Promise

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So viel zum Thema, du bist sauer auf sie. Das kann ich sehen, wie du dich von ihr fernhältst, wie sehr du mich unterstützt, obwohl du es versprochen hast. 

Sie hat mich verlassen, einfach im Regen stehen gelassen. Sie hat sich umgedreht und unsere jahrelange Freundschaft einfach so aufgegeben. 

Verzweifelt und am Boden habe ich mich an dich gewandt. Du warst bisher immer für mich da. Du hast mich noch nie enttäuscht. 

Du meintest, du hilfst mir. Du meintest, du bist auch sauer auf sie, weil sie dir Sachen unterstellt, die nicht der Wahrheit entsprechen. 

Du hast mir versprochen, mir zur Seite zu stehen, mich nicht alleine zu lassen. Du sagtest, wir stehen das zusammen durch. 

Doch am nächsten Tag hast du sie behandelt, als wäre nie etwas gewesen. Du hast sie umarmt, mit ihr geredet, mit ihr gelacht. 

Ich stand nur daneben, fassungslos. Von ihr habe ich es nicht erwartet, dass sie mir die Freundschaft kündigt, aber von dir hätte ich niemals erwartet, dass du so hinterhältig sein kannst.

Da war sie nun, die Situation, vor der ich mich so sehr gefürchtet habe. Alleine irgendwo im Hintergrund zu stehen. 

Ich habe so viel in deine Versprechen gesetzt, habe dir immer vertraut, doch du hast mich nur benutzt. 

Ich versinke in meinem Selbsthass und dass ich so blind gewesen bin. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie es mir dabei geht? Oder bist du immer nur auf den größtmöglichen Erfolg aus? Ich nehme mir das Recht heraus zu sagen, dass das das Letzte ist. 

Wenn du keine Versprechen halten kannst, darfst du dich auch nicht auf sie einlassen. Denn so kommt irgendwann ans Licht, wie du wirklich bist. 

In meiner Einsamkeit und Trauer habe ich neue Freunde gesucht. Ich fand sie im Supermarktregal. Die klare Flüssigkeit brannte in meinem Hals, doch es hat den Schmerz weggespült. 

Dann, nach fünf Wochen findest du mich auf der Straße, du warst gerade auf dem Weg zur Arbeit. Du hast mich mitleidig angesehen.

Ich saß auf dem Boden wie ein Penner. Dreckige, verfleckte Kleidung, kein Geld in der Tasche, nur eine halb volle Wodkaflasche in meiner Hand. 

Du hast gesagt, es tut dir Leid, hast dich tausendfach entschuldigt. Du sagtest, du hattest ja keine Ahnung, wie es mir geht. 

Als ich dich dann lallend weggeschickt habe, mit den Worten 'Geh, so ein verlogenes Miststück brauche ich nicht', hast du mir den Rücken gezeigt und hast deinen arroganten Gang fortgeführt. 

Ich bin in Tränen ausgebrochen. Doch es waren keine Tränen des Bereuens, keine Tränen der Trauer, sondern die, purer Wut. 

Wut auf sie, dass sie mich verlassen hat. Wut auf dich, dass du dein Versprechen gebrochen hast, Wut auf mich, dass ich zum Alkoholiker geworden bin. 

Doch noch immer konnte ich es nicht fassen. Du warst bei mir, hast gesehen, wie es mir ging. Warum hast du mir nicht geholfen? Wenn ich dir so viel bedeute, wie du behauptet hast, warum bist du gegangen? Eine helfende Hand hätte ich sofort angenommen. Ich will mein Leben nicht  von dir bestimmen lassen.

Die helfende Hand kam dann auch, drei Stunden später. Sie hat mich erst nicht gesehen, ist an mir vorbei gelaufen, doch nach wenigen Sekunden hat sie sich geschockt umgedreht.

Sie konnte es nicht glauben, dass ich es wirklich war. Der Freund, den sie vor fünf langen, qualvollen Wochen einfach so verlassen hat. 

Sie hat mir aufgeholfen, mich zu sich nach Hause gebracht, mir einen warmen Tee gegeben und mich getröstet.

Außgerechnet die, wegen der all das passiert ist, hat mich aus dieser Scheiße heraus geholt.

Inzwischen hat sie ihre Entscheidung von damals bereut und wir waren wieder die besten Freunde. Dich habe ich in all der Zeit nur in der Zeitung gesehen. Über deine Karriere kann man jeden Tag lesen. Du wolltest immer ganz groß rauskommen. Du hast den Erfolg gesucht. Den hast du jetzt, doch du wirst ihn ohne mich genießen müssen. Obwohl ich bezweifle, dass dich das interessiert.

Es ist erstaunlich, wohin mich dein gebrochenes Versprechen geführt hat. Ich war ganz unten, jeder hat auf mich herabgesehen, ich war eine Schande für die Gesellschaft. Doch jetzt bin ich wieder da, wo ich vorher war. 

Nur eben ohne dich, doch diesen Schmerz habe ich schon lange vergessen. Dir braucht man keine Träne hinterherweinen, das habe ich erkannt. Ich hoffe nur, du siehst eines Tages, dass man Versprechen nicht bricht, sondern sich daran hält. Dann könnte die Welt um einiges leichter sein. 

Vertrauen ist eine mächtige Waffe. Es ist wie ein Schwert, das ich dir gebe. Entweder du verteidigst mich damit, oder du bringst mich um. 

Too Late ~ storiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt