Abpfiff

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Antoine wollte, nein, konnte es gar nicht glauben: das Tor von Eder hätte er, wenn er es denn hätte machen können, ungeschehen gemacht. Er wollte es nicht realisieren, dass seine Träume, seine extremen Anstrengungen, jede extrem ernst genommene Trainingseinheit, in der er es als Pflicht ansah, seine eigentlich schon optimale Beweglichkeit, mentale Stärke, Präzision - kurz gesagt sein fußballerisches Können - noch mindestens zu verdoppeln. Alle Momente, die alles von ihm gefordert hatten, als Fußballer und auch von menschlicher Seite, verschwammen langsam und wurden nebensächlich. Doch das Spiel lief noch, auch wenn mit die Chancen auf einen Ausgleich, somit also auch auf den EM-Titel, mit jedem Fehlpass, mit jeder mangelnden Manndeckung, und jeder verstreichenden Minute in die Ferne rückten, blieb Antoine optimistisch und versuchte, aus seiner Mannschaft, vor allem aber aus sich, nochmal alles herauszuholen.

ABPFIFF

"Das wars!", dachte Grizi. "Meine zweite Niederlage in einem großen Finale - erst das verlorene Endspiel der Champions League gegen Real Madrid, jetzt auch noch die zweite, deutlich schlimmere gegen Portugal. Dabei habe ich so hart geackert und gekämpft; in jeder Trainingseinheit, in jedem Spiel, in jeder Extra-Einheit im Fitnessstudio. Ich habe immer versucht, mich zu steigern, mich in allen Bereichen zu übertreffen - Agilität, Spielverständnis, Analyse der Gegenspieler. Wir hatten Hoffnungen, gute Chancen. Und doch kommt am Ende die bittere Realität. Grizi, reiß dich zusammen, du hast dein Bestes gegeben, das zählt. Willst du dir echt deine positive Grundeinstellung von einer zugegeben niederschmetternden Niederlage nehmen lassen. Nicht Siege, Medaillen und Pokale machen dich aus. Es ist deine Liebe zum Fußball, deine unzerstörbare Leidenschaft für etwas, bei dem du viele Freunde gewonnen hast und das dein Leben unglaublich bereichert hat - in allen Bereichen. Außerdem kannst du dich immer noch verbessern, du darfst nur nicht aufgeben, du musst einfach deine Leidenschaft für den Fußball aufrechterhaten, hart an dir arbeiten und dich noch mehr verbessern. Jetzt bloß nicht verzweifeln."

Antoine ging zu seinen Mitspielern und versuchte, sie zu trösten. Dennoch ging er auch zu den Portugiesen, bedankte sich für das nervenaufreibende Spiel, vor allem in der Nachspielzeit, und versank danach erneut in Gedanken. Er dachte an seine Tochter, sein vom Terror erschüttertes Land, seine Familie, und entschloss sich, ihnen zuliebe, aber vor allem für sich selbst und seine Grundeinstellung gegenüber anderen und des Fußballs, ab sofort so hart zu arbeiten wie nur möglich. Das sollte sowohl seine Psyche als auch seine Physis betreffen; er wollte sich einfach nur steigern, egal wie hart es werden würde, er würde es schaffen. Sonst wäre er nicht Antoine Griezmann, und sonst, so empfand er es zumindest, hätte er seine Position in der Nationalmannschaft, aber auch seinen Status bei seinen Fans, die er unglaublich wertschätzte, nicht verdient. Und das wollte er um jeden Preis verhindern.

Antoine Griezmann - nach der EMWo Geschichten leben. Entdecke jetzt