Wir stehen vor der Wand ,mit all den Farben
und sein Gesicht sagt mir ,er will hier nicht sein.
Ich sehe ihm seine Verwirrung an.
"Stell dir das Rauschen des Meeres vor und
erinnere dich an das Gefühl des platschenden Wassers auf deiner Haut.
Das ist die Farbe blau."
Sein unsicherer Ausdruck wandelt sich in Erstaunen um.
"Jetzt denk an das Gefühl von Rosenblättern in deiner Hand.
Du streichelst mit deinem Finger sanft über die etwas pelzige Oberfläche. Spürst du dieses Gefühl?"
Er nickte kaum merkbar.
"Das ist die Farbe rot."
Seine Aufmerksam ist ganz dem Bild gewidmet.
Er wendet sich nicht eine Sekunde zu mir.
"Konzentriere dich auf das Gefühl von Sonnenstrahlen auf deiner Haut. Denk an nichts anderes."
Ich bemerke wie er sich sanft über seine nackten Arme streichelt. Er verinnerlicht mein Gesagtes.
"Das ist die Farbe gelb."
Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen.
Er versteht mich nicht.
"Denk an Zitronen."
Er nickte.
"Der Geruch von frisch geriebenen Zitronenschalen.
Dieser säuerlich und gleichzeitig lieblichen Geruch.
Ich weiß ,es klingt paradox aber riechst du es?"
Er nickte schnell.
Ich sehe wie seine Augenbrauen sich entspannen.
"Versetz dich in deine Kindheit zurück.
Du sitzt im Garten
und dein Papa mäht Rasen.
Erinnerst du dich an den Geruch?"
Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, bei dem Gedanken an diesen kleinen aber bedeutenden Augenblick.
Ich schmunzelte ,weil er fast vergessen hatte zu reagieren.
Er fasste sich schnell und nickte ganz aufgeregt.
"Das ist die Farbe grün."
Ich sehe sein verwundertes Gesicht.
Ich muss grinsen.
"Orange ,die Farbe für die wir wieder in deine Kindheit gehen ok?"
Er dreht sich ruckartig zu mir ,so dass ich Angst hatte er würde sich seinen Nacken brechen.
Nickte dann aber langsam.
"Du wachst am Wochenende ,morgens in der Früh, durch einen Geruch auf. Du reibst dir verschlafen die Augen, tapst die Treppen herunter und siehst deine Mama bereits wach in der Küche stehen.
Du setzt dich an den liebevoll gedeckten Tisch.
Deine Mutter stellt ein volles Glas vor dich und lächelt dich herzlich an.
Du setzt das Glas an deine Lippen und der frischgepresste Orangensaft fließt deinen Hals hinunter.
Erinnerst du dich an den Geschmack?"
Seine Mundwinkel zuckten nach oben und ein riesiges Grinsen bildet sich auf seinem Gesicht.
Er bewegt seinen Kopf voller Euphorie auf und ab.
"Das ist die Farbe orange."Ich sehe wie angespannt sein Gesicht ist als ich meinen letzten Satz zu Ende gesprochen hatte..
Doch er realisierte ,dass die Welt nicht nur schwarz und weiß ist..
Die Leinwand vor ihm wird farbig.
Und sein Leben ist bunt.Er hat eine Menge zu verarbeiten.
Ich dreh mich um. Wollte gerade gehen als ich mit einem Ruck in die dankbarste Umarmung in meinem Leben gezogen wurde.
Er flüstert ein leises "Danke ,dass du Farbe auf meine Leinwand gebracht hast." in mein Ohr.
Ich muss noch mehr grinsen als er sich wieder löste und sich den anderen Bildern zu wendet und diese aufgeregt mustert.
Ich klopfe ihm noch einmal kurz auf die Schulter,
bevor ich mich entferne."Bisweilen stelle ich mir die Farben als lebendige Gedanken vor, Wesen reiner Vernunft, mit denen ich mich auseinandersetzen kann."
Paul Cézanne
(1839 - 1906), französischer Maler