Blind Date (Shindy FF)

Teil 2) Flugmodus

"Du bist ein Fulltimejob, Shindy."

"Ist ja nicht so, als hätte ich den Unfall verursacht.. Sag mir einfach was ich machen soll." Michael hatte dem Taxifahrer ein paar Scheine in die Hand gedrückt, seinen Koffer aus dem verbeulten Kofferraum geholt und war durch den Regen zur nächsten Bushaltestelle gegangen. Seine Schuhe sind hin.

"Ich würde dir ja sagen du kannst den Bus nehmen, aber.."

"Witzig." unterbricht Michael Manu. "Was ist Plan B?"

Manu lacht. "Schick mir deinen Standort, ich organisier dir ein neues Taxi."

"Krieg ich den Flug noch?"

"Nein. Du nimmst den eine Stunde später. Die genauen Daten schick ich dir noch. Um das Interview kümmer ich mich." Sie seufzt. "Und bevor du fragst, ja, es findet statt. Ich verschieb es ein bisschen."

"Danke Siri." Michael zündet sich eine Zigarette an und lässt sich auf die kleine Bank in der Bushaltestelle sinken. "Ich schulde dir was."

"Erzähl mir was Neues."

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"Da muss ein Irrtum vorliegen. Ich fliege Business."

"Tut mir leid, Herr Schindler. Aber das Ticket, das für Sie hinterlegt wurde, ist Economy."

Michael funkelt den AirBerlin-Mitarbeiter wütend an und versucht sich daran zu erinnern, dass es seine Situation nicht verbessern würde, würde er seinem Gegenüber ins Gesicht schlagen. "Dann upgraden Sie mich."

"Tut mir leid.." beginnt der Mitarbeiter erneut und Michael greift seufzend nach seiner Bordkarte. Eine Stunde Flug. Er hat keine Lust mehr sich aufzuregen. Er wird es überleben.

Sein Optimismus ist schnell wieder verflogen, als er in der Wartehalle ankommt und sich gezwungen sieht auf einem Klappstuhl Platz zu nehmen, da er mit seinem Ticket keinen Zutritt zu der exklusiven Wartelounge bekommt. Nicht mal rauchen darf man dort.

"Dicker, ich schwör, das ist Shindy!"

Michael zieht sich grummelnd die Kaputze seines Hoodies in die Stirn, aber es ist zu spät. Zwei dünne pubertäre Jungs kommen auf ihn zugestolpert und zücken noch bevor er reagieren kann ihre Handys. Anscheinend haben diese Kids mittlerweile nicht mal mehr den Anstand nach einem Foto zu fragen. Und dann wundern sie sich, dass er auf jedem dieser Bilder ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter macht.

"Alter, geil, gleich auf Insta posten!"

Michael schüttelt den Kopf. Sie hatten kein Wort zu ihm gesagt. Nichts! Er ist nicht undankbar. Aber an diese Art der Aufmerksamkeit kann er sich einfach nicht gewöhnen. Seinem Ego tut es natürlich gut. Jeder Junge will aussehen wie er und jedes Mädchen macht sich an ihn ran, aber am Ende des Tages bedeutet es nichts.

Als sein Flug aufgerufen wird, steht Michael kopfschüttelnd auf. Diese tiefgründigen Gedanken kommen mit auf die Liste von Dingen für die es an diesem Morgen definitiv noch zu früh ist, und so zieht er seine Kaputze noch tiefer ins Gesicht und drängelt sich kurz darauf mit den anderen Passagieren durch den engen Gang zwischen den Economy-Sitzen.

Als Michael an seinem Platz ankommt, fragt er sich ernsthaft ob er in einer Folge der versteckten Kamera gelandet ist. Die beiden Jungs, die ihn kurz zuvor wie einen Affen im Zoo fotografiert haben, sehen ihn mit einem breiten Grinsen schräg über den Gang an und beglückwünschen sich gegenseitig zu dem unglaublichen Glück, das sie an diesem Morgen zu haben scheinen.

"Ehm, entschuldigung!" Michael dreht sich um und drängelt sich zurück zu einer der hübschen Flugbegleiterinnen.

"Wie kann ich Ihnen helfen?" fragt die dunkelhaarige Schönheit ihn in einem säuselnden Ton und Michael deutet auf seinen Sitz.

"Ich kann da nicht sitzen." stellt er fest. "Ist hier noch irgendwo ein anderer Sitz frei? Egal wo."

Die Flugbegleiterin sieht ihn unsicher an. "Ich darf das eigentlich nicht machen. Aber warten Sie hier bei mir. Es gibt immer ein paar Leute die nicht auftauchen. Da findet sich schon was."

Kurze Zeit später geleitet sie Michael zu seinem neuen Platz. Am Fenster sitzt ein Anzugträger und sowohl der mittlere Platz als auch der am Gang sind noch frei. Erleichtert lässt Michael sich in den Sitz am Gang sinken und bedankt sich bei der Flugbegleiterin.

"Wenn Sie noch etwas benötigen, lassen Sie es mich wissen." erwidert sie lächelnd und begibt sich wieder in den vorderen Bereich um mit ihren Kollegen die Sicherheitseinweisung zu beginnen.

"Na, fast den Flug verpasst?" fragt der Typ im Anzug und Michael schüttelt den Kopf.

"Nee, scheiß Platz gehabt."

"Das kenn ich. Aber als Vielflieger gewöhnt man sich irgendwann an alles."

Michael nickt, als sein Handy klingelt. Ihm ist nicht nach Konversation mit seinem Sitznachbarn, also nimmt er das Gespräch an.

"Danke für das Holzklassen-Ticket, Siri."

Manu lacht am anderen Ende der Leitung. "Nicht meine Schuld, dass du so spät dran warst. Einen anderen Platz gab es nicht mehr."

"Wir starten gleich. Gibt's was wichtiges?"

"Nein, ich wollte nur hören ob du den Flug bekommen hast. Aber das scheint ja der Fall zu sein. Wir sehen uns nachher!"

Manuela hat schon aufgelegt und so steckt Michael sein Handy schulterzuckend zurück in die Hosentasche, als es erneut klingelt.

Er seufzt, als er Nickys Namen auf dem Display sieht, nimmt den Anruf aber entgegen. "Was gibt's?"

"Bist du schon in Berlin?"

"Warum?" Michael versucht es sich in dem Sitz gemütlich zu machen, aber er fühlt sich wie in einer Sardinenbüchse.

"Weil ich dich sehen wollte." erklärt Nicole mit kindlicher Stimme.

"Entschuldigen Sie, aber Sie müssen das Handy jetzt ausschalten." ermahnt ihn eine der Flugbegleiterinnen und Michael nickt.

"Nicky, gibt es irgendwas wichtiges? Ich muss auflegen."

"Entschuldigung, aber für mich ist das wichtig, okay?"

Michael seufzt. "Ich leg jetzt auf." Er schaltet den Flugmodus an.

"Deine Frau?" fragt sein Sitznachbar grinsend.

Michael schüttelt den Kopf. "Gott sei Dank nicht." Erleichtert stellt er fest, dass das Flugzeug sich endlich in Bewegung setzt und kurz nachdem er den Start, der ihn immer noch bei jedem Flug stresst, hinter sich gebracht hat, setzt er seine Kopfhörer auf und schläft endlich ein.