Mädchen Ohne Namen

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Blaze P.o.V.

Ich wollte nicht aufstehen. Das Bett war so warm, weich, gemütlich. Glücklich wälzte ich mich auf den Bauch und versuchte wieder einzuschlafen. Dann klatschte irgendwas auf meinen Rücken. "Grandios, jetzt darf ich nicht mal ausschlafen", murmelte ich genervt und öffnete langsam meine Augenlieder. Müde starrte ich auf das Kissen unter mir, in Gedanken in einer Disskusion ob ich es wagen und meinen Fuß aus dem Bett, auf den kalten Boden setzen sollte, als es mir auffiel. Das war nicht mein Kissen. Das war nicht mein Kissen, auf dem ich geschlafen hatte. Eine Nervosität die ich nicht kannte stieg in mir auf und ich wusste nicht, was los war. Mein Blick wanderte nach rechts. Dort lag nur eine Decke, wild zerknäult. Ich hielt den Atem an und lauschte. Da war ein Geräusch, wie gedämpftes Schnarchen. Panik überkam mich und ganz, ganz vorsichtig zog ich die Decke ein Stück zurück. Das Schnarchen kam aus dem Mund eines Mannes, neben mir zusammengerollt. Der selbe Mann der auch seinen Arm um meinen Rücken geschlungen hatte. Der selbe Mann mit dem ich gestern Abend... mein Hirn setzte aus und konnte nur noch ein Wort zustande bringe. "Scheiße", dachte ich panisch, "scheiße, scheiße, scheiße" Ich musste hier weg. Und zwar schnell. Machte man das nicht so nach One-Night-Stands? Ich hatte keine Ahnung, war ja schließlich mein erster, aber so ist es doch immer in Filmen. Während der eine friedlich schläft, schleicht der andere sich raus, wirft dabei meist noch die halbe Einrichtung des Hauses um und zieht sich auf dem Weg zur Tür an. Aber wollte ich das wirklich machen? Schließlich war diese Nacht das erste mal, dass ich wirklich Sex hatte. Ich unterdrückte ein Grummeln. Alle Erinnerungen an letzte Nacht waren wie ausgelöscht. Einfach weg. Na toll, so stellt sich doch jedes Mädchen ihre Entjungferung vor. Stur schloss ich wieder meine Augen, entschlossen einfach wieder einzuschlafen. Vielleicht war der Typ neben mir total süß und wollte mich nach gestern Abend näher kennen lernen. Klar, das war Wunschdenken, aber hey, kann man es mir verübeln? Mein Leben war schließlich kein Film. 

