Ich rannte und rannte immer schneller durch die Bäume hindurch. Genau acht Palastwachen folgten mir. Ich sprang über die Wurzeln und Büsche hinweg und rannte dem Mann vor mir hinterher. Dafür, dass er ziemlich abgemagert, in einem erbärmlichen Zustand und Barfuß war, rannte er extrem schnell. Er flog förmlich über den Waldboden hinweg. Ich drehte mich zu den Palastwachen um, die nicht mit mir Schritthalten konnten. Ein Grinsen umspielte meine Lippen. Wie leicht es wäre sie abzuhängen, schoss es mir durch den Kopf.
Dann konzentrierte ich mich wieder auf den Mann vor mir. In meiner rechten Hand hielt ich einen Speer. Ich hätte mir auch einfach eine normale Waffe greifen können, aber so ein Speer war mal etwas Neues.
Plötzlich war der Mann verschwunden. Ich blieb mitten auf einer kleinen Lichtung stehen und schaute mich keuchend um. Dabei spitze ich meine Ohren. Außer meinem Atem konnte ich nichts... Klick Klack. Das Geräusch kam nicht von den Palastwachen, die jetzt auch die Lichtung erreichten.
Ich hatte ihn gefunden! Schnell rannte ich geradeaus weiter. Ich steigerte mein Tempo und nahm die Verfolgung wieder auf.
Mein Herz raste und mein Mund wurde trocken. Doch ich gab nicht auf. Ich verfolgte den Mann in seinen zerissenen und schmutzigen Klamotten.
Zu meinem Glück stolperte er und fiel jaulend zu Boden.
Ich hielt neben dem Mann an und drückte die Spitze meines Speers auf seine Brust.
Ich keuchte grinsend. "Na das war ja mal ein Spaß."
"Ich flehe Euch an. Bitte. Lasst mich gehen!", bettelte der Mann um sein Leben und schaute mich mit großen, verängstigten, blauen Augen an. Dann drehte er seinen Kopf ruckartig zu den Palastwachen, die gerade hinter mir zum Stehen kamen.
"Bitte. Vergebt mir!", wimmerte der Mann noch immer, doch das beeindruckte mich nicht besonders.
"Die Leute vor dir konnten besser betteln.", sagte ich gespielt enttäuscht und rammte den Speer dann mit voller Wucht in seine Brust.
Der Mann rang keuchend nach Luft, bis er an seinem eigenen Blut erstickte. Dann zog ich den Speer aus seinem Körper raus und trat ein Schritt zurück.
"Majestät. Sollen wir für ihn und die anderen sechs ein Massengrab öffnen?", fragte mich einer meiner Leibwachen und verbeugte sich vor mir.
"Waren das etwa schon alle?", fragte ich verwundert. Meine Leibwache nickte.
"Majestät, wir sollten umkehren. Es wird bereits dunkel.", empfahl mir eines der Palastwachen. Ich schaute hoch in den Himmel und sah zwischen den Baumkronen, wie die Sonne gerade unterging. Es hatte heute länger gedauert meine Gefangenen zu jagen und zu töten.
"Wir gehen zurück! Und was die Toten betrifft... verbrennt sie einfach hier im Wald.", befahl ich zwei der Palastwachen. Dann ging ich zurück nach Hause.Das Mondlicht schien durch die Gitterstäbe der kleinen Fenster in die Kerker, die voll mit Menschen waren. In einer Zelle saßen ungefähr zehn Leute nah beieinander und zitterten und schlotterten. Wahrscheinlich wegen der Kälte hier unten, obwohl wir Hochsommer hatten.
Die Menschen wimmerten und flehten mich um Verzeihung und Gnade. Ich für meinen Teil grinste bloß.
Dann ging ich den schmalen Gang entlang der Kerker und musterte meine Gefangenen. Dafür, dass die meisten schon fast einen Monat hier unten saßen und verrotteten, sahen sie noch ganz gut aus.
Die Leute vor ihnen sahen schlimmer aus. Mehr Dreck, mehr Wunden, mehr Angst.
"Diese beiden Gefangenen Gruppe sind morgen fällig.", informierte mich der Kerkeraufseher und zeigte auf zwei Kerker, voll mit abgemagerten Männern. "Wir lassen sie bei Sonnenaufgang frei und dann könnt Ihr sie jagen."
"Nein. Morgen mal nicht. Macht die Zeremonie für morgen Nachmittag fertig. Ich entscheide spontan, welche Gruppe ich morgen nehme.", befahl ich dem Mann in seiner schwarzen Uniform. "Und bringt die weinenden zum Schweigen. Mein Kopf tut schon weh!", sagte ich und warf den weinenden, zum Teil schreienden, wütende und ermahnende Blicke zu. Es waren vor allem die neuen, die noch aus vollem Halse schrien, aber in nur ein paar Tagen wären auch sie gebrochen.
"Aber sicher.", sagte der Aufseher und verneigte sich. "Übrigens. Morgen trifft die neue Ladung ein."
Ich nickte zufrieden. Dann drehte ich mich um und ging zurück zum Ausgang. Der Aufseher folgte mir.
"Das ist gut. Wie viele?"
"Laut meinen Soldaten sind es 15 Männer und 12 Frauen."
"Wie viele fehlen noch?", fragte ich ohne stehen zu bleiben.
Er überlegte. "Es müssten noch 43 sein. Aber macht Euch keine Sorgen. Wir werden auch sie finden und festnehmen!"
Ich nickte bloß und schenkte ihm keine weitere Beachtung, sondern ging einfach die Steintreppe hinauf.
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Herrscherstochter
FantasíaSie ist die zukünftige Herrscherin ihrer Welt und muss vorher eine Prüfung bestehen, die entscheidet, ob sie geeignet dafür ist. Doch was passiert, wenn sie erfährt, dass sie nicht die Auserwählte ist?