Ruhe vor dem Sturm

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Stoßartig bildeten sich kleine Wölkchen vor ihrem Gesicht und ihr lautes Keuchen übertonte sogar die hastigen Schritte im Schneematsch. So schnell wie sie konnte, rannte sie, selbst wenn es jeder Zelle ihres Körpers weh tat. Sie hatte das Zeitgefühl und die Orientierung komplett verloren. Das Einzige, was sie noch wusste, war : sie wurde verfolgt.

Sie schluckte. Krampfhaft versuchte sie ihre Tränen zurückzuhalten, doch es fiel ihr schwer. Im Dunkel der Nacht drehte sie sich immer wieder um, doch sie konnte nichts mehr erkennen. Ihre Verfolger konnte sie nur durch das Geräusch des Aufschlagens der Schuhe auf der Straße ausmachen.

Schon seit einer Weile fühlten sich ihre Beine taub an, so taub, dass sie nicht mehr glauben konnte, dass sie immernoch Teil ihres Körpers waren und sie Meter für Meter weiter trugen. Der Wind pfiff und machte es ihr noch schwerer die Augen aufzuhalten. Der dunkle Wald um sie herum jagte ihr, zusätzlich zur Tatsache, dass sie auf der Flucht war, eine Heidenangst ein. Sie fühlte sich verloren, so verloren wie noch nie. Ihre Knie fingen an zu zittern und sie wusste, sie würde nicht mehr lang laufen können.

Plötzlich vernahm sie keinerlei Geräusche mehr. Ihr wurde schwindelig.
Völlig ausgelaugt stützte sie sich an den nächsten Baum, ein wenig abseits vom Weg. Ihr war gar nicht wohl dabei, zu wissen, dass ihre Verfolger überall sein könnten. Sie versuchte so gut es ging leise zu atmen. Bewegungen konnte sie in der Dunkelheit nicht ausmachen, so sehr sie sich auch bemühte. Auch war kein Fußgetrampel zu hören, es gab nur vollkommene Leere um sie herum.

Nachdem sie wieder zu Kräften gekommen war, stand sie einfach nur reglos an dem Baum am Wegrand und lauschte in die Stille. Die Angst jeden Moment angegriffen zu werden, setzte ihr zu und sie hatte das Bedeürfnis einfach weiter davon zu laufen. Doch das würde es ihren Verfolgern einfacher machen, sie wahrzunehmen, also blieb sie vorerst im schützenden Schatten des Baumes. Es fühlte sich an wie die Ruhe vor dem Sturm...

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