"Cadal" - Der Schlaf

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Einige Tage ist es jetzt schon her, dass meine Mutter ermordet wurde. Ja, ermordet, dessen bin ich mir ganz sicher. Denn - Meine Mutter wird sich wohl kaum selbst den Finger abgeschnitten haben, oder? Was den Rest meiner Familie angeht, so weiß ich nicht, wie sie zu dem Tod Bridgets stehen, denn ich habe mit ihnen nicht darüber geredet. Wie auch? Nachdem sie vor meinen Augen gestorben war, erinnere ich mich noch daran, wie ich, noch unter Schock und fast vollkommen emotionslos nach Hawthorne Castle gelaufen bin, meinen Vater aus dem Schlaf gerissen habe und mit ihm zurück dorthin gelaufen bin. Danach reißt mein Gedächtnisfaden ab - bis zu den Erinnerungen daran, wie ich stundenlang, ja tagelang durch mein Zimmer getigert bin und abwechselnd gegrübelt oder geschrien habe. Nur geweint habe ich nicht, und dafür hasse ich mich mehr als alles andere auf der Welt. Wie kann man derart herzlos sein, um über den Tod der eigenen Mutter nicht zu weinen? Ich weiß es nicht. Aber die Tränen wollen einfach nicht kommen.

Wer könnte meiner Mutter so etwas antun wollen? Und vor allem warum? Hatte meine Mutter Feinde? Warum wurde ihr ein Finger abgetrennt? Allein bei dem Gedanken an diese unbeantworteten Fragen wird mir übel, und ich muss mein Denken in andere Richtungen lenken. Auf der anderen Seite erfüllt mich ein unbändiger Zorn, ein unbezähmbarer Hass auf die Person, die ihr das angetan hat.
Und es gibt nur einen Weg, diese Wut zu kanalisieren:

Rache.

Blassgrau wie der Ozean [nicht beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt