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Als ich die Tür zu meiner Wohnung aufschloss, roch ich schon von Weitem, dass hier etwas nicht stimmte. Es roch verbrannt, als habe sich jemand an einem Gericht versucht, sei aber dabei kläglich gescheitert. Und das konnte nur eines bedeuten: Isabel hatte mal wieder Liebeskummer.

Die Entscheidung, von zu Hause weg zu gehen und mich gegen das Schicksal zu stellen, das meine Eltern für mich vorgesehen hatten, hatte auch gleichzeitig geheißen, mich vollkommen von ihrer Unterstützung abzukapseln. Das hieß, ich musste mit dem Gehalt auskommen, das ich beim LCD verdiente, und das war in meiner Position nicht gerade hoch.

Dazu kam noch, dass die Mieten in London undenkbar teuer waren, fast unmenschlich, wenn man bedachte, wie viele junge Leute hier studierten und sich kaum ein einzelnes Zimmer leisten konnten. Aus genau diesen Gründen hatte ich mich auch dazu entschlossen, in eine WG einzuziehen. Drei Mädchen, von denen mich zwei, nämlich Alison und Shaila, ignorierten und seit meinem Einzug, der jetzt schon fast vier Monate her war, kaum ein Wort mit mir gewechselt hatten. Ich glaubte nicht, dass es an mir lag, da ich sie auch kaum miteinander hatte reden sehen.

Aber mit Isabel, mit der ich mir auch das Bad teilte, verstand ich mich blendend. Sie war zwanzig, eine Naturschönheit mit roten Locken und studierte Jura am King's College. Sie kam aus Spanien, ihre Eltern hatten aber englische Wurzeln, was auch ihr perfektes Englisch erklärte, bei dem man nur, wenn sie wütend war, einen kleinen spanischen Akzent hörte. Wenn sie aber fluchte, dann meistens komplett auf Spanisch. So wie jetzt gerade.

„¡Maldito! ¡Esta torta es quemada también!"

„Isabel?"

„Charlie?"

Langsam lugte ich um die Ecke in die Küche und war darauf vorbereitet, jeden Moment eine Teigschüssel an den Kopf geworfen zu bekommen, doch stattdessen stand Isabel zusammengesunken vor einem schwarzen, rauchenden Etwas, dass sie gerade aus dem Ofen geholt hatte.

„Oje. Ist alles okay?", fragte ich, obwohl es offensichtlich nicht so war. Ich nahm sie in den Arm und rümpfte anhand des verbrannten Geruchs, der sich auch in ihrer Kleidung festgesetzt hatte, meine Nase.

„Ben hat mich verlassen. Wegen dieser verdammten Schlampe, die ihn in der letzten Vorlesung schon die ganze Zeit angemacht hat. Das ist so ungerecht!" Isabels Tränen tropften auf meine Schulter und ich konnte ihren Schmerz nachvollziehen.

„Ben war sowieso nicht gut genug für dich. Was ist mit diesem ...Wie hieß er noch gleich?", versuchte ich sie zu trösten.

„Kyle. Glaubst du, dass das nicht ein bisschen ... notgeil wirkt, wenn ich mich ihm sofort an den Hals schmeiße?" Sie löste sich aus meiner Umarmung und begann, den verbrannten Kuchen aus der Form in den Abfalleimer zu kratzen.

„Quatsch. Du versuchst schließlich nur, Ben zu vergessen."

Bei seinem Namen zuckte sie unwillkürlich zusammen. Oje, ich hätte ihn wohl lieber nicht noch einmal erwähnen sollen!

Isabel hätte eigentlich der Titel meiner Freundin Nummer eins in London zugestanden, wenn sie nicht immer so beschäftigt gewesen wäre. Ich wusste genau, warum ich nicht Jura studieren wollte. Sie hatte keine Freizeit. Von morgens bis abends verkroch sie sich in ihrem Zimmer oder auch mal im Park und lernte verdammte Gesetze auswendig. Oder irgendetwas anderes. Eigentlich hatten wir noch nie etwas gemeinsam unternommen, außer einem Abend in einem Pizzarestaurant.

Sie ließ die benutzte Form in die Spüle fallen und setzte sich auf den Küchentisch.

„Oh, sorry, dass ich dich gar nicht gefragt habe. Warum bist du schon hier?"

Ich seufzte und antwortete: „Frag lieber nicht, Stress mit dem Chef."

Sie lachte. Isabel und auch alle anderen hatten keine Ahnung, dass meine Abteilung in Wirklichkeit für das MI6 arbeitete. Ihrer Meinung nach war ich Sekretärin bei irgendeiner unbekannten Firma.

Girl Detective- LeseprobeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt