„Verdammter Mist!!!", waren die beiden einzigen Wörter, die ich beim Anblick meines Gegners herausbringen konnte und doch reichten diese zwei Wörter, um eine ganze Tragödie auszudrücken.
Mein unbezwingbarer Gegner war in diesem Fall die Zeit in Form meines Weckers...und ich war definitiv der Verlierer dieses Battles.
Jetzt war ich gestern die lange Zugreise von Deutschland nach Paris angetreten, um meine absolute Lieblingsband BTS live anzuhimmeln, konnte gestern vor lauter Aufregung kein Auge zu tun und dann komm ich heute Mittag auf die grandiose Idee vor dem Konzert ein kleines Schönheitsschläfchen zu halten. „Das ist mal wieder sowas von typisch Marion Eun-Mi Schäfer", murmelte ich vor mich hin während ich zu meinem Kleiderschrank taumelte, in dem mein Ausgehoutfit bereits auf mich wartete. Und ja, Marion Eun-Mi Schäfer ist mein Name...und glaubt mir, ich bin alles andere als zufrieden damit, doch zumindest geht dieser Fehlgriff nicht auf mein Konto. Mit einem Mal wurde mir klar, dass das Konzert schon jetzt für mich gelaufen war. Selbst wenn ich noch reinkommen würde und es noch nicht vorbei wäre, ich darf dann in der allerletzten Ecke gammeln und beten, dass ich noch irgendwas auf den großen Screens erkenne. Ganz zu schweigen davon, dass mich meine Idole nie bemerken würden...also nicht, dass ich damit gerechnet hätte, aber schließlich hat man ja das Recht zu träumen, nicht wahr?
Ein ganzes Jahr ging ich meinen Eltern mit den Bangtan Boys so gehörig auf die Nerven, bis ich endlich das ersehnte Konzertticket in meinen Händen hielt, dasselbe Ticket, dass nun scheinbar spöttisch auf meinem Hoteltischchen thronte. Doch genau dieser Blick weckte in mir alle verschlafenen Lebensgeister und machte mir klar, dass dies nicht der Moment zum Aufgeben war.
Und schon sah man mich wenige Minuten später in meinem HYYH Tee, Rock und natürlich einem Light Stick in der Hand die Seine entlang zur nächsten Metrostation sprinten. Leider blieb das auch nicht der einzige aufsehenerregende Moment, denn kaum saß ich in der Metro, kam eine unerwartete Schienenbaustelle meiner Hoffnung, doch noch irgendwie rechtzeitig zu anzukommen, bedrohlich in die Quere. Dies löste solche unfassbare Verzweiflung in mir aus, dass die ungefähr zwanzig Pariser in meinem näheren Umkreis mit fragendem Blick mitansehen mussten, wie ich meinen Kopf mehrmals gegen die Fensterscheibe schlug. « Mademoiselle, ne vous préoccupez pas. Je suis confident que vous allez arriver quand- même en temps. » Ein älterer Herr hatte sich seinen Weg zu mir gebahnt. Bislang war ich immer froh über meine Englisch- und Koreanischkenntnisse, aber Französisch hatte ich bis jetzt noch nicht gebraucht. Was wollte der alte Typ denn von mir? Am besten ich drehte mich einfach wieder weg und fühlte mich nicht angesprochen, man kann bei den Leuten von heutzutage ja nie wissen. Also schloss ich die Augen und tat, was ich wirklich nur in Krisensituationen mache: Ich faltete meine Hände und bat Gott, dass ich heute noch sicher und vor allem rechtzeitig beim Konzert und somit bei Suga sein würde. Beim bloßen Gedanken an den Namen färbten sich meine etwas zu hamstermäßigen Backen rosa und ich war schon viel heiterer drauf. Aus irgendeinem Grund hatte es Suga mir besonders angetan und das obwohl ich die wahre Persönlichkeit der Bangtan Boys gar nicht kannte, mal ganz abgesehen davon, dass er noch nicht einmal von meiner Existenz wusste. Während ich so in meine tiefsinnigen Gedanken abdriftete, merkte ich wie sich die Metro wieder in Bewegung setzte.
Ich blickte aus dem Fenster, an dem der Untergrund der „Stadt der Liebe" an mir vorbei driftete. Suga und ich nachts auf dem beleuchteten Eifelturm...das wär süß gewesen, Suga und ich im Louvre, wo wir Gemälde kommentieren, Suga und ich an einem sonnigen Tag am Paris Plage, wo wir sein Mixtape hören...Aus all diesen rosigen Plänen wird wohl doch nix. Jetzt bloß nicht noch meine Haltestelle versäumen, dachte ich mir und schaffte es tatsächlich an der Richtigen auszusteigen, mir einen Weg ans Tageslicht zu bahnen und nach mühseligem Umherlaufen endlich die Konzerthalle zu finden. Dummerweise war die Halle zwar gefunden, der Eingang vor lauter Hektik jedoch nicht. Nirgendswo waren kreischende wartende Mädchen zusehen, denn sie befanden sich wohl alle schon im Inneren. Was um alles in der Welt war mit diesem verdammten Tag falsch??? Ausgerechnet heute musste natürlich alles schief gehen.
Doch noch während ich mir die Hand vor den Kopf schlug wurde ich darauf aufmerksam, dass ich von irgendwo her die mir allzu bekannte Musik erstaunlich deutlich hören konnte. Nach der heutigen Gefühlstalbahn (schließlich ging sie ja wirklich nur bergab!!!) hatte ich auch die letzten Skrupel verloren und bewegte mich schnurstracks auf die Quelle der Musik, eine nicht sonderlich große Tür an der Seite der Halle, zu. Im normalen Zustand hätte ich es natürlich sofort gemerkt und mir gesagt: „Hey, du glaubst nicht wirklich, dass das die Eingangstür ist, durch die sich tausende hysterisch kreischende Mädchen gegenseitig zu Tode drängeln?!" Im „Der-heutige-Tag-ist-so-grauenvoll-ich will-doch-nur-BTS-hören-und-sehen-Zustand" jedoch erschien es mir als das Normalste der Welt, dass ausgerechnet diese unscheinbare Tür von der Breite eines Bobby Cars und der Höhe einer Zimmerlampe der Eingang zum Saal und somit das Tor zum Himmel war. Und aus irgendeinem Grund war ich auch blind für das schwarze „Staff only" Schild was an die besagte Tür geklebt war.
Somit gab es in diesem Moment nichts auf der Welt, was mich davon abhalten könnte, durch diese Tür mitten ins Paradies zu marschieren...und mich prompt von zwei großen Typen mit „Staff" T-shirt festhalten zu lassen.
„Hey was wird das??? Lasst mich los!!!" Doch ich konnte so viel zappeln wie ich wollte, gegen zwei Männer wie Wandschränke hatte ich keine Chance. „Ich muss jetzt sofort BTS sehen...und hören, bevor das Konzert vorbei ist! Versteht ihr?" Aber die zwei Staff-Wandschränke verstanden nicht. Anhand der fragenden, skeptischen Blicke begriff ich auch, dass Deutsch wohl die allerletzte Sprache war, die sie je verstehen würden. Dieser Tag war sowas von unmenschlich!!! So abnormal, so viel kann an einem Tag doch gar nicht schief gehen!!! Da kam mir ein Geistesblitz: Es existiert eine Sprache auf der unerträglichen und ungerechten Welt, die ausnahmslos jeder verstehen kann. Also auch Wandschränke. Trommelwirbel...die Sprache der Musik! Somit blieb mir nichts anderes übrig, als meine letzten Krümel Mut zusammenzukratzen und öffnete meinen Mund, aus dem „ I need you girl. Wae honja saranghago, honjaseoman ibyeolhae? I need you girl. Wae dachil geol almyeonseo jakku niga piryohae?" in ganz ordentlich getroffenen Tönen entwich.
Bitte, bitte, bitte, hoffentlich haben die Staff-Typen es nun verstanden...bitte. Da ertönte hinter den zwei Männern lautes Gelächter.
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Where did you come from???
FanfictionWas als der schlimmste Tag ihres Lebens begann, endet für Marion Eun-Mi Schäfer mit einer Aufnahme als K-Pop Trainee bei BigHit Entertainment, wo sie BTS, die sie bislang nur von weitem anhimmeln konnte, persönlich und von einer ganz anderen Seite k...