Jason
Es war ein warmer Sommernachmittag, etwa 2 Wochen nach meinem letzten Auftrag. Der Ausblick auf die Skyline New Yorks war atemberaubend.Mein Vater hatte dieses Gebäude bereits vor Jahren bauen lassen.Seitdem war es das Zentrum von DragonIndustries, unserem Familienunternehmen. Ich wandte mich wieder meinem Spiegelbild zu. Ich hasste es, wenn ich meine Magie in mein Innerstes zurückziehen musste. Aber es war die perfekte Tarnung. Meine schwarzen Haare wurden caramelfarben, genau wie meine Augen. Meine Haut bekam etwas Farbe und überall in meinem Gesicht verteilten sich diese lästigen Sommersprossen. Ich setzte noch ein Brillengestell auf, um die Tarnung perfekt zu machen. Nun sah ich wirklich wie irgendein Streber einer unbedeutenden Schule aus. Aber das schlimmste daran war, dass ich nun irgendwie niedlich aussah. Roundvynner sollten nicht niedlich aussehen. Aber genug davon. Ich ging die Informationen über mein Ziel noch einmal im Kopf durch. Ihr Name war Rachel Allys. Mittelstand. Sie war die beste Schülerin der Carter-Middle School. Und dennoch würde sie keine Herausforderung sein. Ich ging die Treppe hinunter, ein paar Minuten später stand ich auf der Straße. Zur Abwechslung nahm ich mir dieZeit einfach durch die Straßen zu schlendern, wie es jeder 14-jährige in meinem Alter normalerweise tat. Es war interessant zuzusehen, wie die Menschen unter Zeitdruck an einem vorbeirannten, Jugendliche an jeder Ecke Fotos schossen und Liebespaare verträumt Hand in Hand durch die Stadt schlenderten. Es schien keinen zu interessieren, was außerhalb ihres Umfelds passierte. Wie naiv sie doch waren. Keiner bemerkte die dunklen Schatten, die in den Gassen lauerten, bereit ihrnächstes Opfer zu sich zu zerren. Ich spürte, wie jemand nach meiner Tasche griff. Ich packte die hervorstehende Hand und drehte die Handfläche nach oben. Der Mann hinter mir sog zischend die Luft ein. „Du solltest besser aufpassen, wen du bestiehlst. Es kann funktionieren, oder auch nicht. Du kannst dich glücklich schätzen,dass ich in Eile bin. Aber wenn ich dich noch einmal dabei erwische,wie du deine Hände in die Taschen anderer steckst, wird es nicht sogut für dich ausgehen." Ich spürte, wie er vor Angst zitterte. Mein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. Alles, was ich tun musste, um den Menschen Angst einzujagen war mit ihnen zu sprechen. eEs war einfach viel zu leicht. Ich ließ den Mann los,und so schnell er aufgetaucht war, verschwand er auch wieder. Die Leute um mich herum hatten rein gar nichts bemerkt. Wie dumm Menschen doch waren. Naiv wie ein Neugeborenes. Ich ging weiter. Nach einer Weile erreichte ich endlich mein Ziel. Ich stand vor einem kleinem Eckladen, genau genommen einem kleinem Cafe'. Ich setzte mich an einen der Tische. Er war perfekt.Von hier aus konnte ich den Eingang der kleinen Bibliothek genauestens beobachten. Ich sah jeden, der dort ein und aus ging, doch keiner sah mich. Ich bestellte ein kühles Getränk, die Hitze heute war wirklich erdrückend. Und nun hieß es warten, warten, bis mein Ziel endlich auftauchte. Ich blieb eine halbe Stunde, dannsah ich sie . Sie war allein, ging in die Bibliothek. Ich bestellte mir noch einen Kaffee zum mitnehmen, dann folgte ich ihr.Die Einrichtung der Bibliothek war ungewöhnlich, aber das gefiel mir. Die Wandteppiche hatten etwas orientalisches an sich. Dann sah ich sie. Ich ging auf sie zu, tat so als würde ich mich mehr auf mein Handy konzentrieren als auf mein Umfeld. Ich lief direkt in sie hinein, sodass sich der Kaffee über ihr T-Shirt ergoss. Sie quietschte auf. „Verdammt, tut mir so leid ich hab dich einfachnicht gesehen" „Ist nicht so schlimm, das kann man ja waschen."„Ich bin manchmal wirklich tollpatschig, kann ich das nicht irgendwie wieder gut machen". Sie war wirklich nicht einmal ein winziges bisschen misstrauisch. Wie gesagt, viel zu naiv. Ich hörte einfach nicht auf mich zu entschuldigen, während sie vergeblich versuchte, mir zu erklären, dass es nicht so schlimm sei. Letztendlich konnte ich sie dazu bewegen als Entschädigung einen Kaffe mit mir zu trinken. Wir gingendie Straße hinunter, bis wir an einem kleinen Eckcafe' ankamen. Es war relativ abgeschieden, nur wenige Leute schienen es überhaupt zu kennen. Ihr Blick huschte von links nach rechts, wobei ihre Augenimmer größer wurden. Ich verstand, warum es ihr so gut gefiel.Beinahe das ganze Bistro war von eine Rosenhecke umschlossen. An den vier Ecken und in der Mitte des Innenhofes standen Steinsäulen, an denen Rosenranken emporwuchsen. An ihnen war ein großer Pavilion befestigt, der vor der Sommerhitze schützte. Wir setzten uns an einen der kleineren Tische und bestellten beide einen Eiskaffee. „Ich habe vorhin ganz vergessen nach deinem Namen zu fragen." Diese Frage riss mich aus meinen Gedanken. „Cal, mein Name ist Cal."Wir unterhielten uns noch eine Weile über dies und jenes. Ich versuchte aus eine Gewohnheit heraus mich umzusehen, aber mein Blick blieb immer wieder an ihr hängen. Ihre Augen hatten in gewisser Weise eine hypnotisierende Wirkung auf mich. Strahlend dunkelblaue Augen... Nach einer Weile sah ich auf meine Uhr und erschrak. Wir saßen hier bereits mehrere Stunden. Ich konnte es nicht fassen, dass ich mein Ziel aus den Augen verloren hatte. Dieswar exakt das Verhalten, dass ich bei anderen nicht duldete, und erst recht nicht bei mir selbst. Konzentration und Präzision waren das Wichtigste. „Ist irgendwas?" Sie schien verwirrt zu sein. Schon der zweite Fehler heute. Was war nur los mit mir? Ich sollte mich wirklich besser konzentrieren. „Nein, mir ist nur eingefallen, dass ich morgen unbedingt meinen Onkel anrufen und ihm zum Geburtstag gratulieren muss." Sie gab sich mit meiner Antwort zufrieden und entspannte sich wieder, anscheinend hatte sie mir geglaubt. Ich legte meine Hand auf meinen Oberschenkel und verlagerte mein Gewicht so, dass ich das Messer in meiner Jackentasche unbemerkt herausziehen konnte. Ich ließ es geräuschlos unter dem Tisch aufschnappen. Alles, was ich jetzt noch machen musste, war aufzustehen und ihre Stimme zu betäuben. Dann würde ich ihr das Messer ins Herz rammen.Ich stand auf und sah auf meine Uhr.„Wow, es ist schon ganz schön spät. Ich muss jetzt wirklich los."Sie sah ebenfalls auf ihr Handy. „Du hast Recht, ich sollte auchbesser nach Hause." Nur dass sie dort nie ankommen würde. Ich ging auf sie zu und hielt ihr die rechte Hand hin, meine Linke war mitsamtdem Messer hinter meinem Rücken. Es war so leicht. Sie nahm meine Hand, ich sah in ihre Augen und lächelte, sie lächelte zurück.Meine Hand umschlang den Griff fester. Und dann war es vorbei. Sie verließ das Cafe'und ich sah ihr nach, mit einem merkwürdigen Gefühl im Bauch. In meinem Kopf schwirrten einige Fragen umher. Was war gerade passiert? Wieso hatte ich gezögert? Und was würde ich jetzt tun? Ich nahm mein Handy heraus und rief Sergei an. Ein paar Minuten später stand ein schwarzer Wagen vor mir. „Seit wann bringt Ihr eure Aufträge nicht mehr zu Ende?" Das merkwürdige Gefühl wich einem anderen, mir allzu vertrauten. Wut. „Was fällt dir ein so mit mir zu reden!Es ist nunmal nicht jeder Einsatz ein Erfolg, gerade du solltest dasdoch wissen!" Erst jetzt fiel mir auf, wie harsch meine Stimme klang. „Und was gedenkt ihr nun zu tun?" Er klang gefasst, aber ich hörte dennoch das Zittern in seiner Stimme. Das war ich nunmal. Ein vierzehnjähriger Junge, der einem erwachsenen Krieger Angst machen konnte. Und ich hasste es. „ Das weiss ich noch nicht. Aber mir wird sicher noch etwas einfallen." So war es immer. Jemand verbockte etwas und ich musste es wieder geradebiegen. Nur normalerweise waren es nicht meine eigenen Fehler. Den Rest der Fahrt verbrachten wir schweigend. Als wir endlich ankamen verschwand ich in meinem Apartment. Ich sah mir noch einmal meine Notizen über sie an. Stundenlang überlegte ich, wie ich sie davon abhalten konnte, weiter zu recherchieren. Da kam mir ein Gedanke. Wieso sollte ich sie davon abbringen, wenn ich einfach jemand andern dazu benutzen konnte. Vor mir lag das Bild von ihr und ihrem Vater. Ein Lächeln umspielte mein Gesicht. Ich hatte endlich wieder einen Plan. Aber es hielt nicht lange an,denn mir gingen diese Fragen einfach nicht mehr aus demKopf. So viele Fragen und keine Antwort. Wie ich diese Stadt hasste.
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Roundvynnian Master of Shadows
FantasyRachel ist ein ganz normales Mädchen. Schule, Freunde, Feinde und vor allem ihr nerviger Bruder bestimmen ihr Leben. Doch das ändert sich schlagartig als ein unbekannter Schatten beginnt, ihr das Leben schwer zu machen...