Ich erwachte zum schrillen Geschrei meines Weckers und saß mich nach der Gewohnheit an meiner Bettkante auf.
Verschlafen spähte ich durch das erdrückende Zimmer, dass jeder Junge hier in der Gesellschaft bewohnte.
Blaue Wände, weißer Boden.
Unter dem breiten Fenster prangte mein einfacher Schreibtisch, der aus dem selben Holz wie mein minimalistischer Kleiderschrank war.Langsam fanden meine Sinne wieder beisammen und der fahle Geschmack des Zigarettenrauchs machte sich wie Belag auf meiner Zunge bemerkbar.
Selbst als ich das Haus verließ, mit mehreren Litern Wasser im Magen die vergeblich versucht haben den Geschmack auszuspülen, empfand ich die selbe Ödheit wie beim Aufstehen.
Ich schloss die graue Tür hinter mir und schloss ab, als ich ihren Rücken an meinem fühlte.
Velma schloss ebnfalls ihre Haustür ab.Ohne der Berührung weiter Aufmerksamkeit zu schenken liefen wir los, durch die dunklen Straßen, die so liebevoll nach Herbst und Gemütlichkeit rochen.
"Bin erstaunt, dass du pünktlich auf bist.", sagte ich und sah herüber.
Velma hatte ihre kurzen, braunen Haare zur hälfte hoch gesteckt und den Rest ihrer dicken Haare locker um ihren Hals wirbeln lassen.
Ihre Augen huschten zuckend über den Boden und betrachteten die bunten Laubblätter, während ihre Hände krampfhaft die Schultasche an ihre Brust pressten."Ähm, alles OK?"
"Ja. Ja.", sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln.
Gemeinsam passierten wir die schmalen Gassen und schlängelten uns aus dem Labyrinth grauer Häuser, bis wir in den Stadtkern unserer Gesellschaft stießen.
Buntes Herbstlaub, fröhlich lackierte Straßenbahnen und Züge, sowie Busse sausten kontrolliert durch die Gegend und hielten an gekennzeichneten Stellen, um die Passagiere heraus und herein zu lassen. Stahlgrau erhebte sich der weite Himmel über uns.
So öde, wie der Rest der Welt, wenn sie wach war.Velma stieg als erste in einen quietschbunten Bus und reichte mir danach die Hand, damit ich ebenfalls aufsteigen konnte.
Gemeinsam saßen wir auf dem offenen Dach, als einzige.
Sie seufzte. Und ich tat es ihr gleich."Weißt du, ich kann dir nicht glauben, dass du dich hier anpassen willst. Ich meine, guck dir das ganze doch mal an! Wie sie alle grinsen und einfach alles geregelt haben. Deren Leben ist makellos!!"
Mit einer Geste schwang sie ihre Hand über den Rand des Busses als würde sie jeden Moment anfangen wollen zu singen, wie in den animierten Filmen für Kinder.
Ich folgte ihrer Aufforderung und tat es.
Ich sah mir unsere Gesellschaft, diesen Stadtkern genau an.Der Verkehr fuhr mit perfektem Abstand hinter einander her, wusste genau wann die Ampeln schalten würden und floss abgestimmt, in Kreisen und im Zickzack über die riesige Ebene.
Fußgänger, gekleidet in ihrer Arbeitskleidung hoben die Hüte und verbeugten sich halb, wann immer sie jemanden begegneten. Alle mit einem breiten Grinsen im Gesicht, dass schon fast gefälscht wirkte. Und trotzdem sah ich nicht das, was sie sah.
"Ist das nicht gut, wenn du ein geregeltes Leben hast und glücklich bist? Festes Einkommen und eine Familie die dich liebt?", fragte ich immernoch über die Fläche schweifend.
Velma schwieg, aber ich konnte in ihren Augen Wut aufblitzen sehen, was mir für einen Moment die Sprache verschlug. Es gab nie einen Grund für Negativität.
"Ich verstehe ja, dass das vielleicht öde und langweilig ist, aber erinnere dich doch mal daran, was früher los war. Entschuldigung, aber ich hab lieber ein ödes, sicheres Leben als eins wo ich jeden Moment sterben könnte.", fuhr ich fort doch Velma schwieg immernoch.
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Perfektmensch
Teen FictionVelma und Marten leben in der perfekten Welt, dennoch wollen sie wissen ob es noch perfekter - besser, werden kann. Eine Geschichte, die die möglichkeiten dehnt.