Kapitel 1

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Es war bereits 18 Jahre her, seit der schicksalhaften Nacht, in der Lenn's Eltern gestorben waren. Lenn war inzwischen 27, was man aber nicht erkannte, da er seit dieser Nacht eine Maske trug, um seine Identität geheim zu halten und vorallem um sein entstelltes Gesicht zu verbergen. Er hatte die Maske seit Jahren nicht im Beisein eines Lebewesens abgelegt. Er war inzwischen ein sehr bekannter Hexenjäger. Oder besser gesagt der Hexenjäger. Er hatte sich zu dem Gesicht der Hexenjäger entwickelt. Doch die Hexe, die seine Eltern umgebracht hatte, blieb ihm seit jener Nacht verborgen. Er wusste jedoch, wenn er weitersuchen würde, würde er sie eines Tages ergreifen und ihr ihre gerechte Strafe zuteilen.

Es war ein kalter Herbstmorgen als Lenn durch die Gassen von Berlin streifte. Bedeckt von einem schwarzen Umhang nutzte er die Schatten und die dunklen Stellen der Gebäude aus um sich unbehelligt fortzubewegen. Er wusste genau wohin er seine Füße setzen musste um so lautlos wie möglich voranzukommen. Er nahm die Kapuze des Umhangs ab und trat vor eine Tür mit einer altmodischen und fast nicht mehr lesbaren Aufschrift: "Totenbescheinigung". Er drückte die Türklinke nach unten und verschwand in blauen Nebelschwaden.

Im Inneren des Raumes fing die Erde an zu beben, was Lenn jedoch kaum wahrnahm. Möbel, Besteck und alles was nicht niet- und nagelfest war bewegte sich durch den Raum und schien sich neu zu sortieren. Lenn kümmerte das aber wenig und er lief weiter durch den sich formenden Raum, als er plötzlich etwas hörte und mit einem Reflex nach rechts griff. In der Hand ein Bolzen einer Armbrust. "Irgendwann bring ich dich um. Du hast mir einen mächtigen Schreck eingejagt." Die Stimme war mit einem russischen Akzent versehen. "Du sollst doch nicht immer auf meinen Kopf zielen, Konstantin!" Konstantin war nicht irgendjemand! Er war der meistgesuchte Hexenjäger! Und das nicht umsonst, denn er hatte eine Fähigkeit! Er konnte Hexen durch Visionen aufspüren! Nur sehr wenige und sehr mächtige Hexen konnten seiner Fähigkeit entgehen.  Er machte ein paar Schritte Rückwärts und ließ sich in einen großen schwarzen Sessel  fallen. Er verdrückte ein Lachen. "Was machst du überhaupt hier?" "Darf man heutzutage nicht einmal mehr einen alten Freund besuchen?" Das Lachen verschwand aus Konstantins Gesicht und verwandelte sich zu einem ernsten Gesichtsausdruck. "Dir ist bewusst, dass meine Kraft nur begrenzt ist? Dass wäre das dritte mal in dieser Woche, dass du nach meiner Fähigkeit fragst! Es würde Wochen dauern, bis meine Kräfte sich regenerieren würden." Er legte einen Sehnsuchtsvollen Blick auf und fragte: "Wie viel bekommst du bezahlt?" Anstatt einer Antwort, drehte Lenn sich zu einem vernagelten Fenster und suchte in seiner Tasche nach einem Päckchen. Er packte es und warf es über seine Schulter auf den Tisch, der vor dem Sessel stand. Konstantin beugte sich nach vorne um das Päckchen anzuschauen. Er öffnete es und streifte mit den Fingern durch die Geldscheine. "Wie viel ist das?" Lenn schaute Konstantin tief in die Augen und antwortete dann: "20.000€ und das ist nur eine Anzahlung! Wir bekommen weitere 50.000€, wenn wir das Ganze durchziehen!" Bevor Konstantin etwas erwidern konnte sagte Lenn schnell: "Das würde unsere Geldsorgen für ein paar Monate vergessen lassen." Konstantin machte eine überlegende Miene und schaute auf seine kleine Bibliothek, vor der Lenn stand.

Die Tür mit der Aufschrift "Totenbescheinigung" wurde aufgemacht und Lenn trat durch den blauen Nebel, der ihn vorhin verschluckt hatte. Doch dieses Mal war er nicht in der Seitengasse in Berlin. Er war in einer Gasse in einer kleinen Stadt namens Kehl. Durch den Zauber, der die Welt dahinter beschützte konnte er diese Tür immer dort öffnen wo er wollte. Er musste nur den Zauberspruch aufsagen.
Ereut drew tenffeoeg
Ihm war nicht bewusst, dass er mit einer sehr großen Macht spielte, denn die Hexen waren nicht die einzige Gefahr. Es gab viel mehr. Jedoch war es Lenn schon immer bewusst, dass es mehr gab, als nur Hexen. Etwas bereitete ihm Unbehagen und das war nicht sein Job als Hexenjäger oder die damit verbundene Gefahr der Hexen. Es gab eine Macht, die nur darauf wartete sich der Welt zu zeigen und sie mit einem Hieb zu zerschlagen.

Green FireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt