Es war sehr ruhig und diese Ruhe brauchte Richard dringend. Er wohnte zwar fast einen halben Kilometer von der Hauptstraße entfernt, und wenn nächste Nachbar war sogar noch weiter fort. Aber nach einem Monat auf der Bohrinsel sehnte er sich immer nach dieser Abgeschiedenheit. Er konnte sich einfach nicht an den dauernden Krach auf der Bohrinsel gewöhnen. Überall hämmerte klirrte und schepperte es. Kräne, die Lieferungen und Vorräte umluden, Hubschrauber, die landeten oder abhoben, das endlose klacken von Metall auf Metall. Ein dröhnendes Konzert, das nie verstummte. Rund um die Uhr wurde Öl gepumpt, was bedeutete, dass der Lärm auch nicht aufhörte, wenn man schlafen wollte. Richard bemühte sich stets krampfhaft, in auszublenden, aber jedes Mal, wenn er in seinen Trailer zurückkehrte, staunte über diese wunderbar berauschenden Mittagsstille, wenn die Sonne hoch am Himmel stand. Morgens konnte er in den Bäumen die Vögel zwitschern hören, und abends, nachdem die Sonne untergegangen war, zirpen die Grillen, die Frösche quaken, und manchmal vor vielen Frösche und Grillen ein paar Minuten lang in den selben Rhythmus. Meistens fand Richard diese Geräuschkulisse sehr beruhigend, doch es konnte auch passieren, dass er ihn zu stark an seiner Heimat erinnerte. Dann zog er sich ins Innere des Trailers zurück, um die Erinnerungen zu vertreiben.
Er aß. Er schlief. Er ging Joggen, der trainierte mit Gewichten, und er schraubte an seinem Auto herum. Er unternahm lange Fahrten, ohne ein festes Ziel vor Augen. Hin und wieder Angelte er. Abends las er und gelegentlich schrieb er einen Brief an Roy Montgomery. Das war alles. Er besaß keinen Fernseher, kein Radio, und in seinem Handy waren und nur Nummern gespeichert, die mit der Arbeit zusammenhängen. Einmal im Monat fuhr er zum Supermarkt und kaufte Lebensmittel und Grundvorräte. Außerdem schaute er noch in der Buchhandlung vorbei. Sonst ging er nie ins Zentrum von New Orleans. In den fast 15 Jahren, die er jetzt hier lebte, wer war er noch nicht einmal in der Bourbon Street gewesen, er war nie durch das French Quarter geschlendert, er hatte kein einziges Mal im Café du Monde einen Kaffee getrunken oder sich in Lafitte's Blacksmith Shop Bar einen Hurricane Cocktail genehmigt. Statt ins Fitnesscenter zu gehen, trainiert er lieber hinter seinem Trailer unter einer alten Abdeckplanen, die er zwischen dem Wagen und den Bäumen aufgespannt hatte. Er ging nicht ins Kino, und selbst am Sonntagnachmittag schaut er nie bei irgendwelchen Freunden vorbei, um mit ihnen Football zu gucken, wenn die New Orleans Saints spielten. Er war 42, und seit seiner Teenagerzeit war er nie mehr mit einem Mädchen ausgegangen.
Die meisten Menschen hätten sicher verständnislos den Kopf geschüttelt, weil sie sich solch ein Leben nur schwer vorstellen vermochten. Sie kannten Richard nicht - konnten ja nicht ahnen, wie er früher gewesen war. Und Richard legte größten Wert darauf, dass es so blieb.
Dann bekam er an einem warmen Nachmittag Mitte Juni einen Anruf, und die Erinnerung an die Vergangenheit wurde wieder wach. Richard arbeitete seit knapp neun Wochen nicht mehr, und nach beinahe 20 Jahren wurde er zum ersten Mal wieder in seiner Heimat zurückkehren. Bei dem Gedanken daran fühlte er sich ziemlich unwohl, aber er wusste dass ihm keine andere Wahl blieb. Roy war für ihn mehr gewesen als ein Freund. Was ist eine Art Vaterersatz. Und während Richard über das Jahr danach dachte, dass der große Wendepunkt in seinem Leben gewesen war, nahm er wieder einmal aus dem Augenwinkel eine huschende Bewegung war. Als er sich umdrehte, konnte er nichts sehen. Wurde er etwa doch verrückt?
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The Way I Love You
FanfictionDiese FF ist keine gewöhnliche Castle-FF. Kate und Richard sind erst siebzehn, als sie sich unsterblich ineinander verlieben. Doch ihre Familien bekämpfen die Beziehung, und widrige Umstände trennen sie schließlich endgültig. Fünfundzwanzig Jahre sp...