Marti hatte den Mund weiter geöffnet und zwang sich, diesen so schnell wie möglich wieder zu schließen.
Dieser Jakob hatte eine so reine und gleichzeitig auch so unglaublich tiefe Stimme, dass er eine angenehme Gänsehaut an seinen Unterarmen spürte. Zögerlich musterte er seine Statue genauer, und hoffte zeitgleich, niemand würde diese Blicke bemerken. Irgendwie wirkte er so sanftmütig und weich, als würde er den Krieg und all die Gräueltaten gar nicht kennen, oder ziemlich gut überspielen. Und seine Haare...Marti wollte den Gedanken schnell beiseite scheuchen, doch er konnte nicht verhindern, dass er sich heimlich und mit Bewunderung fragte, ob sie so weich sein würden, wie er sich eben schöne Haare immer vorgestellt hatte.
Sein Blick wanderte erneut zu den leicht markanten Gesichtszügen und verschluckte sich beinahe an seinem Drink. Jakob sah ihn an.
Nicht die schönen, reizend gekleideten, beinahe über parfümierten Damen mit den fast schon zu tiefen Ausschnitten,
nein. Er schaute genau ihn an.
So durchdringend. Und sanft.
Und auch etwas überrascht.
Marti wurde warm.
Ihm war unwohl und froh zugleich.
Er hatte immer eher kleinere, harmlose Liebelein mit Frauen, doch nie hatte er je eine Sekunde daran gedacht, einen Mann derart attraktiv finden zu würden.
Dann, bevor er es wirklich realisierte, wachte er irgendwann aus seinem abwesenden Zustand auf und merkte, dass der Auftritt dann irgendwann vorbei war und die Leute sich bereits aufmachten, um den Nachhauseweg anzutreten. Marti dagegen saß noch immer wie vom Donner gerührt auf seinem Platz, trank seinen mittlerweile dritten Drink und wusste nicht, was er jetzt tun sollte.
Er wollte auf keinen Fall schon nach Hause, und außerdem hatte er die kleine, Kleinmädchen-Hoffnung, dieser tolle Sänger würde mit ihm reden. Zum Teufel, was dachte er da?
Er war ein heterosexueller Mann.
Er hatte noch nie gesehen, wie zwei Männer auf offener Straße sich innig umarmt oder gar geküsst hatten.
Und noch nie hatte er überhaupt sofort so eine unfassbare Anziehung zu einem fremden Menschen gehabt.
"Ist hier noch ein Platz frei?"
Erschrocken japste Marti auf, blinzelte und sah in die Augen von der Person, die ihn bleiben ließ.
Erst jetzt realisierte er, dass eben der beliebte Sänger sich zu ihm gesetzt hatte und ihn schmunzelnd beobachtete, den Kopf leicht schiefgelegt. "Hat dir mein Auftritt so sehr gefallen, dass du vergessen hast, wie man sich fortbewegt?"
Er lachte belustigt auf und entspannte seine Gesichtszüge schließlich, griff sein Getränk und trank frecherweise den Rest aus, dann lehnte er sich grinsend zurück und hielt ein weiteres Auflachen zurück, als Marti sich nicht ganz zwischen empört, verwirrt und verlegen entscheiden konnte.
"Also. Was verschlägt einen so schönen, gut gekleideten Mann hierher? Und das ohne Begleitung?"
Marti wurde sehr warm aufgrund der direkten, unverblümten Art, die sein Gegenüber ihm präsentierte.
Geschmeichelt war er natürlich auch.
Wie durch ein Wunder schaffte Marti es nach einer Weile, seine Stimme wiederzufinden und zupfte nervös und mit pochendem Herzen an seiner zartrosa gefärbten Serviette herum, traute sich nicht, diesem Mann erneut ins Gesicht zu schauen. Und er konnte noch nicht genau sagen, welche Augenfarbe er hatte, geschweige denn, was das hier genau werden sollte. Der gehauchte Gedanke einer Verabredung trat in einer kleinen Pause hartnäckig in seinen Kopf, doch er wollte sich nicht noch verrückter machen lassen.
Männer und Männer haben keine solchen Treffen.
"Ich...ich wollte raus.
Ich war schon oft hier.
Zum Tanzen oder Musik hören.
Und ich wusste nicht, dass heute eine größere Veranstaltung sein würde, es wurde nichts angekündigt und..."
Er klang natürlich so unsicher, wie er es befürchtet hatte, doch er war stolz, überhaupt Worte herausbringen zu können. Wie lächerlich das klang.
"Willst du ein paar Instrumente ausprobieren? Ich könnte dir ein paar Grundgriffe zeigen.", schlug Jakob wie aus dem Nichts vor und bevor Marti irgendwie reagieren konnte, war er aufgestanden, zog ihn sanft aus seinem Stuhl und führte ihn zur Bühne hinauf. Marti konnte schon mehr als die Grundgriffe, aber er wusste nicht, wann und wie er das ihm sagen sollte, denn er hoffte, vielleicht eine andere Methode zu lernen oder aber einfach nur die Nähe zum Musiker genießen zu können, auch wenn er sich noch immer innerlich dagegen sträubte.
Und er würde nie die Karriere eines Musikers anstreben können, da er doch eh demnächst in einen unbestimmten Krieg ziehen musste.
Er wollte nicht darüber nachdenken.
Nicht jetzt.
"Jakob, willst du heute mit zu mir nachhause?"
Sein Alkoholpegel ließ ihn seltsame Fragen stellen. Doch er wollte so lange wie nur möglich mit dieser Person Zeit verbringen. Selbst, wenn sie am Ende nur Freunde sein würden.
Jakob willigte etwas überrascht, aber freudig zu, dann holte er seine Garderobe, Marti nahm seine Sachen mit und so verließen sie das Lokal und traten lachend in die Nacht hinaus.
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Let's Talk About The Fewjar (Jarti)
Fanfiction1939, wenige Wochen, bevor der zweite Weltkrieg beginnt. Jakob Joiko ist ein beliebter Musiker, welcher oft in Tanzlokalen seine Auftritte hat. Dort lernt er den Soldaten Marti Fischer kennen, und ihre schicksalhafte Verbindung scheint für die Zukun...