Kapitel 2

28 2 1
                                    

Meine Eltern waren wohl nicht zu Hause und so beeilte ich mich um vor allen anderen im Stall zu sein. Eigentlich fuhr ich bei schönem Wetter immer mit dem Fahrrad, aber mit dem Bus brauchte ich nur 10 Minuten. Für mich gab es nichts schöneres, als den Tag im Stall zu verbringen, hier verlief die Zeit einfach anders als zu Hause. Man hatte keinen Stress und keine Sorgen, alles lies man am Tor zurück wenn man den Stall betrat. Als aller erstes machte ich mich auf die Suche nach meinem Pony Mandy, diese stand wahrscheinlich noch auf eine der großen Wiesen. Unser Stall war mit nur 35 Boxen eher klein. Viele von ihnen standen im Sommer leer, da nur die Turnierpferde nachts ihre Zeit dort verbrachten. Hoffentlich steht Mandy nicht ganz hinten wenn ich jetzt komme. Ich hatte wirklich keine Lust jetzt noch 15 Minuten quer über die Wiese zu rennen, um sie hinter einer Hecke aufzulesen. Aber nein, als ich vom Stall über die Anhöhe hinter der Heuscheune ging, konnte ich Mandy schon wartend am Tor vorfinden. Als hätte sie gewusst, dass ich auf dem Weg war.

Im Schritt umrundeten wir auf dem neuen Reitweg unser Grundstück. Dieser führte einmal komplett um die eine Hälfte des Hofes und den dazugehörigen Weiden. Am Wochenende hatte ich wieder Turnier, dieses mal jedoch nur Dressur. Die Aufgabe dafür kannte ich schon auswendig, ein-zwei Lektionen waren jedoch noch nicht ganz so gefestigt. Nach der Schrittrunde ging ich auf den Platz, nahm die Zügel etwas auf und trabte an. Mandy ist ein sehr sensibles Pony was die Zügelführung angeht, aber ansonsten butterweich zu reiten. Nach ein paar Runden auf gebogenen Linien merkte ich, wie sie den Hals fallen lies und den Rücken aufwölbte. In Dehnungshaltung schnaubte sie schließlich zufrieden ab. Man kann es gar nicht wirklich beschreiben was für ein Glücksgefühl es ist sich mit seinem Pferd so verbunden zu fühlen. Wenn es auf die kleinsten Hilfen reagiert und man nur etwas denken musste. Alles klappte, egal ob das zurückführen nach dem Mitteltrab oder die ganzen Paraden. Ich fühlte mich wie auf Wolken, als würden Mandy und ich über den Boden schweben. Liebevoll klopfte ich ihren Hals, als wir fertig waren. So stark hatte ich mich noch nie mit ihr verbunden gefühlt! Noch zwei Tage, dann zeigte sich ob wir es auf dem Turnier genauso zusammen schaffen würden.

Mandy gehörte mir nun schon seit 4 Jahren. Ich hatte sie mit 10 zum Geburtstag bekommen und mich riesig gefreut. Vom Reiterwettbewerb bis hin zur ADressur haben wir schon viele Siege errungen. Seit zwei Jahren habe ich nun auch Flick Flack an meiner Seite. Sie macht ihrem Namen alle Ehre! Wirklich warm geworden bin ich mit ihr leider noch nicht, aber auch mit ihr habe ich Siege im E Bereich.

,,Hey Amira, seit wann bist du denn schon hier? Musst du Flick Flack noch reiten? Wenn ja können wir ja zusammen eine Runde im Wald drehen!" Klara war jetzt auch im Stall und sah mich abwartend an, sie war einer der wenigen Einstaller bei uns. ,,Ich hab mich zu Hause beeilt um schnell hier sein zu können. Wenn du kurz auf mich wartest bringe ich Mandy eben auf die Wiese zurück und hole Flick Flack." ,,Klar keinen Stress, meine Mum holt mich erst in 3 Stunden wieder ab." Klara war nur zwei Jahre älter als ich und wir unternahmen sehr viel zusammen am Stall. Mit ihr konnte man wirklich über alles lachen, auch wenn man manchmal deutlich merken konnte, dass ihre Eltern reich waren und sie als einziges Kind sehr verwöhnten. Ich nahm Mandy den Sattel ab und streichelte ihren feuchten Hals. Das hasst du heute super gemacht, ich bin stolz so ein Pony wie dich zu haben. Langsam streifte ich die Trense ab, sie lies das Gebiss aus ihrem Maul fallen und schaute mich zufrieden an. Habt ihr schon einmal eurem Tier in die Augen geschaut und genau gewusst was sie in diesem Moment dachten? Ich wusste einfach das Mandy wirklich zufrieden war. Nicht aufgrund meiner Zufriedenheit, sondern weil sie ebenso glücklich über das Training war wie ich. ,,Halooo, Erde an Amira - rumtrödeln solltest du nicht!" Mit ihrer gebräunten Hand wedelte Klara vor meiner Nase herum. Extrem unfair, dass ihr Vater Spanier war und sie deshalb selbst im Winter nie blass aussah. Meine alabasterfarbende Haut nahm überhaupt keine Farbe an, selbst einen Sonnenbrand hatte ich noch nie.

