IV

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Am selben Tag, allerdings abends, rief meine Mutter mich nach unten. "Mavelyn, komm bitte." Ganz im Gegensatz zu meinen Vater hatte ich mit meiner Mutter nicht so eine liebevolle Beziehung. Das lag vielleicht daran, das Mums Eltern ebenfalls nicht sehr herzlich waren. Denn Mums Großeltern waren alle im Krieg gestorben. Dads Großeltern hatten allerdings am Land gelebt und vom Krieg nicht allzu viel abgekriegt. Schnell rannte ich die Treppe runter, aber leise, den Mom mochte es nicht, wenn man die Stiege runtertrampelte. "Was ist los? Oh, hey, Mike. Was machst du hier?" Mike, mein großer Bruder, ging auf das College und ich sah ihn immer seltener. Daher wunderte es mich sehr, warum er hier war. " Lyn, setz dich lieber hin." meinte er. Kaum saß ich, fing Dad mit einer seiner berüchtigten Reden an. "Mavelyn, du weißt, dass jeder irgendwann einmal sterben muss, oder? Manche früher, manche später. Es ist unser Schiksal, wir wurden dazu auserkoren-" Meine Mutter unterbrach ihn. "Kurzum, deine Kusine Marjorie hat Krebs, schon ziemlich im Endstadium. Wahrscheinlich stirbt sie bald." Sagte sie. Sehr sensibel war sie auch nicht. Marjorie war die erst fünfjährige Tochter meiner Tante Kerry. Sie war ein wahrer Sonnenschein und malte mir manchmal Bilder. Wir sahen uns zwar nicht so oft, aber ihre Diagnose stimmte mich traurig. Nach einer Bestätigung suchend sah ich zu meinen Dad. "Gott pflückt die schönsten Blumen zuerst." sagte er mit einem zögernden Nicken. Ich sah zu Mike. Er sah mich nur an. Ich schüttelte den Kopf. "Nein!" rief ich und lief in mein Zimmer, wo ich mich mit nassen Augen auf das Bett warf und die Wand anstarrte. Mindestens eine halbe Stunde lag ich so da, bis jemand an die Tür klopfte. "Darf ich rein, Lyn?" fragte Mike. Ich nickte, was er zwar nicht sehen konnte, aber anscheinend deutete er die Stille als Ja.Er setzte sich auf meine Bettkante. "Lyn, es bringt sich nichts, wenn du jetzt schon um sie trauerst. Noch lebt sie! Lyn, überleg mal, würde Marjorie das wollen?" Natürlich würde sie das nicht. "Soll ich deinen Freund anrufen? Er könnte dich sicher beruhigen." Meinen Freund? Ich hatte keinen Freund! Ich war Single und glücklich damit. "Mike, von wem redest du?" Er grinste. "Hast du etwa geglaubt, du könntest so etwas von deinem Bruder geheim halten? Dad hat mir erzählt, das du einen Freund hast, Luke. Immerhin warst du letztens ja auch mit ihm aus!" Himmel, waren wir im 18. Jahrhundert? Durfte man nur mit seinem Freund ausgehen? "Er ist nicht mein Freund! Er ist nur ein guter Bekannter!" Er zwinkerte. "Sicher. Ich rufe ihn jetzt an." Sagte er, und schnappte sich mein Handy. "MIKE! MIKE, NEIN!" Schnell ging er ins Bad und sperrte sich ein. Ich war so fertig von der schlechten Nachricht, das ich nicht den Nerv besaß, ihm nachzulaufen. Zehn Minuten später stand Luke in meinem Zimmer und redete mit mir." Weißt du, du wirst darüber hinwegkommen, Mavelyn. Es klingt zwar hart, aber es ist so." Kurz schwiegen wir beide. "Ich glaube, ich schulde dir noch eine Portion Popcorn." sagte er, und zog aus seiner Hosentasche lächelnd eine Tüte mit Maiskörnern. "Bin gleich wieder da." grinste er. Fünf Minuten später war er wieder hier; mit einer Schüssel voll Popcorn."Hier." Ich setzte mich auf und stellte mir die Schüssel auf den Bauch. "Danke." Sagte ich. "Du, Mavelyn, ich wollte dir doch noch etwas erklären, das mit meiner Familie." Ich schüttelte den Kopf." Nicht nötig. Allerdings habe ich da eine andere Frage." Er sah mir in die Augen. "Stell sie." Ich faltete meine Hände und nahm diese Polizeiverhör-Pose ein. "Wo warst du am Tag unseres Dates zwischen neun und zwölf Uhr?" "In der Schule, Madame." Anscheinend hatte auch er den Verhör-Faden aufgegriffen. "Ich meine, von neun Uhr abends und um Mitternacht." Er schluckte. "Daheim." Ich hob eine Augenbraue. "Deine Schwester hat mir da aber etwas ganz anderes erzählt." Er seufzte. "Gut. Wenn du es genau wissen willst: ich war mit meinen Freunden feiern." "Super!Warum nicht gleich so?" Er lächelte. Kirz sah er auf die Wand, als ob ihm etwas eingefallen wäre. Ich schnipste und hatte wieder seine volle Aufmerksamkeit. "Luke, weißt du, du bist ein ganz netter Junge, und auch wirklich nicht hässlich, aber ich möchte nicht, dass du dir weiterhin Hoffnungen machst. Mein Bruder ist ein Idiot, sowas kann er nicht verstehen, aber ich werde dich nicht daten. Mein Einverständnis für das Date wurde durch einer Notlage erzwungen. Luke, es tut mir leid, aber bitte, geh. Such dir ein anderes Date, da draußen sind so viele andere, hübschere Mädchen." Er verzog den Mund zu einem traurigen Lächeln. "Dann bin ich wahrscheinlich auch ein Idiot. Ich verstehe es nämlich auch nicht." Sagte er und ging.









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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 28, 2016 ⏰

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