Die Schweißtropfen sammeln sich auf meiner Stirn. Zitternd wische ich sie weg. Meine Augen huschen nervös umher. Mittlerweile ist es draußen noch dunkler geworden. Ich stehe auf und schalte mit wackelnden Knien das Licht an.
Ich kann das nicht mehr.'E wie Ende'
Ja, ich bin am Ende. Diese Übung hat mir nicht geholfen, besser mit meiner Taubheit umzugehen. Aber sie hat mir eine Lösung aufgezeigt.
Auch wenn sie schrecklich ist.'R wir Regentropfen'
Ich weine. Die Tränen kullern wie Regentropfen über meine Wangen und fallen schließlich auf den Zettel. Die Tinte verwischt. Kleine blaue Kleckse bilden sich. Irgendwie haben sie etwas Beruhigendes.'T wie Tatsache'
Es ist unumgänglich. Ich bin taub. Aber will es nicht mehr sein. Mir bleibt nichts anderes übrig, als eine entscheidende Tatsache zu ändern.'A wie Angst'
Schon wieder verspüre ich sie. Angst, die sich durch meine Adern frisst und in meinem Herzen einnistet. Sie vertreibt alles andere. Lässt nur noch Leere zurück und hält mich gefangen. Egal wie sehr ich mich wehre, das Netz lockert sich nicht. Die eisernen Ketten klappern lediglich provozierend.'U wie Unfall' oder
'U wie Unwetter'
Mit einem Unfall und einem Unwetter begann mein stilles Leben.
Und bei einem weiteren Unwetter wird es endgültig verstummen.
Ein Zeichen.
Schicksal.'B wie Brief'
Ich greife zu Stift und Papier und schreibe. Hektisch und schnell. Ich will keine Zeit verlieren und kritzele alles hin, was mir in den Sinn kommt.
Nach einer Weile betrachte ich mein Werk. Ich habe echt eine Sauklaue. Trotzdem hoffe ich, dass man es lesen kann. Ich unterschreibe nicht. Nur eine Träne tropft auf das Papier und lässt die Tinte ein weiteres Mal verlaufen.
Zu Letzt schreibe ich die Adressaten auf den Briefumschlag. Es sind nicht viele.
Aber wichtige.
Mein Füller kleckst. Erneut entwischt eine Träne meinem Auge.
Bevor es zu viele werden können, widme ich mich dem nächsten und letzten Buchstaben.
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Ertaubt - Ein stummes Leben
Short Story》E R T A U B T《 Sieben tintenblaue Buchstaben. Sieben passende Wörter. Ein Schicksal. In einem stummen Leben gefangen, schreit eine gebrochene Seele verzweifelt nach Hilfe. | Doch wenn man sich selbst nicht mehr hören kann, wie sollen es dann andere...