Flick Flack ist ein Fall für sich. Bei ihr kann man nie vorhersagen, ob das nächste Sandkorn für sie gefährlich aussah und sie in eine Ecke flüchten lässt. Potential für den Sport hatte sie genug aber Genie und Wahnsinn lagen bei ihr wirklich gefährlich nah beieinander. Gesattelt und getrenst ging es an den Wiesen entlang zum Waldgebiet. ,,Und was gibt's bei dir neues?" Klara, die vor mir ritt, drehte sich in ihrem Sattel um. ,,Ach nicht viel, wir haben einen neuen Schüler in unsere Klasse bekommen und er musste sich ausgerechnet neben mich setzten", ich verdrehte die Augen. Das nervte mich immer noch sehr. ,,Echt? Und wie sieht er aus? Ist er nett?" ,,Braune Haare, blaue Augen ca. 1,80m groß und ja eigentlich ist er ganz nett, auf jeden Fall hat er mir in Mathe geholfen. Ach und sportlich ist er auch: Wir hatten in der letzten Stunde Sport und er hat alle anderen Jungs alt aussehen lassen!" ,,Wow, na vielleicht ist er ja was für dich?" Klara zwinkerte mir zu, drehte sich um und gab auf der kommenden Galoppstrecke Gas. ,,Hey! Ich hab eh keine Zeit für so etwas! Na warte dich krieg ich noch!" Lachend galoppierten wir hintereinander her, ich möchte wirklich nirgendswo anders sein als in diesem Augenblick auf dem Pferd. Es gibt nichts besseres als im Galopp durch den Wald zu jagen, die Sonne durch das Blätterdach zu spüren und den Wind im Gesicht zu haben!

,,Und wie läuft es bei dir und Nick so?" Am langen Zügel ritten wir durch den Sand zurück, neben uns verlief ein Wanderweg auf dem auch jetzt sehr viele Leute mit Kindern und Hunden unterwegs waren. Stirnrunzelnd senkte Klara den Blick und starrte auf ihre Hände. ,,...Naja....Ich weiß auch nicht so genau, ich glaube die Luft ist raus bei uns. Ich habe einfach nicht mehr das Gefühl, dass es noch lange was mit uns ist" Sie hob den Kopf und schaute mich mit Tränen in den Augen an. ,,Oh nein! Ihr passt doch so gut zusammen. Vielleicht ist es einfach nur der Alltag, der euch ein bisschen einholt." ,,ja vielleicht hast du recht."  Um sie auf andere Gedanken zu bringen sprach ich den morgigen Tag an ,,Wir können gerne wieder zusammenreiten wenn du möchtest." ,,Ja gerne. Ich hab mit Louie eh kein Turnier am Wochenende." Looping Louie ist ihr Westfalenwallach, ihre Eltern haben ihn vor zwei Jahren von uns gekauft. Der Dunkelbraune war wirklich super lieb und sprang wunderbar, für die Dressur hatte er allerdings nicht genügend Elan. Die Hufe der Pferde klangen laut auf dem Betonboden der Scheune, wir hielten an und sprangen vom Pferd. Ich klopfte Flick Flack den Hals, bevor ich sie absattelte und in die Box gehen ließ. Vollgepackt mit Sattel und Trense machte ich mich auf dem Weg zur Sattelkammer: ,, Wir sehen uns Morgen um 15Uhr im Stall. Ciao!" ,,Ja bis morgen und beeil dich sonst verpasst du deinen Bus doch noch!" Klara stand noch bei ihrem Pferd und lachte mich an. ,,Immerhin hab ich noch 5 Minuten bis er kommt - das schaff ich locker!" Damit eilte ich mit großen Schritten in die Sattelkammer und ließ alles am Sattelhalter hängen. Schnell wechselte ich die Schuhe und schaute auf die Uhr: 2 Minuten noch.

Gerade als ich um die letzte Ecke lief kam der Bus von hinten angefahren und hielt neben mir an der Haltestelle. Schwer atmend setzte ich mich, nachdem ich beim Ticket vorgezeigt hatte, auf einen der vorderen Plätze. Ich versuchte meinen Atem wieder zu regulieren und schloss die Augen. Auf einmal spürte ich eine Hand auf der Schulter, erschrocken drehte ich mich um und riss die Augen auf als ich erkannte wer hinter mir saß....

-------------------------------------------------------------------------------------

Na was glaubt ihr wer im Bus aufgetaucht ist?

;)


Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 12, 2018 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Das Zeichen des PegasusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt