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Ich erwachte und sofort drehten sich meine Gedanken um den Fall.

Wann war ich gestern, Verzeihung, heute nach Hause gekommen? Keine Ahnung. Als ich um halb vier wieder mein Zimmer betreten hatte, hatte ich mich komplett erledigt gefühlt. Ich war noch bis zu Savannahs Haltestelle gefahren und hatte meine Ermittlungen dort abgebrochen. Ich war einfach zu müde gewesen, außerdem konnte ich alles Weitere auch bei Tageslicht erforschen - kein Grund also, noch einen einzigen Augenblick meiner Nachtruhe zu verschwenden.

Aber dementsprechend fertig fühlte ich mich jetzt. Ich hatte das Gefühl, keine Minute geschlafen zu haben, obwohl es immerhin drei Stunden waren. Mein Schlafbedürfnis war immer schon eigenartig hoch gewesen. Alles unter acht Stunden war ein absolutes No-Go! Aber zumindest war heute Freitag und das hieß: Wochenende!

Als ich den Weckton meines Handys hörte, kroch ich mühsam unter meiner Bettdecke hervor und ließ mich auf den Boden fallen. Ich krabbelte zu meinem Handy, das ich strategisch am anderen Ende meines Zimmers platziert hatte. Keine Chance also, vom Bett aus noch einmal auf die Schlummertaste zu drücken.

Als ich das Display berührte, verebbte der Song und ich sah mir erst mal meine neuen Nachrichten an. Drei Spammails und eine von meinem Handyanbieter. Wie schön, immer mal wieder etwas Neues zu erfahren!

Dann sah ich auf die Uhrzeit – und erschrak: Es blieben mir noch genau fünfzehn Minuten, um das Haus zu verlassen und meine Bahn zu erwischen.

Ich rannte, nun komplett wach, ins Bad, das zu meiner Freude wenigstens nicht wie sonst von Isabel blockiert wurde, putzte mir im Schnelldurchgang die Zähne und drapierte meine Haare zu einem Dutt, der sie wenigstens nicht wie sonst widerspenstig von meinem Kopf abstehen ließ.

Meine Frisur machte auch deutlich, dass mein letzter Frisörbesuch schon einige Jahre her war. Die Farbe machte es auch nicht gerade besser. Ich hatte als Einzige in meiner Familie das Albino-Gen von meinem Großvater geerbt, das mir eine weißblonde Haarpracht beschert hatte, die eigentlich mehr weiß als blond war. Ungefähr jeder, den ich bisher getroffen hatte, hatte früher oder später die Frage nach meinen Haaren gestellt. Ich hatte mir schon oft überlegt, sie zu färben, doch ehrlich gesagt war ich zu faul, um alle vier Wochen zum Frisör zu gehen oder sie selbst zu färben. Außerdem kam meine Haarfarbe ja sowieso gerade wieder in Mode, oder?

Wenigstens das erdige Braun meiner morgens ziemlich verquollenen Augen zauberte einen Klecks von Farbe in mein Gesicht, der den Kontrast zu meiner nicht gerade sonnenverwöhnten irischen Haut aber nur noch verstärkte. Wenigstens war ich damit in London nicht alleine, und man konnte sich sicher sein, dass an einem schönen Sommertag mindestens einer der Umstehenden Sonnencreme mit dem Lichtschutzfaktor fünfzig dabei hatte, wenn sie nicht gerade – so wie Isabel - mit einer sonnengebräunten Haut und damit einer Art natürlichen Blockade gegen die schlimmsten Verbrennungen gesegnet waren.

Besonders schlimm erwischte es an diesen sonnigen Tagen meinen dünnen Nasenrücken und die hervorstehenden Wangenknochen, für die ich dann wenigstens kein Rouge mehr benötigte. Der einzige Ausweg wäre wohl gewesen, mein von der Sonne gepeinigtes Gesicht unter einer dicken Schicht Make-Up zu verstecken, aber dafür hatte ich wirklich nicht die benötigte Geduld und schon gar nicht das Geschick. Mein letzter Ausweg war ein roter Lippenstift, der von dem ganzen Rot auf den Wangen und der Nase ablenken sollte. Aber nicht mal für einen schnell aufgetragenen und blassen Lippenbalsam reichte heute die Zeit.

Hastig fischte ich einen Pinsel von der mit teuren Kosmetikprodukten vollgestellten Ablage und verteilte das noch daran haftende Produkt auf meinem Gesicht. Was auch immer das pudrige Zeug für ein Wunderwerk tat, ich sah danach immerhin nicht mehr ganz so verschlafen aus. Zufrieden strich ich zwei Haarsträhnen, die dem Dutt entwischt waren, hinter die Ohren und nickte meiner dünnen Gestalt im Spiegel zu.

Girl Detective- LeseprobeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt