Klack, klack, klack.
Im ersten Moment tat ich den Laut als eine sinnlose Nebenwirkung meines Traums ab, aber als sich dem dann auch noch ein wütendes „Was zur Hölle?!" hinzufügte und ich ein sehr reales Kissen ins Gesicht bekam, wurde mir klar, dass es sich bei dem Klacken um Steine, die gegen mein Fenster geworfen wurden, und bei dem aufbrausenden Mädchen um meine beste Freundin handeln musste. Widerwillig richtete ich mich auf und rieb mir die Augen. Als sich meine Sicht einigermaßen geklärt hatte, sah ich Richtung Fenster. Im nächsten Moment entfuhr mir schon ein „Nein, Nila! Nicht!". Doch da war es schon zu spät. Nila drehte den Hebel und beugte sich über die Fensterbank nach draußen. Prompt bekam sie eines der Geschosse, das sich als Kieselstein entpuppte, ins Gesicht. „Geht's noch?", keifte sie biestig. Ich vernahm ein kleinlautes „Oh, sorry", als Nila das Fenster schon wieder zu knallte. „Was wollen die beiden?", fragte sie an mich gewandt. „Wir werden es gleich herausfinden." Ich schlüpfte aus meinem Bett, warf mir rasch einen dunklen Oversize - Hoodie über und reichte Nila eine Weste. „Autsch" Sie rieb sich die Stirn. „Eigentlich hast du das verdient, so unsanft wie du mich geweckt hast", grinste ich. „Hey! Mir ging es auch nicht besser." Sie schenkte mir einen giftigen Blick, musste aber ebenfalls ein Lächeln unterdrücken. „Und jetzt lass uns runter gehen, ich will mir noch was gegen den Kater besorgen. Wieso erwischt es eigentlich immer mich? Hattest du jemals einen verdammten Kater?"
„Nö." Sie schnaubte.
„Liegt vielleicht daran, dass du den Alkohol wie Wasser kippst", bemerkte ich.
„Vielleicht", brummte sie. Inzwischen hatten wir es in den Eingangsbereich meines Hauses geschafft. Während Nila in Richtung Bad davon schlurfte, öffnete ich die Tür. Die Zwillinge erwarteten mich bereits. „Und wir dachten schon, du öffnest uns nie die Tür", wurde ich murrend von Xia begrüßt. „Du mich auch. Du hast uns aufgeweckt. Was gibt's denn?"
„Wo ist Nila?"
„Hier." Sie erschien im Türrahmen, wo sie eine Tablette mit Wasser herunterspülte. „Wow. Fängst du jetzt schon morgens mit den Drogen an? Oder sind das nur Kopfschmerztabletten?", bemerkte sie mit einem kurzen Blick auf das Partykleid, das knapp unter ihrer (meiner) Weste hervorlugte. Nila verdrehte nur die Augen. „Verrat mir lieber, wieso du mich geweckt hast. Mal ganz abgesehen davon, dass dein Bruder mit mir Angry Birds gespielt hat." „Tut mir leid, Süße." Dan trat hinter Xia hervor, um Nila's Stirn zu beäugen. „Ouh. Tut mir echt leid", wiederholte er mit schuldbewusster Miene. „Sie wird's überleben", meinte Xia knapp. „Kommt mit, wir machen einen kleinen Ausflug."
„Ist es das, woran ich denke?", fragte ich nun aufgeregt. Auch Nila schien sich zu freuen. „Ja", lachte Xia. „Und jetzt kommt. Heute ist niemand in der Schule. Der Hausmeister und die Putzkolonne waren gestern da."
Einige Minuten später fuhren wir auch schon auf dem Platz hinter unserer neuen Schule vor. Er war wie leergefegt. „Wenn es bloß immer eine so große Auswahl an Parkplätzen gäbe", seufzte Dan.
„Die hättest du, wenn du das Privileg eines höheren Platzes in der Rangordnung der arroganten Snobs genießen würdest. Und das wollen wir ja alle nicht. Und jetzt steig aus, bevor uns noch einer sieht", drängte Nila ungeduldig. „Und wenn du hetero wärst", fügte Xia hinzu, was von Dan mit einem sehr femininen „Tze" beantwortet wurde. Nur einige Momente geschwisterlichen Gezankes später standen wir vor der Haupteingangstür, über der in metallenen Lettern die Worte ‚DERMOUTH SIXTH FORM COLLEGE' prangten, und die von Xia mit einem Schlüssel geöffnet wurde. Auf den heutigen Tag waren wir besonders gespannt gewesen, da wir mit dem Wechsel von der Middleschool auf das Sixth Form College einige neue Bekanntschaften machen durften. „Seit wann tauschst du deinen Dietrich gegen einen normalen Schlüssel ein?", fragte Nila mit einem Stirnrunzeln. Auch ich bemerkte es jetzt. Traditionell brachen wir kurz vor Schulbeginn jedes Jahr in der Schule ein, wobei wir uns Xia's agenten-mäßiger Fähigkeiten bemächtigten. Dieses Mal war nur ein Drehen nötig, um die Glastür aufzuschließen.
DU LIEST GERADE
LILAC
Teen FictionTHINGS HAPPEN - PEOPLE CHANGE Anouk Larsson ist unauffällig. Sie ist zwar nicht unbeliebt und könnte sogar ein heller Stern am Himmel sein, aber sie hat keinerlei Interesse, Mitglied der Möchtegern-Highsociety zu sein. Im Gegenteil: Sie lehnt es str...