Kapitel 1

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Zwei Jahre war es schon her. Und trotzdem war das Thema hier in Felsberg immer noch aktuell.„ Hey,Ali", Emily kam zu mir.„Willst du heute was mit mir unternehmen?Ich weiß, dass dieser Tag schwer für dich ist und da dachte ich mir,..."„Lass gut sein, Em". Ich und Emily kannten uns schon seit dem Kindergarten und wir waren mal beste Freundinnen. Früher waren wir unzertrennlich gewesen. Wir wurden älter, dann hatten wir beide eine Beziehung und trotzdem trafen wir uns noch häufig. Bis heute vor zwei Jahren. Leroys Todestag. Am ersten Schultag nach dem Unfall war Emily auf mich zugekommen, hatte mich umarmt und mir gesagt, wie leid es ihr tat. Sie hatte mich vorher schon immer angerufen, gefragt wie es mir ginge und ob sie mich sehen könnte. Doch ich hatte sie weggestoßen. Ich hatte alle weggestoßen. Heute fühlte ich mich wieder wie damals. Alle warfen mir mitleidige Blicke zu und tuschelten hinter meinem Rücken. An diesem ersten Schultag nach dem Unfall hatte ich mir einen Panzer aufgebaut. Alle ignorierten mich normalerweise, außer am 23. Oktober. Ich hasste diesen Tag. Vor zwei Jahren war es der Montag nach den Herbstferien gewesen. Diese hatte ich mit Leroy in England bei unseren Großeltern verbracht. Der Gedanke daran schmerzte mir, doch es waren wunderschöne Ferien gewesen. Unsere Mütter waren in England geboren und beste Freundinnen. Doch dann waren sie nach Deutschland gezogen, hatten dort ihre Männer gefunden und sich auseinander gelebt. Leroy und ich waren mehr als ein Jahr zusammen gewesen. Er war die Liebe meines Lebens. Dort wo früher mein Herz gewesen war, klaffte jetzt ein großes Loch. Ich fühlte mich seltsam leer und ich wollte niemanden an mich ranlassen. Denn wenn ich einmal angefangen hatte zu heulen, konnte ich nicht mehr aufhören. Nachdem ich den schlimmen Schultag überstanden hatte, ging ich zu Fuß nach Hause. Es waren ein paar Kilometer, die ich zurücklegen musste, aber so kriegte ich meinen Kopf frei. Alle 365 Tage im Jahr waren schlimm, aber es gab ein paar besonders schlimme Tage; den 23. Oktober, den 6. September(unserer Jahrestag), meinen Geburtstag und auch seinen, obwohl ich den eigentlich feiern sollte, denn Leroy liebte Geburtstage. Nicht wegen den Geschenken sondern weil man so wusste wer einen wirklich liebte. Jeden Geburtstag sagte ich laut:„Ich liebe dich, Leroy", doch ich musste dabei immer die Schmerzen ertragen, die ich hatte, wenn ich die Fassade fallen ließ. Ich war bei unserem Haus angekommen. Es war ein schönes, kleines Fachwerkhaus am Rande des Dorfes. Ich kramte meinen Schlüssel heraus und schloss die Haustür auf. Sie führte in einen kleinen Flur der ins Wohnzimmer mündete. Dort stand ein weißes Sofa, an der Wand hing ein Fernseher, im Kamin loderte ein Feuer und auf dem Sessel davor saß meine Mom. Vom Flur rechts ging eine Treppe ab, und vom Wohnzimmer ging eine Tür in die Küche. Ich ging ins Wohzimmer, sagte:„ Hi Mom, bin wieder da", und ging in die Küche. Dort aß ich einen Sandwich, schnappte mir einen Smoothie und ging die Treppe hoch. Mein Zimmer war hellblau und weiß gestrichen und alle Möbel waren weiß. Ein Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch, ein Regal und ein Sessel vor einem Kamin. Ich ging hinein, warf Holz in das Feuer und machte meine Hausaufgaben. Danach legte ich mich auf mein Bett, vergrub mein Gesicht im Kissen und wartete, das Mom rief und sagte, es werde Zeit.

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