Zwei Stunden später wurde ich erneut unsanft aus dem Schlaf gerissen. "Was zur Hölle machst du noch hier?!", rief eine wütende Männerstimme. "Schlafen?", gab ich unsicher zurück und drehte mich auf die andere Seite. "Was?", die Männerstimme klang überrascht, genervt aber auch ein bisschen aus der Bahn geworfen. "Drücken wir es anders aus," redete sie weiter "wieso bist du noch hier und nicht abgehauen?" Jetzt war ich genervt. Wütend setzte ich mich auf. Und musste erst mal schlucken. Er war heiß! Ich klopfte mir mental für meinen guten Geschmack auf die Schulter, froh dass ich wenigstens nicht mit einem Rentner das erste mal im Bett gelandet war, fuhr dann allerdings fort, damit der Typ mir nicht ansehen konnte, dass ich ihn attraktiv fand. "Weil ich, verdammt noch mal, zu müde war um mich morgens um sechs aus dem Bett zu quälen und dann leise einen Abgang zu machen", erklärte ich mit zusammen gebissenen Zähnen und ließ mich zurück ins Kissen fallen."Du kannst nicht hier bleiben", sagte er kalt. "Au revoir, Wunschdenken", dachte ich nur und stand auf. Blöde Idee, ganz blöde Idee. Da stand ich nun, splitterfaser nackt, vor dem Mann mit dem ich das erste mal geschlafen hatte, der im übrigen nicht weniger nackt war wie ich. Seine warmen braunen Augen wanderten langsam über meinen Körper, fast als ob er den Anblick genoss. Schnell verdeckte ich mich so gut es ging. Ich musste mich beherrschen, meinen Blick auf sein Gesicht zu fixieren. Wäre ja noch schöner gewesen, wenn er mich beim Anschmachten erwischt hätte. Obwohl er wirklich verdammt gut aus sah. Wunderschöne dunkelbraune Augen, dunkelbraune, fast schon schwarze Haare und, oh Gott, dieses Sixpack. Ich traute mich nicht weiter hinunter zu schauen. Enttäuscht drehte ich mich um und sammelte meine Klamotten ein. "Du kannst das Bad benutzen", murmelte fast schon gelangweilt und deutete auf eine Tür gegenüber des Raumes. Ich nickte nur knapp. Das wars also. Kein "bitte bleib", oder ähnliches. Nichts der gleichen. Das also sollte es gewesen sein. Das erste mal Sex? Mit hängenden Schultern trampelte ich ins Bad. Laut knallte ich die Tür hinter mir und drehte mich in den Raum. "Was zur...", murmelte ich. Vor mir erstreckte sich eine riesige Dusche, mit Marmor ausgelegt. Wenn ich mich so umsah konnte ich eigentlich kein Stück Bad erkennen, dass nicht aus Marmor war. Angewidert rümpfte ich meine Nase. Alles war so... protzig. Ich verzichtete auf die Dusche und warf mir nur meine Klamotten über. 

"Ab nach Hause" murmelte ich. Nach dem ich die Badezimmertür geöffnet und ich mich für das Abenteuer durch die Luxuswohnung gewapnet hatte machte ich mich auf zur Haustür. "So hast du dir das wohl nicht vorgestellt, was?", lachte mir jemand ins Ohr, als ich meine Hand auf die Türklinke legte. Peinlich berührt drehte ich mich um. Vor mir stand mein One-Night-Stand. Ganz lässig. Ich mein, pf, er hatte nur beide Arme neben meinem Kopf an die Tür gestemmt und lehnte sich langsam zu mir hinunter. Blut schoss mir in die Wangen und ich schaute peinlich berührt auf meine Hände, die ich vor der Brust gefaltet hatte. Er hatte recht, so hatte ich mir das ganz und gar nicht vorgestellt. Ich dachte, aus dieser einen Nacht könnte sich etwas entwickeln. Statt dessen wurde ich eiskalt rausgeworfen und dem Anschein nach machte er sich auch noch über mich lustig. Ich kannte nicht mal seinen Namen. "Ja, ich kanns in deinem Gesicht sehen", grinste er, "du bist enttäuscht" Wütend blickte ich auf. Und zuckte erschrocken wieder zusammen. Er war mir so nah, seinen wunderbaren, trotz seines kalten Verhaltens so warmen Augen in diesem tollen Gesicht. Ich durfte ihn ruhig bewundern, dachte ich mir, schließlich hatte er mich entjungfert. Müde schüttelte ich den Kopf. Was war bloß los mit mir? Ich starrte wieder auf meine Hände und versuchte meine Wut zu sammeln. "Was geht dich das an? Ich kenn dich nicht, warum sollte ich dir etwas von meinen Erwartungen erzählen?!" Er trat überrascht einen Schritt zurück. Wahrscheinlich hatte er erwartet, dass ich ihm heulend mein Herz ausschüttete. Pah, da konnte er lange warten! Er wandt sein Gesicht von mir ab und ich begriff, dass er lachte. 

"Ja, warum solltest du?", antwortete er und nickte gespielt verständnisvoll den Kopf. Genervt verdrehte ich die Augen, wie konnte er nur so ein Arschloch sein! "Halt den Mund, ich will nach Hause!", rief ich, drückte die Haustürklinke hinunter und lief in den Flur vor seiner Wohnung. "Ich bin Colin, und du?", rief er mir hinterher. "Für dich bin ich niemand!", antwortete ich lachend über die Schulter und machte mich endlich auf den Weg nach Hause. 

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