II

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Klitschnass stieg ich vom Sattel. Luke stand einige Meter von mir entfernt, und der kluge Mensch hatte ja wirklich mitgedacht und einen Regenschirm augespannt. Als er mich sah, lief er auf mich zu. Ich lief ihn entgegen. Immer mehr, die Distanz zu meinem Geliebten wurde immer kürzer, und endlich hielt ich ihn in der Hand - meinen Regenschirm. "Danke, du mein Lebensretter!" flüsterte ich ihm zu. "Mavelyn?" sagte Luke." Mavelyn. Gehen wir rein? Der Film fängt gleich an." Ich nickte, und mit Regenschirm traten wir ins Kino. Während ich den Regenschirm abspannte, ging Luke zur Kasse. "Zweimal Radioactive, und eine große Portion Nachos bitte." bestellte meine Begleitung höflich bei der Frau an der Kassa. "Rad act voll." nuschelte die Kassiererin mit ihrem Kaugummi im Mund. "Wie bitte?" fragte Luke beherrscht. Wäre ich er, hätte ich ihr schon eine geklatscht. Ohne sich die Mühe zu machen (die keine Mühe war), sich den Kaugummi auszuspucken, schrie sie Luke an:" Diggah, biste zu dumm oder was läuft mit dir falsch, hä? Zu dumm zum Hören, was? RADIOAKTIV IST AUSVERKAUFT." Ich sah Luke in die Augen, völlig gelassen stand er da. Mich hätte es längst ausgefädelt. Ich zog ihn bei der Hand raus. Widerwillig ging er mit, allerdings meinte er noch zur Kassiererin:" Der Film heißt Radioactive, nicht Radioaktiv, Lady." Ich konnte nicht anders, ich war von ihm fasziniert. Er war einfach ein Gentleman, und nichts brachte ihn aus der Ruhe. Er war das, was ich als Auge des Sturms bezeichnen würde. Auf dem Weg nach draußen schnappte ich Lukes Regenschirm. Als wir vor dem Kino standen, bedankte Luke sich bei mir. "Danke, dass du mit mir rausgegangen bist. Ich weiß nicht, wie lange das noch gut gegangen wäre." Ich kicherte. (Warte, was? Ich kicherte nicht. Kichern ist ein bescheuertes Wort. Nur Schulschlampen kichern. So, jetzt fühlte ich mich besser.) Nein, ich lachte. "Als ob du auszucken würdest." Lukes Lächeln verging. "Du weißt nicht, zu was ich fähig wäre." Ich fürchtete, ihn beleidigt zu haben. "Luke, so war das nicht gemeint, ich..." Er unterbrach mich. "Hört doch alle mal auf mit eurem Luke. Mein Bruder hätte nie jemanden etwas zu Leide tun können, und doch hat er meine Mam krankenhausreif geschlagen!" Ich war geschockt. Ich wusste, das seine Mam im Krankenhaus war, aber das wusste ich nicht. "Luke, du glaubst jetzt sicher, auch du würdest so etwas machen können, aber du bist nicht er! Du bist Luke! Luke. Luke aus Theater. Luke, mein erstes Date. , der so verdammt gentlemanhaft ist. Kein gewalttätiger Luke!" Ihm reichte es. Glaubte ich jedenfalls, immerhin ist er weggerannt. Ich schnaubte. Ein Talent für dramatische Abgänge hatte er ja. Super. Jetzt stand ich alleine da. Einen Regenschirm in der Hand, vom Versuch, ihn zu beruhigen, noch mit roten Wangen. Mit dem Gedanken daran, dass mein erstes Date geplatzt war, stieg ich auf mein Fahrrad und fuhr damit im Regen nach Hause.

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