. Ich vertraue dir."

„Ich versuche mein Bestes..."

Lily stand auf. „Ich muss dann weg. Sie könnten mir jetzt schon auf den Versen sein, ich darf nicht länger bleiben."

Kurz durchzuckte es Snape. Einerseits vor Enttäuschung, andererseits vor tiefer Sorge um ihr Wohlergehen. Er erhob sich ebenfalls.

„Pass auf dich auf."

„Mach ich." Sie lächelte gezwungen, während sie zur Tür ging und sie öffnete. Draußen hatte es nun doch angefangen zu schneien und etwas wirbelte durch den Luftzug herein.

Noch einmal drehte sie sich um. „Ich danke dir. So unendlich sehr."

„Danke mir erst, wenn du wieder da bist und siehst, dass es ihm gut geht."

Sie konnte darauf nichts erwidern außer einem traurigen Blick. Dann trat sie hinaus die die klirrend kalte Nacht und schloss die Tür hinter sich und das Einzige, was noch von Lily Evans zurück blieb, waren ein paar Schneeflocken auf der Fußmatte.

The man behind the maskWo Geschichten leben. Entdecke jetzt