Der Brabbler

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Beim Gehen bemerkte der Junge das seine Klamotten steif vor Nässe waren und auch das seine Körpertemperatur unter der Norm war. Sein Atem bildete feine Wölkchen und jeder Herzschlag schien ihm eine Ewigkeit her zu sein. Er stolperte einfach gerade aus. Ohne sich nach rechts oder links umzudrehen, denn was hätte es denn gebracht? Er hätte nur Ruinen und Nebelwände gesehen. Auch den Boden wollte er nicht angucken, doch hin und wieder musste er, obwohl er Gefahr lief menschliche Überreste zu sehen. Aber was wäre schlimmer, sie zu sehen oder in sie hineinzutreten? Oder noch schlimmer, sich durch sie einen Knochen brechen und neben ihnen zu verenden? Der Gedanke bereitete ihm Angst und er stolperte eilig weiter. Die Kälte begann ihm langsam in der Lunge weh zu tun. War es so kalt gewesen als es passiert ist? Seinen Klamotten nach zu urteilen war es das nicht. Aber seine Erinnerung nach zu urteilen war es das schon. Es war immer so kalt gewesen. Ein Teil von ihm wusste, dass das nicht stimmen konnte und Panik stieg in ihm auf. Er stolperte über einen Ast, fing sich und beschloss dann eine Pause einzulegen. Sein Herz schlug immer noch viel zu langsam, obwohl er sich angestrengt hatte. Obwohl er Panik hatte. Tränen der Verzweiflung sammelten sich in seinen Augen und sie waren kurz davor ihr nasses Bett zu verlassen, als den Jungen etwas stocken lies.
Ein brabbeln.
Klare Worte ohne die Fessel eines Satzes, in ihrer Freiheit und Bedeutung völlig unbeeinflusst. Die Worte flossen von den Lippen eines alten Mannes, mit zerrissenen Klamotten und einem dreckigen Vollbart. Aber er brabbelte mit einer Begeisterung die den Jungen faszinierte.
"Apfel", sagte er und lachte den Jungen an. Zögernd erwiderte dieser das Lächeln und der Mann drückte dem Jungen einen Apfel in die Hand. Er wiederholte das Wort in jeder möglichen Tonlage zu der sein Körper entstande war und lachte über die Töne die über seine Lippen kamen. Der Junge starte ihn fassungslos und fasziniert an. Zögernd brachte er auch das Wort über die Lippen:
" Apfel "
Der Mann klatschte vor Freude in die Hände und sang ein Weilchen das Wort vor sich hin. Der kleine Junge hatte während dessen begonnen den Apfel zu essen. Er schmeckte wie ihm noch nie zu vor ein Apfel geschmeckt hatte - nämlich nach Apfel. Bisher hatte er nur Äpfel aus Supermärkten gegessen und er war fest davon über zeugt das sie irgendwo dort auch wuchsen. Vielleicht unter dem Supermarkt. Doch dieser Apfel war anders und beherzt aß er ihn auf. Der andere Mann brabbelte glücklich etwas vor sich hin. Als er damit fertig war beugte er sich zu den Jungen rüber und er roch den fauligen Atem des Mannes und blickte in dessen hellbraune Augen. Sein Bartwuchs reichte fast bis zu seinen Augen, welche von dunklen Rändern umgeben waren sowie von Falten verziert. Seine hellen Lippen öffneten sich und ließen nur ein Wort heraus:
"Apfel."

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