Kapitel 5: Ungewissheit

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Eine Frau brachte mich in einen Raum, gab mir die Anweisung mich auf einen Stuhl vor einer Kamera zu setzen und man zeichnete mich dabei auf, wie ich mich einmal auf allen Sprachen, denen ich mich mächtig fühlte, vorstellte. Anschließend gab ich meine einstudierten Songs zum Besten, wobei ich einige ganz, andere nur teilweise vorzusingen hatte. Im Stehen wurde meine Fototauglichkeit (deren Existenz ich eigentlich schon immer bezweifelte) getestet, und zwar aus jedem Blickwinkel, mal aus der Ferne und mal mit Nahaufnahmen.

Da ich auf ein Vortanzen nicht sonderlich scharf war, verabschiedete sich die Frau mit den Worten: „Wir werden Sie kontaktieren" von mir und entließ mich in die Freiheit.

Ich bahnte mir meinen Weg ins Foyer, wo Suga tatsächlich saß...und bereits eingenickt war. „Tss, solange hab ich doch gar nicht gebraucht", murmelte ich genervt, während ich mich ihm näherte. Schlafend sah er einfach harmlos und so gar nicht wie ein Rapper aus, dachte ich mir, während ich sein blasses Gesicht beäugte, in das die seit dem neuen Album „Wings" wiedermal schwarz gefärbten Haare fielen. So faszinierend sein Anblick nun auch war (ich bereue es heute noch, dass ich keine Handyaufnahmen gemacht habe), ich musste ihn wecken, schließlich stand das Fotoshooting an. Bloß wie?

„Ähm okay, wenn ich ihn zwicke oder anstupse, werde ich wohl einige Schimpfwörter über mich ergehen lassen müssen...wenn ich ihn einfach rufe, wird er wohl nicht aufwachen...und ihn zu erschrecken...das trau ich mich nicht..." Vor lauter Verzweiflung vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. Nein, ein Casting, das ist kein Grund zur Aufregung oder Panik, aber wie man Min Yoongi aufweckt, das muss wohl überlegt sein! Innerlich lachte ich mich schon selber aus.

„Okay." Ich atmete einmal tief aus und näherte meinen Mund seinem Ohr, um ganz leise „Suga, wach auf", zu flüstern. Zunächst regte er sich überhaupt nicht, was ich schon als mein Versagen auffassen wollte, dann jedoch öffnete er seine Augen und drehte unbewusst seinen Kopf, sodass wir uns direkt gegenüber sahen. „Was ist?", murmelte er verschlafen, während ich angesichts der wenigen Zentimeter, die unsere Gesichter trennten, panisch einige Meter nach hinten stolperte. Müde reckte er sich und gähnte, um mich anschließend verärgert zu mustern. „Wieso hast du mich geweckt?! Du bist mir eine gute Begründung schuldig!" „Deswegen." Ich deutete auf sein Shirt, was ich immer noch trug und danach auf eine Uhr an der Wand. „Du musst zu deinem Fotoshooting." Wow, jetzt klang ich tatsächlich schon so als wär ich ein Manager. Langsam war Suga wieder bei vollem Bewusstsein und sprang auf, um mir mein eigenes Shirt zurückzugeben und mir klarzumachen, dass ich mich beim Umziehen gefälligst zu beeilen hatte. „Ich bin ja schließlich nicht die, die hier einfach so eingepennt ist", murmelte ich genervt auf Deutsch.

Draußen vor dem Gebäude ging Suga seines Weges, nachdem ich ihm viel Glück fürs Fotoshooting gewünscht hatte, und ich machte mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Was für ein Zufall das bloß gewesen war. Ich schüttelte den Kopf, während ich an meinem Shirt mit den inzwischen getrockneten Flecken zupfte.

Bevor ich zur Wohnung zurückkehrte, stattete ich dem schrillen, lauten und vor allem gut besuchten Namdaemun Market in der Innenstadt einen Besuch ab und schaute mir verschiedene Waren, von Kleidung bis Küchenutensilien an. Ich beobachtete das Treiben auf den Straßen und kaufte mir für den Heimweg was an einem Essensstand. „Sehenswürdigkeit gesehen: check." Gedanklich setzte ich einen Hacken auf meine To-Do Liste und steckte meine Kopfhörer in die Ohren, während ich mich auf den Heimweg machte.

In der Wohnung angekommen ließ ich mich aufs Bett plumpsen, um die Eindrücke des Tages zu verarbeiten. Ob ich beim Casting ganz gut oder doch zu schlecht war? Ob ich überhaupt gut genug aussah? Hatte man mir den Schock nach dem Limonadenvorfall angesehen? Ich seufzte und rollte mich zur Seite. Irgendwer würde mir ja schon Bescheid sagen. Und dann? Was würde dann wohl aus mir werden? Entweder ein Star oder ich verlasse Seoul erfolglos...Dabei fiel mir auf, dass ich seit ich hier war noch gar nicht über meine Zukunft nachgedacht hatte. Ich rappelte mich auf, um das Fenster für etwas frische Luft zu öffnen, da klingelte urplötzlich mein Handy auf dem Schreibtisch.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 23, 2016 ⏰

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