Das Gebäude zum Tagvertrieb, sonst Uni genannt, ragte breit über unseren Köpfen und versprühte Ödheit aus jedem Riss des Zements.
Velma seufzte tief, ehe sie die goldene Klingel drückte und unsere Nutzernamen in den Computer eingab.
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Beide Namen leuchteten nach einander grün auf, und gaben ein kleines, klickendes Geräusch von sich, bevor sich die bunten Tore öffneten und uns vom Gehweg holten.Im inneren des Tagvertriebs, sah es genau so aus, wie von außen.
Aufdringlich bunt und öde. Jede Wand des gigantischen Innenhofs wurde mit einer anderen, verwaschenen Farbe bestrichen und der Boden wurde mit Mulch und roter Asche aufgeschüttet.Überall standen Tischtennisplatten und von Bäumen beschattete Sitzplätze herum, die allerdings unbenutzt waren. „Warum ist niemand im Innenhof?", fragte Velma und sah sich um.
Der riesige Innenhof war komplett leer.
Hektisch rupfte ich an meiner Jacke um die Armbanduhr freizulegen, die mein Vater mir gab, als ich 19 wurde.
"Zwanzig nach 8." , murmelte ich.
"Wir sind definitiv nicht zu spät." , schlussfolgerte Velma und stolzierte weiter in Richtung Eingangshalle.Sie stieg als erste die Stufen zur Uni hinauf und stampfte mit jedem ächzenden Schritt, als wäre sie wütend überhaupt hier anwesend sein zu müssen.
Im obersten Stockwerk der Uni hatte man einen grandiosen Blick über die Gemeinschaft, an welchen Velma gerne stundenlang stehen blieb und nichts sagend Löcher in die Luft guckte.
Zu meinem Überraschen jedoch, war sie als ich oben am Treppenansatz ankam bereits im hinter gelegenden Gebäude verschwunden.
Ich atmete tief durch und ließ meine Augen über die Weite schweifen.So weit das Auge reichte, waren bunte und quirlige Gebäude in die Höhe gezogen worden. Ich wandte mich nach links und rechts und dieser Aussichtspunkt zeigte mir identische Landschaften und Städte.
Um die jeweiligen Hauptplätze zogen sich quadratkilometer große, graue Wohnzirkel, die die vielen, aber unendlich groß scheinenden Stadtkerne wie eine Schale zu umschließen schienen.
Jedes Haus im Winkel perfekt abgestimmt. Die Gassen parallel zu einander, nirgendwo lagen Abfälle herum. Es war schlicht und einfach perfekt.
Ein Grund warum ich Velmas Wut nicht verstand. Wieso verabscheute sie diesen Platz nur so sehr? Was war falsch daran einen makellosen Wohnort zu haben und sich nie Sorgen machen zu müssen?
Ich wandte mich ab und lief auf die andere Seite des Geländers zu, dass in das Vertriebsgebäude führte, doch bevor ich es betrat, starrte ich auf die andere Seite der Welt hinaus.
Kaum eine Pflanze wuchs. Der Boden schien trocken und schwarz. Manchmal lehmfarbend. In der Ferne, ganz weit in der Ferne ging die Sonne auf und kletterte über die weit gelegenden Berge. Kein Gebäude verzierte die Weite. Keine Menschensseele.
Es lief mir kalt den Rücken herunter und ich klammerte mich an die Fensterbank der obersten Stockes.
Ich gestand mir ein, einen Nervenkitzel zu spüren, doch die Angst die ich hatte war enormer.Mit pulsierenden Herzen versuchte ich mir vorzustellen, was Velma sagen oder empfinden würde.
Sie würde sich locker anlehnen, an mich, denke ich mir und sie würde mit einem breiten grinsen die Aussicht genießen.
Sie wäre dann dieser Regenbogen von dem sie gestern Nacht sprach."Findest du das nicht auch fabelhaft. Ich meine diese Weite!", würde sie rufen und mich begeistert anstarren. Ich würde irgendwas schlaues sagen, weil ich denke es wäre cool und könnte sie beeindrucken, doch ich verhaspel mich und sie würde sich über mich lächerlich machen.
Vielleicht würde sie mir wieder etwas von der Falschheit der Gesellschaft erzählen. Verschwörungstheorien oder so etwas.
Ich würde sie beobachten und versuchen zu verstehen, was sie an diese Seite der Welt fand. Und vielleicht würde ich es auch verstehen und ihr näher kommen.
Nur leider stürmte Velma gereizt in den Hörsaal und ich stand alleine an der Fensterbank und sah in die Ferne, in der wahrscheinlich nichts war und stellte mir etwas mit einem mich mögenden Mädchen vor, das bestimmt ebenfalls keines war.
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Perfektmensch
Novela JuvenilVelma und Marten leben in der perfekten Welt, dennoch wollen sie wissen ob es noch perfekter - besser, werden kann. Eine Geschichte, die die möglichkeiten dehnt.