Mit dem Koffer in der einen Hand krame ich den Schlüssel aus meiner Hosentasche und schließe erwartungsvoll den Raum auf. Mit einem leisen klacken öffnet sich die Türe und ich trete hinein. Verdutzt schaue ich mich um und gehe langsam zu dem leeren Bett. Dort angekommen stelle ich meine Koffer ab und sehe mich weiter um. Die andere Seite dieses Zimmers ist mit Klamotten übersät und es liegen überall Dinge rum, die die Sicht auf den mit Holzdielen verlegten Boden versperrt. Da soll mal jemand sagen, Mädchen besitzen mehr Klamotten als Jungs. Die Wände sind mit Postern von Mir unbekannten Leuten bekleistert.
Etwas überrumpelt suche ich die mir versprochenen Badezimmertüre mit dem dementsprechendem Bad dahinter. Unter tausenden von Poster zeigt eine silberne, jedoch schon abgenutzte, Türklinge, welche ich daraufhin leicht zögernd runterdrücke.
Sobald ich in den Raum trete werde ich von Zigaretten Rauch umhüllt und muss als Endresultat kräftig husten.
"Jooooooo", werde ich von einem vollkommen bekleideten in der Badewanne liegendem Typen begrüßt. Wenn das mein Mitbewohner sein soll, werden die Semester definitiv ein Spaß.
"Ich bim's Raaaaaay", brabbelt der völlig bekiffte Typ und steigt tropfend aus der Wanne heraus. Ich reiche ihm dezent verstört ein Handtuch welches auf einer Anlage direkt neben mir liegt. Dankend nimmt er es an und setzt sich auf den Wannenrand, wobei er beinahe in diese hinein fällt. Mit entwicht ein kleiner Lacher und ich setze mich auf den Hocker, der bis gerade noch unter dem Waschbecken stand.
"Chain", bringe ich heraus und blicke ihn erwartungsvoll an.
"Hääää ?", gluckst Ray.
"Mein Name", ergänze ich. Ray schweigt und blickt starr an mir vorbei.
Unter seiner Sitzposition sammelt sich das triefende Wasser, welches Tröpfchen Weise von ihm herab fällt.
Zögernd blicke ich ihn an senke meinen Blick aber auch wieder schnell. Man, ist der Stoned.
"Ich gehe mal auspacken", werfe ich in den stillen Raum und gehe ohne eine Antwort seinerseits rückwärts aus dem Bad heraus.
Was ist das denn für ein verrückter ? Das kann ja lustig werden.
Im Zimmer angekommen, Geselle ich mich sofort zu meinen Koffer und beginne ihn auszupacken.
Hinter der Badezimmertüre höre ich ein lautes plätschern welches ich ignoriere und mich wieder mit dem auspacken beschäftige. Ich muss sagen, das war die seltsamste Bekanntmachung die ich wohl je erlebt habe und erleben werde.
Kopfschüttelnd öffne ich den leeren Schrank und packe meine Klamotten allesamt auf einen Stapel, ich habs nicht so mit Ordentlichkeit. Hosen, Shirts, Pullis, Boxershorts, alles in eine Schublade und die Sache ist getan.
Danach mache ich mich an die restliche Einrichtung des Zimmers. Viel kann ich hier auch nicht mehr retten, denke ich mir. Plötzlich klopft es an der Türe. Einmal, zweimal.
Und sobald ich mich versehen habe herein zu sagen, geht sie auch schon auf und ein etwas älterer Mann mit Anzug und Krawatte betritt den Raum.
"Direktor Owne", schüttelt er mir die Hand.
"Chain Dewys", entgegne ich ihm. Als Bestätigung nickt er einmal kurz und schließt dann die Türe hinter sich.
"Ich muss mit dir die Regeln des Hauses besprechen, bevor du dich hier herumlungerst. Es gibt eine Nachtruhe, welche um zehn Uhr eintrifft, danach wird nicht mehr aus den Zimmern gegangen. Ab halb zwölf wird ohne Aufforderung geschlafen und jeden Morgen beginnt der Unterricht um viertel nach Acht. Kein Alkohol, keine Zigaretten oder ähnliche Rauschmittel. Und die Handys werden abgegeben. Es gibt an jedem Samstag Sprechzeiten, an denen ihr euer Handy wiederbekommt. Abends ist um halb sieben Abendessen, dort habt ihr alle zu erscheinen es sei denn ihr wollt euch euer Essen selber anrichten mit eurer nicht vorhandenen Küche.
Ist das Verstanden ?", rattert er herunter.
Ha, Sprechzeiten. Mit wem soll ich denn reden ? Mit meinem Vater, der zuhause zugedröhnt seinen Rausch ausschläft ? Ganz sicher nicht.
Nur als Bestätigung das ist alles verstanden habe, nicke ich einmal kurz auf.
"Wie heißt das", entgegnet er streng.
"Ja Herr Owne, ich habe verstanden"
"Gut, dann her mit dem Handy.", sagt er starr.
Ich krame in meinem Sweatshirt nach dem Handy und gebe es ihm leicht zögernd. Ohne noch ein Wort zu sagen verschwindet er aus der Türe. Man, war der streng, ich hoffe das legt sich im Laufe der Tage.
"Hat der alte sich gerade vorgestellt ? Den darfst du nicht so ernst nehmen, er hat eigentlich ein weiches Herz.", stürzt Ray aus dem Bad und fällt rückwärts auf einen Berg voller Klamotten.
Lachend helfe ich ihm auf und setzte ihn auf sein Bett. Dankend nickt er mir zu und lässt sich daraufhin nach hinten fallen.
"Wusstest du, das früher die Dinos durch den Wüstenregen, der durch einen Meteoriten erstanden ist, welcher in" - blende ich sein Gerede geschickt aus.
Ray redet irgendwas von Amphibien und wie schwer zu erkennen, das Aussterben der Dinosaurier. Das man bekifft überhaupt noch irgendwas sinnvolles heraus bringen kann, wundert mich stark.
Ich gehe zurück zu meinem Bett und krame aus dem Koffer meine Kulturtasche, die sich aus einem Fetzen Stoff zusammensetzt und schleiche damit ins Bad. Damit der Rauch verschwindet, schalte ich die Abzugshaube des Badezimmers an und schalte nebenbei für Dusche an. So vermischt sich der Rauch mit dem Dunst der Dusche und kann gemeinsam heraus treten. Das habe ich früher immer bei meinem Vater gesehen, damit ich nicht mitbekomme das er nebenbei auch noch raucht. Doch dies hat mich nicht sonderlich gestört.
Meine Zahnputz - Sachen räume ich samt der Cremes aus und lege sie auf den letzten freien Platz der Ablage neben dem Waschbecken.
Zufrieden gehe ich zurück ins Zimmer und erblicke Ray, welcher schnarchend auf dem Boden liegt.
17:56 Uhr, zeigt meine Armbanduhr an. Eine halbe Stunde noch um ich muss zum Abendessen erscheinen. Ray scheint nicht mitzukommen. Schade, er hätte mir viel zeigen können. Jetzt muss ich wohl oder übel den Speisesaal alleine suchen. Und dazu habe ich ein ausgeprägtes Talent. Nunja, ich werde mich wahrscheinlich hinter dem wohl nächsten Flur verlaufen und irgendwann im Mädchenflur auskommen. Das kann man bei mir nicht vermeiden.
Orientierungssinn, gleich Null.
Seufzend mache ich mich auf den Weg, ich möchte an meinem ersten Tag bloß nicht zu spät kommen und einen schlechten Eindruck hinterlassen.
Kaum auf dem nächsten Flur angelangt, sehne ich mich auch schon nach einem Wegplan des gesamten Gebäudes. Ich komme mir vor wie eine Maus im Labyrinth, welche vergeblich den Käse sucht.
An einer Wand gelehnt entdecke ich ein Mädchen. Langsam gehe ich auf sie zu. Sie besitzt langes rotes Haar welches an ihrer dünnen Figur auf einen schwarzen Kleid herunter fällt.
Fasziniert stelle ich mir vor sie und sie schenkt mir einen Blick. Ihre Giftgrünen Augen bohren sich in meine. Auf ihren Lippen ziert sich ein leichtes Lächeln.
Sie ist wunderschön.
"Ähm Entschuldigung, ich suche den Speisesaal. Bin neu, kannst du mir vielleicht weiterhelfen?", frage ich schüchtern. "Ach, mein Name ist Chain", ergänze ich.
Ohne ein Wort zu sagen nickt sie mir zu und geht voraus.
"Keight, aber nenn' mich bitte Spring", sagt die während sie geht.
"Spring, schöner Name", entgegne ich ihr.
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Frühlingsnebel
Teen FictionSie zeigt so viel, doch man weiss so wenig über sie. Sie ist anders als sie scheint. Sie ist das Mädchen im Nebel. Ich schätze Menschen die verletzlich sind, denn sie haben eine Seele. - MARC TUDISCO