Kapitel 4: Die Ruhe danach

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Wir standen noch eine Weile so da, wie wir waren. Er stand hinter mir und umarmte mich von hinten. Meine Hände lagen auf seinen. Sein Kopf war an meiner Wange geschmiegt. Ich schaute auf die grüne Wiese vor uns. Sie war so saftig grün, wie lange nicht mehr. Die Blumen blühten. Die Lilanen hatten in der Mitte einen weißen Kelch. Wie an unserem ersten Tag. Sie sprangen mir immer sofort ins Auge, wenn ich hier war. Sie waren die Ersten die mir aufgefallen waren als wir und hier zum ersten Mal gemeinsam trafen. Er pflückte und schenkte mir damals eine und fragte: "Willst du meine Freundin sein?" Dabei machte er einen Kniefall. Seitdem war das "unsere" Wiese hier. Gedankenverloren schaute ich mich weiter um. Blaue Blumen, gelbe Blumen, Orangene Blumen, große, kleine, lange, kurze, gepunktete und gestreifte Blumen gab es hier. Manche hatten einen breiten, tiefen und andere einen schmalen, kurzen Kelch. Als mich ein Windhauch streifte, drehte ich mein Kopf um. Sein Blick folgte meinen. Ich wusste, dass er das gleiche dachte, wie ich. Wie damals. Meine Gedanken wanderten zurück zu gestern und der Leiche. "Als wäre nichts gewesen", bemerkte ich meinen Gedanken laut an. "Ja", hauchte er mir ins Ohr. "Als wäre nichts gewesen." Seine nächste Bemerkung überraschte mich etwas. "Vielleicht ist hier ja schon mal etwas ähnliches passiert - vielleicht!" "Wie meinst du das?" "Na, vielleicht ist hier schon mal ein Mord passiert. Die Wiese war genauso blutdurchträngt wie gestern. Deshalb blüht die Wiese so schön. Vielleicht war es damals so wie gestern. Vielleicht - Vor vielen Jahren. Keiner weiß es, weil wir noch nicht hier waren." Diese Worte hallten noch eine Weile in meinen Kopf umher. Dann antworte ich ihm schließlich: "Vielleicht - keiner weiß es, das Geheimnis der Wiese. Vielleicht ist das so gewesen. Wie kommst du denn darauf?" Ich hatte mich umgedreht bevor ich zu sprechen begann und schaute ihm tief in die Augen. Wie er so da kniete und nachdachte, sah er gedankenverloren und süß aus. Genauso, wie ich ihn damals kennen gelernt habe. Ernst antwortete er mir: "Ich hab da mal sowas gehört. Es soll vor ein paar Jahren passiert sein - vor mehr als 20 Jahren - länger als wir leben. Damals soll einer auch genau hier gestorben sein. Die Gründe kennt man bis heute nicht. Man vermutet, dass ein geheimes Ritual stattgefunden  hat. Es soll eine Gruppe der Seltsamen Brüder geben. Diese sagen, man müsse alle 20-40 Jahre einen töten der dieser Gruppe angehört, damit der Rest der Gruppe friedlich und unauffällig weiter leben kann. Man kennt die Gründe für ihren Tod nicht. Man weiß nicht, ob sie so einer Gruppe angehört hat. Vielleicht hat sie jemand gestern umgebracht - durch Streit. Welche Freunde hatte sie? Keine! Also kann sie auch keiner umgebracht haben. Etwas seltsam war sie ja schon. Sie war genau in diesem Alter -  20 Jahre. Vielleicht haben sie sie geholt." "Wer hat dir das erzählt?" "Mein Opa hat mal sowas erwähnt, dass es da eine Gruppe gibt." Bei dieser Erzählung breitete sich eine Gänsehaut auf meinen Armen aus. Jetzt gruselte ich mich. Gut, dass ich einen Pullover mit langen Ärmeln anhabe. Sofort zog ich die Ärmel noch länger. "Dein Opa erzählt viele Geschichten. Woher willst du wissen, ob sie alle war sind?" "Sie sind alle wahr. - Hat er mir gesagt." Dazu meinte ich nur: "Okay, kann sein. Bitte lass uns jetzt an was schönes denken!" Sobald ich mich umgedreht hatte, schaute ich wieder auf die grüne, saftige Wiese.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 12, 2016 ⏰

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