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*überarbeitet; 31.10.2021*

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Im Licht des Vollmondes, das durch das Fenster fiel, schlich ich auf Zehenspitzen aus meinem Zimmer, die Treppe hinunter und in Richtung Tür. Der Boden knarrte leise unter meinen Füßen, obwohl ich ein Fliegengewicht war. Aber das Haus war alt und für irgendwelche Neuerungen fehlten meiner Familie die Mittel. Die schwere Arbeit, die meine Eltern als Bauern täglich verrichteten, ließ sie nachts glücklicherweise tief und fest schlafen. Das erlaubte mir, mich unentdeckt nach draußen zu schleichen und mich im naheliegenden Wald mit Rylan zu treffen. Es war Sommer und die Nacht lau, sodass ich mir nicht die Mühe gemacht hatte, mein Nachthemd gegen ordentliche Kleidung zu tauschen. Ich liebte das Gefühl der leichten Brise auf meiner Haut und in meinen Haaren. Als ich an unserem üblichen Treffpunkt ankam, war von Rylan noch nichts zu sehen. Das ließ mir etwas Zeit, um einer meiner Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen. Ich näher an einen Baum heran, dessen große Wurzeln teilweise über die Erde herausragten. Vor einer dieser Wurzeln kniete ich mich nieder und streckte meinen Arm aus, um das Versteck unter dieser zu ertasten. Erleichtert atmete ich auf, als meine Fingerspitzen etwas Kaltes berührten und nicht etwa die Zähne eines Waldbewohners. Meine Finger legten sich um den Gegenstand und zogen ihn aus seinem Versteck. Das Gewicht des Wurfmessers in meiner Hand war angenehm und ein Lächeln legte sich auf mein Gesicht, als ich mit dem Finger über mein kostbarstes Eigentum strich. Ich stand auf und sah mich um. Mein Blick blieb an einem großen Pilz hängen, der an einem Baum in etwa zehn Metern Entfernung wuchs. Ich nahm ihn ins Visier und nahm einen sicheren Stand ein.

Einatmen. Ausatmen. Dank des Lichts des Vollmondes, das sich zwischen den Bäumen einen Weg bis zum Boden bahnte, konnte ich den Pilz genau ausmachen und mich auf mein Ziel konzentrieren. Ich drehte das Wurfmesser in der rechten Hand, bis ich den perfekten Griff hatte, stoppte und ließ es im nächsten Moment auf mein Ziel zurasen. Blitzschnell schoss es durch die Nacht und ein dumpfes Geräusch verriet mir, dass der Flug abrupt gestoppt wurde. Zufrieden stellte ich fest, dass mein Messer beinahe bis zum Griff im anvisierten Pilz steckte. Als ich mich in Bewegung setzte, um die Waffe wieder herauszuziehen, wurde ich plötzlich von hinten an der Taille gepackt. Ich stieß einen erstickten Schrei aus, doch entspannte mich sofort, als mir zwei Hände durch die Haare wuschelten und ich ein fröhliches „Alles Gute zum Geburtstag, Cecily" hörte. Grinsend drehte ich mich um und schaute in strahlende Augen. Rylan überragte mich um mehr als einen Kopf und hatte eine Statur, die einschüchternd wirken konnte, doch seine warmen braunen Augen ließen ihn nicht ganz so gefährlich wirken. Er war zwanzig Jahre alt und somit schon offiziell Jäger. „Ry, du bist zu spät", begrüßte ich ihn, als ich nebenbei mein Messer aus seinem Ziel zog. Er zuckte entschuldigend mit den Schultern, grinste jedoch weiterhin breit und nahm meine Hand. „Komm mit, heute werden wir die Zeit nutzen und deinen Geburtstag feiern", sagte er und zog mich hinter sich her. Selbst wenn ich versucht hätte, mich zu wehren, wäre ich bei dem Versuch dabei kläglich gescheitert. Wäre ich gestürzt, hätte er mich wahrscheinlich selbst über den Waldboden hinter sich hergezogen. Dennoch versuchte ich Protest einzulegen. Ich konnte meinen Geburtstag nicht leiden und würde besonders diesen achtzehnten einfach verdrängen. Aber Rylan schenkte meinem Widerwillen keinerlei Beachtung und lief mit mir im Schlepptau schnellen Schrittes auf eine Lichtung. Er setzte sich ins Gras und zog mich ebenfalls zu Boden. „Wer weiß, wie viele Geburtstage wir noch miteinander verbringen können, Cecily", sagte er und schaute mir dabei tief in die Augen. Ich meinte, etwas Traurigkeit darin sehen zu können und wusste, dass er diese auch in meinen entdecken konnte. Wir wussten beide, was mich am morgigen Tag erwarten würde.

Unsere Stadt Lapis war wie alle anderen neun Städte von drei Wesen besiedelt. Die Menschen wie meine Eltern und auch Rylan wohnten im Außenring von Lapis und waren entweder Bauern, Jäger, Krieger oder Handwerker. Sie bildeten die unterste Schicht in der Hierarchie. Regiert wurde die Stadt von Imperiden, die im Innenring von Lapis lebten mit dem Palast, der Perle, im Zentrum. Die Imperiden pflegten den Kontakt zu anderen Städten und regelten das Leben und das Zusammenspiel von ganz Lapis. Sie genossen jeden Luxus - ein Wort das uns Menschen fremd war. Alle Aufstände, die es seit jeher gegeben hatte, waren vergebens gewesen. Im Vergleich zu den Imperiden waren wir Menschen machtlos, denn sie unterschieden sich durch etwas Essentielles von uns: Magie. Jeder Imperide hatte sein eigenes Element, seine eigene Stärke. Die mächtigsten unter ihnen, die Königsfamilie, besaßen sogar die Kontrolle über mehr als nur ein Element, so sagte man sich.

Die Flamme - Magie des Feuers (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt