Das Gespräch

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„Ich denke, die Zeit ist gekommen, loszulassen, Sue", meinte Allyson bedächtig und legte ihre Hand auf meine, während ich nur demonstrierend den Kopf schüttelte und meinen Griff verstärkte.

„Sue, ich verstehe ja, dass du mich liebst und meine Nähe deswegen suchst, aber ich habe Hunger und du hast Verpflichtungen. Irische Verpflichtungen, also geh da bitte rein." Allyson zeigte auf die Tür in gut zwanzig Metern Entfernung, vor der sich eine lange Schlange mit hysterisch dreinblickenden Mädchen gebildete hatte.

Seufzend drehte ich mich wieder zu Allyson, die mich aufmunternd anlächelte. „Weißt du Sue, ein weiser Mann hat der Menschheit mal beigebracht, dass wir immer daran denken müssen, dass wir jedem irgendwann in die Augen sehen und sagen können sollen: „Aber ich habe es überstanden und das hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin"."

Mit einer hochgezogenen Augenbraue musterte ich meine Freundin und entzog ihr freiwillig meine Hand. Diese hatte sich davor noch verlangend in ihren Unterarm gegraben.

„Ally, dasselbe hast du zu meinem Bruder gesagt, als er die Schule gewechselt hat und Angst hatte", sagte ich anklagend, aber konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken.

Allyson hob unschuldig die Hand. „Aber es ist doch wahr und hilft dir", rechtfertigte sie sich grinsend und ich schob sie, während ich die Augen verdrehte, zurück.

„Nein, tut es nicht. Aber jetzt geh und wir treffen uns nachher an deinem Auto." Ich zeigte auf den Ausgang und sie winkte mir zu, ehe sie verschwand.

Ich seufzte demütig und stellte mich in der Schlange an. Leider hatte Allyson doch Recht gehabt mit ihrem Spruch. Nicht nur mit dem Spruch. Auch wenn ich vor dem Gespräch Angst hatte und nicht alleine dorthin wollte, war es das Richtige. Niall kannte Allyson nicht. Allyson Niall nicht. Zumindest nicht persönlich. Und wenn sie dabei gewesen wäre, hätte das alles nur erschwert und die Atmosphäre angespannt, auch wenn ich mit ihr an meiner Seite etwas selbstbewusster und sicherer gewesen wäre. Aber vielleicht war ich das auch ohne sie. Denn eigentlich war ich kein verletztes, schüchternes und ruhiges Mädchen. Doch Niall schaffte es aus irgendeinem mir unempfindlichen Grund, jegliche Gefühle in mir zu intensivieren. War ich auf ihn sauer, war die Wut viel stärker als bei anderen Leuten. Verletzte er mich, schmerzte es mehr. Ich könnte mich fragen, warum ich mich nicht einfach von Niall distanzierte, wenn er mich denn so verletzen konnte, doch die Antwort darauf war mir deutlich bewusst: Alle Gefühle wurden durch Niall intensiviert, auch die Guten. Er konnte mich zu dem glücklichsten Menschen machen und das nur durch Briefe. Er konnte mich allein durch Worte zum Lachen bringen und manchmal musste man das Risiko eingehen, verletzt zu werden, um Hochgefühle zu erleben. Und das musste ich tun, ungeachtet meiner Angst.

Mein Blick hob sich vom Boden und ich bemerkte, dass die Schlange vor mir ein gutes Stück kleiner geworden war. Immerhin, dachte ich und machte ein paar Schritte nach vorne, um die Lücke zu meinem Vordermann zu schließen. Die Tür zu dem Raum öffnete sich und ein paar Mädchen, darunter auch das Mädchen vom Kartenspiel, kamen mit geschocktem Gesichtsausdruck aus dem Raum. Während die eine sich auf die Lippe biss und sich mit den Händen Luft zufächerte, hielt sich das andere Mädchen die Wange und sah glückselig nach vorne auf den Boden.

„Er hat mit seinen Lippen meine, ich wiederhole, MEINE Wange berührt", murmelte sie vor sich hin und ich musste etwas zur Seite weichen, damit sie mich nicht umrannte. Anscheinend war sie noch so sehr mit ihren Gedanken bei den Lippen von einem der Jungs, sodass sie die Umgebung komplett ausblendete. Oder sie hatte Drogen genommen. Aber ich tendierte zum Ersten.

„Aber ich finde es voll schade, dass Niall nicht dabei war." Das Mädchen schmollte und ein Blick genügte, um zu sehen, dass ihre Augen verdächtig feucht waren.

Between the Lines || Niall HoranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt