3

4.4K 221 93
                                    

Als ich aufwachte war das Bett neben mir kalt und Peter verschwunden. Das war nicht ungewöhnlich, da Peter meistens sehr früh aufstand und dann Bewegung brauchte. Ich vermutete, dass er an den Strand joggen oder surfen gegangen war. Oft stand Peter extra früh auf um die beste Welle zu erwischen. Über diese Sportbesessenheit konnte ich nur den Kopf schütteln. Ich selbst war zwar nicht der unsportlichste, aber trotzdem zog ich ein gutes Buch körperlicher Anstrengung vor. [A/N: So was von ich xD. Wer noch?]

Seufzend setzte ich mich auf und fuhr mir durch meine Haare. Ich schnappte mir meine Brille, die ich am vorigen Abend auf meinen Nachttisch, der neben meinem Bett stand, abgelegt hatte. Als sie auf meiner Nase saß, sah ich meine Umgebung wieder scharf und entdeckte, dass ich ziemlich lang geschlafen hatte. Das Ziffernblatt des Weckers, der ebenfalls auf meinem Nachttisch zu finden war, zeigte 11:43 Uhr. Ich stand auf und ging zu meinem Schrank um mir Klamotten heraus zu nehmen. Die Wahl fiel mir nicht besonders schwer, ich war der Meinung, dass es eh nur zwei wichtige Kriterien bei der Auswahl meiner Kleidung gab: Entweder war es Hoodiewetter oder es war keins, man zog aber trotzdem einen an. Beides lief aufs selbe hinaus. Ich schnappte mir also einen Hoodie und irgendeine Jeans von mir, außerdem natürlich noch frische Unterwäsche und Socken.

Mit meinen Anziehsachen unterm Arm machte ich mich auf den Weg zum Bad, um zu duschen. Dort angekommen zog ich als erstes meine Brille aus, das hatte ich mir angewöhnt, weil ich in manchen Situationen vergaß, dass ich sie noch trug und deswegen schon unzählige meiner Brillen zu Schrott verarbeitet wurden. Es gab da die bekannte "Ich-schieb-mir-die-Brille-in-die-Haare-vergesse-es-und-bücke-mich-um-mir-meinen-Schuh-zuzubinden-erschrecke-mich-vor-der-heruntergefallenen-Brille-und-trete-drauf"-Situation, auch ein Knaller war die "Ich-bin-zu-blöd-um-die-Brille-vor-dem-Ballspielen-auszuziehen-und-bekomme-einen-Ball-so-ins-Gesich-dass-die-Brille-verbogen-wird"-Situation. Außerdem sieht man durch eine nasse Brille bekanntlich nicht so gut.

Nachdem ich mit meiner "Morgenroutine" fertig war lief ich ein Stockwerk tiefer, um mir in der Küche eine Schüssel Cornflakes zu holen. Am Kühlschrank klebte ein Post-it auf dem in der Handschrift meiner Mutter eine kleine Nachricht geschrieben stand: Guten Morgen Robert, wir sind nach LA gefahren und kommen gegen Abend wieder. Hab dich lieb, Mom.

Mit meiner Müslischüssel in der Hand lief ich nach oben und setzte mich an meinen Schreibtisch. Heute war Sonntag und morgen würde ich einen Biologie-Test schreiben, der ziemlich wichtig für meine Endnote werden könnte. Schweren Herzens entschied ich mich dann doch noch ein bisschen zu lernen. Wenigstens bis ich zum Treffen mit den Jungs musste. Just hatte es auf 15 Uhr angesetzt, also blieb mir noch etwas Zeit. Lange konnte ich mich allerdings nicht konzentrieren, was kein Wunder war, da alles in meinem Zimmer nach Peter zu riechen schien. Wie immer wenn er hier war.

Ich versuchte noch eine weitere halbe Stunde mir das Zeug über Genetik in den Kopf zu prügeln, musste aber jeden Satz drei mal lesen bis ich ihn verstand. So machte das Lernen nicht wirklich Spaß und war nicht gerade sinnvoll. Ich machte mir einfach zu viele Gedanken darüber, dass Peter das alles mehr weh tat und schadete als er bereit war zu zeigen. Ich wusste, dass er unter all seinen Problemen litt, aber niemals freiwillig mit allem was ihn runter zog und mit seinen Gefühlen herausrücken würde. Er hatte mir gestern nur die Spitze des Eisberges gezeigt und auch ohne den Rest zu kennen gab es für mich Grund genug mir Sorgen zu machen. Seufzend schloss ich die Augen, Justus würde mir den Stoff später erklären müssen.

Peter PoV 

Ich rannte und rannte. Ich hatte keine Ahnung wie lange schon, aber ich wusste, dass wenn ich stoppte alles zurück kommen würde. Ich hatte das Gefühl, ich könnte, wenn ich nur schnell genug war, vor meinen Problemen und den damit verbundenen Gefühlen, im wahrsten sinne des Wortes, davon laufen. Aus Erfahrung wusste ich, dass ich niemals schnell genug sein würde.

Es würde mich immer einholen. Ich trug es in mir. Ich wollte es nicht. Das Knäuel an Gefühlen, das ich immer runter zu schlucken versuchte. In meinem Bauch war es sicher. Wenn es versuchte hoch zu kommen erstickte es mich, überwältigte und zerriss mich. Ich wollte nicht, dass es in mir hoch kletterte. Wenn ich lief war es so wie es sein sollte, alles wurde dann so viel einfacher. Es war egal. Beim Sport waren die Gefühle Nebensache und alles rückte in den Hintergrund. Ich wischte mir durchs Gesicht, eigentlich um den Schweiß daran zu hindern mir in die Augen zu laufen, aber als ich mit meiner Hand an meiner Wange entlang fuhr bemerkte ich, dass diese nasser war als es normalerweise der Fall war. Ich hatte ohne es zu merken angefangen zu weinen. Wütend wischte ich die Tränen weg und verfluchte mich leise dafür, diese Gefühle überhaupt zugelassen zu haben. Jedes mal wenn das passierte schwor ich mir, dass es nicht noch mal dazu kommen würde. Ich musste stark sein. Für meine Eltern, für Kelly, für Justus und natürlich auch für Bob.

Bob. Wenn ich auch nur an ihn dachte fühlte ich, dass der Knäuel ein ganzes Stückchen wuchs und in Richtung Hals wanderte. Das war nicht gut. In Bobs Anwesenheit war es noch schlimmer, ich musste mich sehr zusammenreißen, um nicht irgendwelche komischen Dinge zu tun oder zu sagen. Ich wusste, dass er sich Sorgen machte. Bob machte sich immer Sorgen. Ich war vielleicht vorsichtiger, was bestimmte Sachen betraf, aber Bob machte sich häufig nur unnötig Gedanken über alle möglichen Dinge. Ich verlangsamte mein Tempo und schaute auf die Uhr. Es war Zeit umzukehren.

Die drei ??? (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt