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Warme, wohlige Schauer jagten einer nach dem anderen meinen Rücken hinunter. Es entspannte jede Faser meines Körpers und ließ den Stress der vergangenen Jahre verschwinden. Gleichzeitig spürte ich die Energie der verschiedensten Farben meinen Körper erfüllen. Sie stärkten einen, das habe ich schon lange verstanden. Sie gaben mir genug Kraft mich durch die verschiedensten Aufgaben zu kämpfen.

Nach einem kurzen Moment, in dem ich mir wünschte ich könnte ewig diese Kraft genießen die meinen Körper durchfloss, spürte ich wieder festen Boden unter meinen Füßen. Ich öffnete weder meine Augen, noch bewegte ich mich. Ich stand einfach nur da und genoss diesen neuen Schub an Energie. Doch irgendwann verblasste das Gefühl von Gold in den Adern und das einzige was ich spürte war eine sanfte Brise. Sie wehte mir direkt einen süßen, honigartigen Duft entgegen. Ich hörte Blätter im Hintergrund rascheln und die Flügel verschiedenster Insekten und Vögel schlagen.

Irgendwann öffnete ich doch meine Augen und was ich sah verschlug mir den Atem. Man gewöhnt sich niemals an die Schönheit der Natur, wenn man sie auch erkennt. Ich stand an einem See, der von Bergen, Gras und Mohnblumen umgeben war. Rechts von mir standen zwei Trauerweiden, deren Äste, wie die Blumen, die Wasseroberfläche streichelten. Hinter mir erstreckte sich ein Wald. Die Bäume hatten lange Stämme und ein dickes Blätterdach. Diese Schönheit konnte man nicht in Worte fassen.

Als ich mich etwas an die neue und wunderschöne Umgebung gewöhnt hatte, suchte ich mir einen Platz, an dem ich mich ausruhen konnte. Ich lief einmal um den halben See, legte mich in ein Blumenbett und lies meine Beine im Wasser baumeln. Es war friedlich und meine Lider wurden immer schwerer. Ich wünschte mir nichts sehnlicheres als diese Ruhe immer spüren zu können.

Bevor ich mich jedoch dem Schlaf voll und ganz hingeben konnte, hörte ich ein knacken hinter mir. Ich dachte mir nichts dabei, bis es nochmals knackte und ich dazu ein Geräusch wahrnahm, welches mir deutete zu rennen.

Ein Knurren. Ein bedrohliches Knurren.

Langsam, nur ganz langsam wagte ich es mich aufzusetzen und umzudrehen. Was ich sah war ein Tier. Um genauer zu sein eine Elchkuh. Sie war riesig, bestimmt mehr als 2 Meter groß. Sie stand da mit erhobenem Kopf und starrte mich aus klaren, hellgrünen Augen an. Sie schnaufte und kam mir dabei immer näher. Ihr schnaufen wurde bedrohlicher und ihre Augen fingen an heller zu leuchten. Sie blinzelte kein einziges mal und sah mich unverhohlen an. Sie beobachtete mich und ich beobachtete sie. Irgendwann blieb sie auf einer Entfernung von 5 Metern stehen.

Es legte sich eine Ruhe über den Wald und ich hätte schwören können, dass hundert Augenpaare auf mich gerichtet waren. Mein ganzer Körper war angespannt und bereit los zu rennen, wenn es sein musste. Ich wusste zwar noch nicht, wie ich ihr entkommen konnte, aber irgendeinen Weg musste es ja geben.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der die Elchkuh mich musterte und ich versuchte nicht bedrohlich zu wirken, stemmte sie ihren Kopf in die Luft, verlagerte ihr Gewicht auf die Hinterbeine und schlug mit ihren Vorderbeinen in der Luft herum. Angst betäubte meinen Körper und ich war mir sicher, dass ich meinem sicheren Tot gegenüber stand. Die Elchkuh gab einen bedrohlichen Laut von sich und stand wieder sicher auf allen Vieren. Ich machte mich bereit in den See zu springen und an das andere Ende des Ufers zu schwimmen, doch soweit sollte es nicht kommen. Zu meiner Überraschung streckte die Elchkuh eines ihrer Beine aus und beugte ihren Kopf nach vorne. Etwas verwirrt stand ich vor ihr und wusste nicht weiter. Aber um das Tier nicht weiter zu verärgern verbeugte ich mich ebenso.

Ich weiß wirklich nicht, wie lange ich so dastand, aber als ich es wagte aufzusehen, hatte sich eine ganze Elchherde hinter der Elchkuh versammelt. Ich wäre fast hingefallen, als ich auch noch andere Tiere wie Füchse, Wölfe, Igel, Eulen, Rehe, Hasen, etc.. am Waldrand entdeckte. Und alle verbeugten sich.

Genau wie die Elchkuh richtete ich mich wieder auf. Und wie eine kleine Welle erhoben sich alle anderen pelzigen Köpfe. Unsicher was ich tun sollte stand ich da. Sollte ich mit ihnen reden? An Verstand mangelte es ihnen ja anscheinend nicht. Außerdem habe ich auch schon verrückteres getan.

"Ehm.. hallo?" sagte ich und kam mir dabei doch etwas blöd vor. Manche Tiere legten ihre Köpfe schief, doch die Elchkuh stand nur weiter selbstbewusst vor mir und starrte mich an. "Ehm.. mein Name ist Tenya und ich komme in Frieden?" Wieder nichts.
Nach und nach drehten sich die kleinen Waldtierchen um und verschwanden wieder hinter den Bäumen. Es fing bereits an zu dämmern und nur noch die Elchkuh und ich standen auf der Wiese.
Ich habe ja schon einiges mitgemacht, aber das verwirrte mich gerade am meisten.

Es wurde immer dunkler. Einzelne Glühwürmchen fingen bereits an zu leuchten und so langsam verlor ich dann doch die Nerven. "Und jetzt? Sollen wir hier weiter Stunden lang stehen und uns nur ansehen? Ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber ich habe auch nicht ewig Zeit" (Stimmt nicht. Ich habe alle Zeit der Welt). Nach weiteren Minuten schnaufte die Elchkuh, drehte sich langsam um und ging einfach wieder zurück in den Wald. 'Oh nein, so nicht' dachte ich und stolperte ihr hinterher.




Welten ohne LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt