Disappointment(s)

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Enttäuschungen, sie lassen dich traurig werden, sie lassen dich verzweifeln und schlagen dich in deinem Leben zurück.

Es gibt kleine Enttäuschungen. Die interessieren dich nicht, weil du es nicht anders erwartet hast oder einfach, weil es wichtigeres gibt.

Zum Beispiel, wenn deine Mutter zu dir kommt, um dir zu sagen, dass sich der Weihnachtsmann dieses Jahr leider verspätet hat.

Und dann gibt es noch die großen Enttäuschungen. Oft sind die besten Freunde daran beteiligt. Ich kann darüber auch eine kleine Geschichte erzählen.

Meine beste Freundin und mein bester Freund haben sich ineinaderverliebt. Ich wusste es von beiden, also habe ich sie verkuppelt. Sie waren mir so unendlich dankbar, und ließen mich jede Minute wissen, wie glücklich sie zusammen waren.

In dieser Zeit war ich natürlich abgeschrieben und vergessen. Sie hatten nur augen für sich und haben mich total vergessen. Aber das war in Ordnung und kein Vergleich zu dem, was noch danach kam.

Das Unausweichliche, die Trennung, stand kurz vor Weihnachten an. Er wollte sich am liebsten vor das nächte Auto werfen, sie fing an sich zu ritzen.

Das ist wohl etwas, was ich nie verstehen werde. Wenn beide darunter leiden, warum machen sie dann nicht weiter? Warum reden sie nicht miteinander? Warum ziehen sie stattdesen den Schlussstrich? Ich meine, bei mir hat das auch immer funktioniert, aber das ist ein anderes Thema.

Jedendalls wollte ich für beide dasein. Für beide eine Hilfe sein, über den anderen hinwegzukommen. Meine eigenen Probleme hatten dabei keinen Platz, es gab nur sie und ihn.

Sie konnten es einfach nicht lassen, sie beleidigten sich, schrien einander an, ignorierten sich schließlich. Meine Hand fand keine, die ich hätte halten können, der ich hätte helfen können. Ich griff einfach ins Leere und erkannte: Ich muss mich für einen der beiden entscheiden.

Auch wenn es mir das Herz gebrochen hat, meine beste Freundin im Stich zu lassen, er brauchte meine Hilfe einfach mehr.

Hätte ich damals nur gewusst, worauf ich mich einlasse, hätte ich es sofort verhindert. Wie erwartet war sie enttäuscht von mir und er nahm meine Hand dankend an.

Ich schaffte es, dass er aufhörte, über sie zu reden, an sie zu denken, sich die gemeinsame Zeit zu erinnern, unglücklich zu sein. Immer wieder sagte ich ihm, dass er mir alles sagen könnte. Immer wieder betonte ich, dass er die Wahrheit sagen soll. Immer wieder versicherte er mir, dass er sich daran hält.

Am letzten Abend des Jahres bekomme ich eine Nachricht, dass er unbedingt etwas loswerden muss. Interessiert habe ich ihm geantwortet, doch ich hätte es nicht machen sollen. Ich wollte die Wahrheit überhaupt nicht wissen.

'Ich bin in dich verliebt. Das war ich schon immer, schon seit ich mit ihr zusammen war. Ich habe gelitten. Aber nicht wegen ihr, sondern wegen dir. Ich war nie glücklich, weil du nie mein warst.'

Fassungslos und geschockt starrte ich die Nachricht gefühlte Stunden an. Er hat mir die ganze Zeit vorgespielt, glücklich zu sein. Er hat mich die ganze Zeit angelogen. Und nicht nur mich, sondern alle anderen auch.

Am nächsten Tag bekam ich einen Anruf von der Mutter meiner besten Freundin, die ich allein gelassen hatte.

Man hat sie gefunden, mit aufgeschnittenen Pulsadern. Die Klinge in der rechten, ihr Handy in der linken Hand. Es war eine SMS geöffnet.

'Es tut mir leid, dass ich dich die ganze Zeit angelogen habe, aber ich wollte dich nicht enttäuschen, als du mir gesagt hast, dass du mich liebst. Um die Wahrheit zu sagen, ich bin es nicht wert, dass du wegen mir diese ganzen Tränen und Blut vergossen hast. Bitte, können wir uns noch einmal in die Augen sehen, bevor ich dich für immer verliere? Es tut weh, eine so gute Freundin wie dich verloren zu haben, wegen einer Lüge. Es war eine einfache Ja/Nein Frage und ich habe sie nicht ehrlich beantwortet. Es tut mir leid, dass unsere Freundschaft auf diesem Weg enden muss.'

Wer Schuld an ihrem Tod ist?

Er, weil er sie angelogen und enttäuscht hat.

Ich, weil ich sie im Stich gelassen habe, um einem Lügner zu helfen, der nie verletzt war. Weil ich naiv genug war, um zu denken, dass sie ohne mich zurecht kommt.

Sie war so enttäuscht von uns allen und hat das mit dem Leben bezahlt.

Enttäuschung kann unterschiedlich definiert werden, sie kann ganz unterschiedlich bekämpft werden, aber ausgelöst wird sie immer aus dem selben Grund...

Man sagt, erwarte weniger, dann wirst du nicht enttäuscht. Ich glaube das nicht. Enttäuscht wird man immer, selbst wenn man nichts erwartet. In irgendeiner Weise wird jeder von uns tagtäglich enttäuscht, verletzt, verlassen.

Too Late ~ storiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt